Rz. 104

Handelsrechtlich bilanzieren Personengesellschaften Vermögensgegenstände, die zu ihrem Gesellschaftsvermögen gehören, die also Gesamthandsvermögen der Gesellschaft sind.

Vermögensgegenstände, die einzelnen Gesellschaftern und daher nicht zum Gesellschaftsvermögen der Gesellschaft gehören, dürfen von der Personengesellschaft nicht bilanziert werden. Es kommt nicht darauf an, ob die Vermögensgegenstände dem Geschäftsbetrieb der Gesellschaft dienen. Maßgeblich ist das wirtschaftliche Eigentum. In Fällen, in denen die Zuordnung zweifelhaft ist, entscheidet nicht die Vermutung des § 344 HGB, da diese Vorschrift nur für Einzelkaufleute gilt. Es kommt bei Personengesellschaften darauf an, inwieweit die Rechtsgeschäfte nach den allgemeinen Vorschriften über die Vertretung[1] der Personengesellschaft zuzurechnen sind.[2]

 

Rz. 105

Steuerrechtlich sind nicht die Personengesellschaften Steuerschuldner, sondern die einzelnen Gesellschafter als Mitunternehmer. Daher kann das Betriebsvermögen i. S. v. R 4.2 Abs. 1 EStR bei einer Personengesellschaft sowohl die Wirtschaftsgüter umfassen, die zum Gesamthandsvermögen der Mitunternehmer gehören, als auch diejenigen Wirtschaftsgüter, die einem, mehreren oder allen Mitunternehmern gehören (sog. Sonderbetriebsvermögen) und dem Geschäftsbetrieb der Gesellschaft dienen.[3]

 

Rz. 106

Durch die Verweisung auf R 4.2 Abs. 1 in R 4.2 Abs. 2 Satz 1 EStR kommt zum Ausdruck, dass es auch beim Gesamthandsvermögen notwendiges und gewillkürtes Betriebsvermögen geben kann. Gesamthandsvermögen ist also nicht ohne Weiteres auch Betriebsvermögen. Hinzukommen muss, dass die zum Gesamthandsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter

  • ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke der Personengesellschaft genutzt werden oder dazu bestimmt sind (notwendiges Betriebsvermögen) oder
  • in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihn zu fördern bestimmt und geeignet sind (gewillkürtes Betriebsvermögen).
 

Rz. 107

Wirtschaftsgüter, die einem, mehreren oder allen Mitunternehmern gehören und die nicht Gesamthandsvermögen der Mitunternehmer der Personengesellschaft sind, gehören zum

  • notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie entweder unmittelbar dem Betrieb der Personengesellschaft dienen (Sonderbetriebsvermögen I) oder unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Mitunternehmers an der Personengesellschaft eingesetzt werden sollen (Sonderbetriebsvermögen II),[4]
  • gewillkürten Betriebsvermögen, wenn sie objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt sind, den Betrieb der Gesellschaft zu fördern (Sonderbetriebsvermögen I) oder die Beteiligung des Gesellschafters zu fördern (Sonderbetriebsvermögen II).[5]

Zu weiteren Einzelheiten zum Sonderbetriebsvermögen siehe "Sonderbetriebsvermögen und Sonderbilanzen nach EStG".

 
Betriebsvermögen bei Personengesellschaften
Gesamthandsvermögen Sonderbetriebsvermögen
notwendiges gewillkürtes notwendiges gewillkürtes
    Sonderbetriebsvermögen I Sonderbetriebsvermögen II Sonderbetriebsvermögen I Sonderbetriebsvermögen II
Wirtschaftsgüter werden ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke der Personengesellschaft genutzt oder sind hierzu bestimmt Wirtschaftsgüter stehen in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb und sind bestimmt und geeignet, ihn zu fördern Wirtschaftsgüter dienen unmittelbar dem Betrieb der Personengesellschaft Wirtschaftsgüter sollen unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Mitunternehmers eingesetzt werden Wirtschaftsgüter sind objektiv geeignet und subjektiv bestimmt, den Betrieb der Gesellschaft zu fördern Wirtschaftsgüter sind objektiv geeignet und subjektiv bestimmt, die Beteiligung des Gesellschafters zu fördern
 
Praxis-Beispiel

Eine KG unterhält einen Betrieb zur Herstellung von Artikeln zur Elektroinstallation. Sie erwarb im Jahr 01 einen Anteil an einer gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft mbH. Es war nach den bisherigen Betriebsergebnissen der Wohnungsbaugesellschaft von vornherein offensichtlich, dass der Anteil nur Verluste bringen würde. Daher nahm die KG zum 31.12.01 eine Teilwertabschreibung in Höhe von 85 % auf die Anschaffungskosten vor.

Der Anteil gehört zum Gesellschaftsvermögen der KG und damit zum Gesamthandsvermögen. Er wird daher in der Handelsbilanz aktiviert. Da er nicht ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke der Personengesellschaft genutzt wird oder dazu bestimmt ist, gehört er nicht zum notwendigen Betriebsvermögen. Er könnte in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihn zu fördern bestimmt und geeignet sein und daher zum gewillkürten Betriebsvermögen gerechnet werden, wenn das Unternehmen hierdurch auf Dauer wirtschaftliche Vorteile hätte. Hierfür ergibt sich aber nichts aus dem Sachverhalt. Im Gegenteil bringt hiernach der Anteil der KG nur Verluste. Selbst wenn zwischen der KG und der Wohnungsbaugesellschaft geschäftliche Beziehungen bestanden, konnte der Anteil nicht Betriebsvermögen werden, w...

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