Leitsatz

1. Überobligatorische Leistungen schweizerischer privatrechtlicher Pensionskassen sind mit denen der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nicht vergleichbar, wenn sie auf einem eigenständigen überobligatorischen privatrechtlichen Rechtsverhältnis beruhen (Bestätigung der BFH-Urteile vom 26.11.2014, VIII R 38/10, BFHE 249, 22, BFH/NV 2015, 1139 und VIII R 39/10, BFHE 249, 39, BFH/NV 2015, 1145).

2. Für die Annahme eines solchen eigenständigen, vom Obligatorium zu trennenden Rechtsverhältnisses müssen nicht nur von der schweizerischen privatrechtlichen Pensionskasse überobligatorische Leistungen gewährt werden, es ist vielmehr auch erforderlich, dass diese Leistungen auf Beiträgen beruhen, die nicht bereits durch das Obligatorium geschuldet sind. Es reicht daher nicht aus, wenn sich die schweizerische privatrechtliche Pensionskasse lediglich verpflichtet, überobligatorische Leistungen zu erbringen, dieser Verpflichtung aber kein Anspruch auf überobligatorische Beiträge gegenübersteht.

 

Normenkette

§ 22 Nrn. 1 und 5, § 3 Nr. 62, § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG 2005, § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004, § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 1990

 

Sachverhalt

Der im Inland lebende Kläger erhielt nach dem Tod seines Vaters im Streitjahr 2007 neben einer Waisenrente eine Todesfallleistung nach dem Pensionskassenreglement der schweizerischen Pensionskasse, einer privatrechtlichen Vorsorgeeinrichtung des Arbeitgebers seines verstorbenen Vaters, der seit 1990 in der Schweiz beschäftigt gewesen war. Der Beitritt zur Pensionskasse war arbeitsvertraglich obligatorisch gewesen.

Die Pensionskasse errechnete ein dem Kläger zustehendes Todesfallkapital i.H.v. 200.800 CHF, das auf dem Vorsorgereglement der Pensionskasse beruhte. Gesetzlich ist eine derartige Todesfallleistung im schweizerischen BVG nicht vorgesehen. Der Kläger sah in dem Erhalt des Todesfallkapitals keinen steuerpflichtigen Bezug. Demgegenüber besteuerte das FA das Todesfallkapital als andere Leistung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit einem Besteuerungsanteil von 54 %. Die Klage des Klägers hatte Erfolg. Das FG entschied, das von der Pensionskasse an den Kläger ausgezahlte Todesfallkapital sei nicht gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG steuerpflichtig, da es sich nicht um eine Zahlung einer gesetzlichen Rentenversicherung handele. Die Todesfallleistung beruhe auch weder auf einem Altersvorsorgevertrag i.S.d. § 22 Nr. 5 EStG noch werde sie von einer anderen Einkunftsart erfasst. Die Zinsen aus den Sparanteilen könnten nicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 i.V.m. § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG besteuert werden (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 31.8.2011, 14 K 1502/09, Haufe-Index 2767809, EFG 2011, 2158).

 

Entscheidung

Die Revision des FA war begründet. Sie führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache. Die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen des FG reichten nicht aus, um die Steuerpflichtigkeit des dem Kläger ausgezahlten Todesfallkapitals gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu verneinen, da nicht geklärt worden war, ob der Vater des Klägers und/oder dessen Arbeitgeber zur Zahlung von überobligatorischen Beiträgen verpflichtet gewesen waren.

 

Hinweis

Die steuerliche Behandlung der Leistungen schweizerischer Pensionskassen war in der jüngsten Zeit Gegenstand zahlreicher BFH-Verfahren. Die bisherige Rechtsprechung des VIII. und X. Senats (das Urteil des I. Senats I R 83/11 ist derzeit noch nicht veröffentlicht worden) lässt sich wie folgt zusammenfassen:

1. Für die Einordnung des Todesfallkapitals einer schweizerischen privatrechtlichen Pensionskasse als andere Leistung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG ist nach der BFH-Rechtsprechung zum einen entscheidend, dass die Pensionskasse nach ihrer Art und Struktur und den von ihr im Versorgungsfall zu erbringenden Leistungen bei rechtsvergleichender Betrachtung der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.

2. Bei der Qualifizierung von Leistungen schweizerischer Pensionskassen unterscheidet die höchstrichterliche Rechtsprechung zum einen danach, ob die Leistungen einer öffentlich-rechtlichen oder einer privatrechtlichen Pensionskasse zu beurteilen sind, und zum anderen danach, ob es sich um Leistungen aus dem Obligatorium oder dem Überobligatorium handelt.

3. Die Leistungen einer öffentlich-rechtlichen Pensionskasse in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang sind grundsätzlich mit den Leistungen der deutschen Rentenversicherung vergleichbar (BFH, Urteil vom 23.10.2013, X R 33/10, BFH/NV 2014, 243, BStBl II 2014, 103).

4. Bei privatrechtlichen Pensionskassen ist die Vergleichbarkeit mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung ebenfalls zu bejahen, aber nur soweit diese privatrechtlichen Pensionskassen Leistungen aus dem Obligatorium erbringen (s. BFH, Urteile vom 26.11.2014, VIII R 38/10, BFH/NV 2015, 1139 und VIII R 39/10, BFH/NV 2015, 1145).

5. In Bezug auf Leistungen einer privatrech...

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