Nach allgemeinen Regeln der ZPO trägt jede Partei die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der für sie günstigen Rechtsvorschrift. Auch im Prozess gegen den Steuerberater wegen Regresses muss daher der geschädigte Mandant alle seinen Schadensersatzanspruch begründenden Tatsachen, wie Zustandekommen eines Beratervertrags, Mandatsinhalt und -umfang, Pflichtverletzung sowie Schaden[1] und Kausalität beweisen.[2]

Für die Pflichtverletzung ist der Vollbeweis nach § 286 ZPO zu führen.[3] Eine Beweislastumkehr zulasten des Steuerberaters/Rechtsanwalts gibt es – selbst bei groben Pflichtverletzungen – gem. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nur für die Frage, ob bez. einer objektiven Pflichtverletzung ein Verschulden vorliegt. Selbst mangelnde oder unvollständige Dokumentation seitens des Steuerberaters/Rechtsanwalts führt nicht zu Beweislastverschiebungen. Eine solche kommt allenfalls in Betracht, wenn die Grenze zur Beweisvereitelung überschritten wird. Unabhängig davon ist dringend zu empfehlen, Belehrungen etc. zu dokumentieren. Erhebt der Steuerberater "Einwendungen" (z. B. eingeschränkter Mandatsumfang, Änderung von Weisungen, fehlende Belehrungsbedürftigkeit, da Mandant die Sach- und Rechtslage bekannt war, Mitverschulden, Vorteilsanrechnung, Verjährung), trägt er hierfür die Beweislast.

Macht der Auftraggeber eines Steuerberaters geltend, er hätte bei sachgerechter steuerlicher Beratung die nachteiligen Folgen einer Betriebsaufspaltung vermieden, indem er wesentliche Teile des Betriebsvermögens auf seine Ehefrau übertragen hätte, muss er diese Behauptung beweisen (§ 287 ZPO). Die Erleichterung des Anscheinsbeweises kommt ihm nicht zugute.[4]

Behauptet ein Mandant im Regressverfahren, dass er bei zutreffender Beratung des Rechtsberaters mehrere Entscheidungsmöglichkeiten gehabt hätte, trifft ihn die Beweislast dafür, welche konkrete Entscheidung er getroffen hätte. Ein Anscheinsbeweis kommt dem Anspruchsteller nicht zugute.[5]

Für die Rechts- und Steuerberaterhaftung hat der BGH Beweiserleichterungen für den Ursachenzusammenhang nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises angenommen: Wie sich ein Mandant bei vertragsgerechter Beratung verhalten hätte, zählt zur haftungsausfüllenden Kausalität, die der Mandant nach § 287 ZPO zu beweisen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH bestimmen sich in Fällen der Rechts- und Steuerberaterhaftung Beweiserleichterungen für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden zugunsten des Mandanten nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises. Vorausgesetzt ist ein Sachverhalt, der nach der Lebenserfahrung aufgrund objektiv deutlich für eine bestimmte Reaktion sprechender Umstände einer typisierenden Betrachtungsweise zugänglich ist. Dies ist anzunehmen, wenn bei zutreffender rechtlicher Beratung vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus allein eine Entscheidung nahegelegen hätte.[6]

 
Wichtig

Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht

Da der Steuerberater sich in einer Abwehrposition befindet, ist er gem. § 5 Abs. 2 BOStB nicht mehr an seine Verschwiegenheitspflicht gebunden.

In Fällen der Rechts- und Steuerberaterhaftung bestimmen sich die Beweiserleichterungen für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises. Lässt der Mandant offen, für welche von mehreren möglichen Vorgehensweisen er sich bei pflichtgemäßer Beratung entschieden hätte, ist die notwendige Schadenswahrscheinlichkeit nur gegeben, wenn diese sich für alle in Betracht kommenden Ursachenverläufe – nicht notwendig in gleicher Weise – ergibt. Sie muss für alle diese Ursachenverläufe dargelegt und bewiesen werden.[7]

[2] LG Münster, Urteil v. 18.11.2020, 110 O 7/20.
[3] OLG München, Endurteil v. 24.3.2021, 10 U 6128/20: Grundsätze zu § 286 ZPO.
[6] OLG Naumburg, Urteil v. 2.7.2020, 9 U 9/20, Rz. 32 und 33.

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