Eine Überschuldung liegt nach § 19 Abs. 2 InsO vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Bei der Bewertung des Vermögens ist jedoch die Fortführung des Unternehmens zugrunde zu legen, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist.

Die Überschuldung wird grundsätzlich im Wege einer 2-stufigen Prüfung festgestellt und ist für juristische Personen[1] und die GmbH & Co. KG[2] relevant.

Denn der durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz geänderte Überschuldungsbegriff gilt unbefristet über den 31.12.2013 weiter.[3]

Macht der Insolvenzverwalter gegen den Geschäftsführer einer GmbH einen Ersatzanspruch nach § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. (§ 64 Satz 1 GmbHG n. F.) geltend und beruft er sich dabei auf eine Überschuldung der Gesellschaft i. S. d. § 19 InsO, hat er lediglich die rechnerische Überschuldung anhand von Liquidationswerten darzulegen.[4] Die Darlegungs- und Beweislast für eine positive Fortführungsprognose – mit der Folge einer Bewertung des Vermögens zu Fortführungswerten – obliegt dem Geschäftsführer.[5] Hat der Insolvenzverwalter durch Vorlage einer Handelsbilanz und den Vortrag, dass keine stillen Reserven sowie aus der Bilanz nicht ersichtlichen Vermögenswerte vorhanden sind, die Überschuldung einer GmbH dargelegt, genügt der wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch genommene Geschäftsführer seiner sekundären Darlegungslast nicht, wenn er lediglich von der Handelsbilanz abweichende Werte behauptet. Der in Anspruch genommene Geschäftsführer muss vielmehr substantiiert zu etwaigen stillen Reserven oder in der Bilanz nicht abgebildeten Werten vortragen.[6]

Eine positive Fortbestehensprognose setzt neben dem Fortführungswillen des Schuldners bzw. seiner Organe auch die objektive – grundsätzlich aus einem aussagekräftigen Unternehmenskonzept (sog. Ertrags- und Finanzplan) herzuleitende – Überlebensfähigkeit des Unternehmens voraus.[7] Im Rahmen einer Überschuldungsbilanz darf eine bestrittene Forderung, die gerichtlich durchgesetzt werden muss, nach dem Gebot einer vorsichtigen Bewertung nicht aktiviert werden.[8] Auf Folgendes sollte der Steuerberater die GmbH-Geschäftsführer hinweisen: Die regelmäßige Verjährung für den Anspruch aus Existenzvernichtungshaftung gegen den Gesellschafter-Gesellschafter einer GmbH beginnt erst zu laufen, wenn dem Gläubiger sowohl die anspruchsbegründenden Umstände als auch die Umstände, aus denen sich ergibt, dass der mittelbare Gesellschafter als Schuldner in Betracht kommt, bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt sind.[9]

Mit einem qualifizierten Rangrücktritt bez. einer Forderung (des Gesellschafters oder eines außenstehenden Gläubigers) gegenüber der GmbH kann eine Überschuldung vermieden werden.[10]

Die in AGB enthaltene Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts für einen Darlehensrückzahlungsanspruch kann als unangemessene Benachteiligung unwirksam sein.[11]

Rangrücktritt – Rechtsprechung des BGH

Eine qualifizierte Rangrücktrittsvereinbarung stellt einen Schuld- oder Schuldänderungsvertrag dar, nach dessen Inhalt die Forderung des Gläubigers nicht mehr passiviert wird und nur im Fall eines die Verbindlichkeiten übersteigenden Aktivvermögens befriedigt werden darf. Als Vertrag zugunsten der Gläubigergesamtheit kann die Vereinbarung ab Eintritt der Insolvenzreife nicht durch eine Abrede des Schuldners mit dem Gläubiger der Forderung aufgehoben werden.[12]

Rangrücktritt – Rechtsprechung des BFH

Lt. BFH unterliegt eine Verbindlichkeit, die nach einer im Zeitpunkt der Überschuldung getroffenen Rangrücktrittsvereinbarung nur aus einem zukünftigen Bilanzgewinn und aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss zu tilgen ist (qualifizierter Rangrücktritt), dem Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG und der hierdurch ausgelöste Wegfallgewinn, sofern er auf dem Gesellschaftsverhältnis beruht, ist durch den Ansatz einer Einlage in Höhe des werthaltigen Teils der betroffenen Forderungen zu neutralisieren.[13]

Um eine strafrechtlich relevante Überschuldung i. S. d. § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO zu ermitteln, bedarf es u. a. eines Überschuldungsstatus in Form einer Vermögensbilanz, die über die tatsächlichen Werte des Gesellschaftsvermögens Auskunft gibt. In diesem Zusammenhang ist bei der Bewertung unsicherer Verbindlichkeiten, etwa im Fall der Prozessrückstellungen für streitige Verbindlichkeiten, ein Ansatz zum Nennwert keineswegs zwingend und die bestehende rechtliche Unklarheit in der Behandlung streitiger Verbindlichkeiten eröffnet großzügige Bewertungsspielräume für die Geschäftsführung beim Ansatz derartiger Verbindlichkeiten im Überschuldungsstatus, die nach strafrechtlichen Grundsätzen kaum einzuengen sind.[14]

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