Zusammenfassung

 
Überblick

Die Beamten der Steuerfahndungsstellen sind Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft. Nach § 404 AO haben sie im Strafverfahren dieselben Befugnisse wie die Behörden und Beamten des Polizeidienstes. Im Wesentlichen sind dies:

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die strafverfahrensrechtlichen Regelungen finden sich vorwiegend in den §§ 102 ff. StPO. Steuerlich geregelt ist die Steuer- und Zollfahndung in § 208 AO sowie § 404 AO.

1 Befugnisse der Steuerfahndung im Strafverfahren

1.1 Durchsuchung beim Verdächtigen

Bei dem, der als Täter oder Teilnehmer einer Straftat verdächtigt wird, kann gem. § 102 StPO eine Durchsuchung der Wohnung oder anderer Räume sowie seiner Person vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führt. Die Vermutung darf nicht nur auf rein gefühlsmäßigen Erwägungen, sondern muss auf Schlussfolgerungen aus den Umständen des Falls oder auf kriminalpolizeilichen Erfahrungen oder Überlegungen beruhen.[1]

[1] § 102 StPO,

Nack, in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. 2013, § 102, Rdnr. 1.

1.2 Durchsuchung bei anderen Personen (Dritten)

Zulässig ist eine Durchsuchung bei Personen, die einer Straftat weder beschuldigt noch verdächtig sind, z. B. Steuerberater oder Bank, zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände. Es müssen – über den Grad der Vermutung hinaus – Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die gesuchte Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Die Durchsuchung beim Unverdächtigen verlangt damit eine stärkere Erfolgswahrscheinlichkeit als die Durchsuchung beim Verdächtigen.

Als Tatsachen kommen z. B. Zeugenaussagen oder Lebensgewohnheiten des Beschuldigten sowie die Ergebnisse einer Observation in Betracht. Es muss die Annahme gerechtfertigt sein, dass die Durchsuchung zur Auffindung eines konkreten Beweismittels führen wird.[1]

Zur Vorbereitung auf Durchsuchungsmaßnahmen bei Mandanten und der eigenen Kanzlei ist im Schrifttum Stellung genommen worden.[2] Zur Durchsuchung und Beschlagnahme in der Anwaltskanzlei sind ebenfalls im Schrifttum praxisbezogene Ausführungen im Hinblick auf Verhaltensempfehlungen gemacht worden.[3]

[2] Korts, Stbg 2012 S. 341 ff.
[3] Dann, NJW 2015 S. 2609 ff.

1.3 Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung

Die Anordnung einer Durchsuchung steht unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit. Sie muss

  • zur Schwere der Straftat (bei Steuerhinterziehung also zur Höhe der wahrscheinlichen Verkürzungsbeträge und zum Verkürzungszeitraum) und zur Stärke des Tatverdachts (sind die Anhaltspunkte/Indizien für einen Tatverdacht ausreichend?) in angemessenem Verhältnis stehen,
  • zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich sein (diese Voraussetzung fehlt z. B., wenn die durch die Durchsuchung zu ermittelnden Tatsachen bereits bekannt sind) und
  • Erfolg versprechen, geeignete Beweismittel zu erbringen.[1]

Auch für die Durchführung der Durchsuchung selbst gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

 
Praxis-Beispiel

Verhältnismäßigkeit einer Hausdurchsuchung[2] – Ausschnitte aus der Urteilsbegründung

„Der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts erlaubte zwar ausdrücklich auch die Durchsuchung der Wohnräume, entband aber die Beamten nicht von der Pflicht, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten und zunächst dort zu suchen, wo die Suche am ehesten Erfolg versprach, nämlich in den Praxisräumen. Es sprach zumindest eine große Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich nicht nur Namensregister und Mandantenakte, sondern auch die gesuchten Bankbelege in der Praxis befanden.

Die Durchsuchung hätte deshalb nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zunächst allein auf die Praxisräume konzentriert werden müssen. Es war unverhältnismäßig und mithin rechtswidrig, in der Wohnung des Beschuldigten mit einer Durchsuchung zu beginnen, obwohl praktisch keine Aussicht darauf bestand, die gesuchten Gegenstände aufzufinden. Der Eingriff in die Rechtssphäre des Beschuldigten ist von besonderer Schwere, weil Intensität und Umfang der gegen ihn durchgeführten Zwangsmaßnahme zu dem ursprünglich vorhandenen Tatverdacht völlig außer Verhältnis stehen.

Ausgangspunkt der Ermittlungen war der Zweifel, ob es sich bei dem H-Konto um ein echtes Anderkonto oder um ein getarntes Eigenkonto des Beschuldigten handelte. Daraus resultierte schließlich eine mehrstündige, mit hohem Personaleinsatz vorgenommene Durchsuchung der Praxis und der Wohnräume einschließlich des ehelichen Schlafzimmers, obwohl das Amtsgericht eine ein...

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