Nicht nur bei Kauf einer Freiberufler-Praxis, sondern auch bei zulassungspflichtigen Handwerkern (§ 1 HwO) müssen die berufsrechtlichen Voraussetzungen beachtet werden.

Die Regelungen der Handwerksordnung, die den selbstständigen Betrieb des Zahntechnikerhandwerks im stehenden Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen oder juristischen Personen und Personengesellschaften gestatten und diese Eintragung i. d. R. vom Bestehen der Meisterprüfung abhängig machen, begegnen keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Zweifeln.[1]

Wenn der neue Inhaber in seiner Person bei einem zulassungspflichtigen Handwerk (§§ 1, 7 HwO sowie Anlage A zur HwO) die handwerksrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, muss ein handwerksrechtlich verantwortlicher Betriebsleiter vorhanden sein, damit der Betrieb in die Handwerksrolle eingetragen werden kann. Bei einer GmbH ist die Eintragung in die Handwerksrolle für zulassungspflichtige Handwerke keine Eintragungsvoraussetzung mehr.

Ohne den Nachweis eines handwerksrechtlich verantwortlichen Betriebsleiters wird die Gesellschaft aber nicht agieren dürfen. Es verstößt z. B. nicht gegen das Gebot der Meisterpräsenz, wenn ein Hörgeräteakustiker-Meister zwei Betriebe in benachbarten Städten betreut und jeweils einen halben Tag in dem einen und den anderen halben Tag in dem anderen Geschäft anwesend ist.[2]

In Ausnahmefällen ist eine Bewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle (Ausnahmebewilligung) zu erteilen, wenn die zur selbstständigen Ausübung des von dem Antragsteller zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerks notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten nachgewiesen sind (§ 8 Abs. 1 HwO).[3]

Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung für die Eintragung in die Handwerksrolle setzt auch den Nachweis des zur ordnungsgemäßen Betriebsführung in eigener Verantwortung erforderlichen Mindestmaßes betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Grundlagenwissens voraus.[4]

Die beschränkte Ausnahmebewilligung nach § 8 Abs. 2 HwO bezieht sich auf einen wesentlichen Teil des Tätigkeitsspektrums eines zulassungspflichtigen Handwerks. Sie ermöglicht dagegen nicht, die Anforderungen an die in diesem Teilbereich erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu senken.[5]

Es gehört nicht zu den Aufgaben des Steuerberaters, seine Mandanten im Hinblick auf die Prüfung der handwerksrechtlichen Voraussetzungen zu beraten. In derartigen Fällen sollten die Mandanten an die dafür zuständige Handwerkskammer, ggf. auch an die Industrie- und Handelskammer, verwiesen werden. In Zweifelsfällen sollte der Steuerberater den/die Mandanten auch an einen für das Handwerksrecht erfahrenen Rechtsanwalt verweisen. Für den Steuerberater ist eine Auskunft über handwerksrechtliche Fragen unzulässige Rechtsberatung.

Der Steuerberater kann dieses Thema jedoch im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Beratung erwähnen. Die zusätzliche Einstellung eines handwerksrechtlich verantwortlichen Betriebsleiters muss sich betriebswirtschaftlich rechnen. Daher sollte auf jeden Fall geprüft werden, ob und ggf. wie durch den/die neuen Betriebsinhaber die handwerksrechtlichen Voraussetzungen erfüllt werden können, um insoweit keine Abhängigkeit von Dritten zu erhalten und auch, um ggf. vermeidbare Kosten für einen Betriebsleiter einzusparen.

[1] OVG Münster, Urteil v. 20.11.2017, 4 A 1113/13.
[2] BGH, Urteil v. 17.7.2013, I ZR 223/11.
[3] OVG Münster, Beschluss v. 1.6.2021, 4 E 222/21; OVG Münster, Beschluss v. 29.4.2013, 4 A 764/12; VGH Mannheim, Beschluss v. 22.1.2013, 6 S 1365/12.
[4] VGH München, Beschluss v. 25.7.2017, 22 ZB 17.720.
[5] VGH München, Beschluss v. 25.7.2017, 22 ZB 17.720.

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