Rz. 91

Handelsrechtlich sind Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen.[2] Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als 1 Jahr sind abzuzinsen mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz.[3]

 

Rz. 92

In der Steuerbilanz dürfen die Rückstellungen höchstens unter Berücksichtigung folgender Grundsätze angesetzt werden:[4]

  • Bei gleichartigen Verpflichtungen ist die Wahrscheinlichkeit der nur teilweisen Inanspruchnahme zu berücksichtigen.
  • Bei Sachleistungsverpflichtungen sind die Einzelkosten und angemessene Teile der notwendigen Gemeinkosten zu berücksichtigen.
  • Künftige mit der Erfüllung voraussichtlich verbundene Vorteile sind wertmindernd zu berücksichtigen.
  • Wirtschaftlich durch den laufenden Betrieb verursachte Verpflichtungen sind zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln.
  • Verpflichtungen zur Stilllegung eines Kernkraftwerks sind ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung bis zum Zeitpunkt des Beginns der Stilllegung zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln.
  • Pensionsrückstellungen dürfen nur gebildet werden, wenn und soweit die Voraussetzungen nach § 6a EStG erfüllt sind.[5]
  • Alle Verpflichtungen mit Ausnahme solcher mit einer Laufzeit am Bilanzstichtag von weniger als 12 Monaten sind mit 5,5 % abzuzinsen.
  • Bei der Bewertung sind die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend; künftige Preis- und Kostensteigerungen dürfen nicht berücksichtigt werden.

Es heißt einleitend in § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG: "Rückstellungen sind höchstens insbesondere unter Berücksichtigung folgender Grundsätze anzusetzen". Nach der Gesetzesbegründung soll damit klargestellt werden, dass es sich bei den Grundsätzen nicht um eine abschließende Aufzählung handelt.

Durch die Grundsätze wird steuerlich die Höhe der Rückstellungen nach oben begrenzt. Ist eine Rückstellung in der Handelsbilanz zulässigerweise niedriger ausgewiesen, ist dieser Ausweis auch für die Steuerbilanz maßgebend.

 

Rz. 93

Zur Abzinsung können die Grundsätze zur Bewertung von Kapitalschulden für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer angewendet werden, die in den gleichlautenden Ländererlassen vom 15.9.1997 zu § 12 BewG bestimmt sind.[6]

 
Praxis-Beispiel

U passiviert zum 31.12.01 eine Rückstellung in Höhe von 100.000 EUR. Die Laufzeit beträgt noch voraussichtlich 2 Jahre. Nach Tabelle 1 zu § 12 Abs. 3 BewG beträgt der Vervielfältiger für die Abzinsung einer unverzinslichen Schuld im Nennwert von 1, die nach 2 Jahren fällig ist, 0,898. Für 100.000 EUR beträgt die abgezinste Rückstellung zum 31.12.01 100.000 EUR × 0,898 = 89.800 EUR.

Die Abzinsung kann auch nach folgender Formel berechnet werden:

 
Ko = Kn × 1  
(1 + i)n  

In der Formel bedeuten

Ko = Barwert

Kn = Nennbetrag der Rückstellung

i = Zinsen als Dezimalzahl

n = Zahl der Jahre der Laufzeit

Bezogen auf das vorstehende Beispiel ergibt sich hieraus:

 
Ko = 100.000 × 1  
(1 + 0,055)  
 
Ko = 100.000 × 1  
(1,055 × 1,055)  

K0 = 89.845 EUR

Der Barwert nach der vorstehenden Formel ist geringfügig höher als nach der Tabelle zu § 12 Abs. 3 BewG. Das liegt an den Auf- und Abrundungen in der Tabelle. Es ergibt sich also ein Abzinsungsbetrag von 10.155 EUR. Es handelt sich um Ertrag. U bucht:

Rückstellung

10.155 EUR

an Zinsertrag

10.155 EUR

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