Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das für die Rechtsbereiche Arbeitsrecht, Zivilrecht, Beamtenrecht und Sozialrecht gilt, sorgt immer wieder für neue Rechtsstreitigkeiten bzw. Entscheidungen, die der Arbeitgeber kennen sollte.

Das AGG ist bereits bei Abschluss eines Arbeitsvertrags bzw. bei der Stellenausschreibung[1] zu beachten. Arbeitgeber sind z. B. verpflichtet zu prüfen, ob sie freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen können. Um auch arbeitslose oder arbeitssuchend gemeldete schwerbehinderte Menschen zu berücksichtigen, müssen sie frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufnehmen (§ 81 Abs. 1 SGB IX). Ein abgelehnter schwerbehinderter Bewerber kann sich darauf berufen, dass die Verletzung dieser Pflicht seine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lasse.[2]

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs[3] müssen Arbeitgeber einem abgelehnten Bewerber nicht die Gründe für ihre Absage mitteilen. Doch eine mangelnde Begründung für die Ablehnung kann als Indiz für Diskriminierung gewertet werden.

Der Antrag für Prozesskostenhilfe für die Klage einer zweigeschlechtlich geborenen und durch chirurgische Interventionen schwerbehinderte Partei, die sich bewarb und im Rahmen ihrer Bewerbung die Schwerbehinderung und die Zweigeschlechtlichkeit offenlegte, auf Entschädigung wegen Nichteinladung zum Vorstellungespräch, wurde mangels Diskriminierung abgelehnt. Eine Diskriminierung wegen des Geschlechts ergibt sich nicht aus der Verwendung des sog. "Gendersternchens". In der Stellenausschreibung wurden Diplom-Sozialpädagog*innen, Diplom-Sozialarbeiter*innen und Diplom-Heilpädagog*innen gesucht. Weiter hießt es: "Näheres entnehmen Sie bitte dem nachstehenden Anforderungsprofil einer Fachkraft (m/w/d)". Diese Stellenausschreibung ist geschlechtsneutral.[4]

Wird in einer Stellenausschreibung darauf hingewiesen, dass eine Tätigkeit mit einem "jungen dynamischen Team" geboten wird, enthält dieser Hinweis deshalb regelmäßig nicht nur die Botschaft an potenzielle Stellenbewerber/innen, dass die Mitglieder des Teams jung und deshalb dynamisch sind. Eine solche Angabe in einer Stellenanzeige kann aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers zudem regelmäßig nur so verstanden werden, dass damit nicht nur ein "Istzustand" beschrieben werden soll, sondern dass der Arbeitgeber zum Ausdruck bringt, dass er einen Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin sucht, der/die in das Team passt, weil er/sie ebenso jung und dynamisch ist wie die Mitglieder des vorhandenen Teams. Dies kann unzulässig sein. Die Stellenausschreibung, in der sich der Arbeitgeber als ein "junges, dynamisches Unternehmen" vorstellt, ist kein Verstoß gegen §§ 1, 3 AGG.[5]

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt in seinem dienst- und arbeitsrechtlichen Teil (§§ 6-18 AGG) für Angestellte und Arbeiter der Privatwirtschaft (§ 24 AGG) und damit auch für den Steuerberater als Arbeitgeber vom Abschluss bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

 
Achtung

Haftungsfalle

Der Steuerberater muss sich im eigenen Interesse mit dem AGG beschäftigen und muss wohl im Rahmen bestehender Mandatsverhältnisse bzw. zur Schadensfernhaltung beim Mandanten diesen auf mögliche Folgen bei Nichtbeachtung des AGG aufmerksam machen und ihn belehren, dass der Besuch eines Seminars zu diesem Thema auf jeden Fall sinnvoll ist bzw. die Rechtsprechung immer im Auge behalten werden muss.

Wichtige Entscheidungen als Beispiele:

1. Schadenersatz- und Entschädigungsanspruch eines Bewerbers wegen Altersdiskriminierung;[6] 2. Entschädigung eines schwerbehinderten Bewerbers wegen Nichtberücksichtigung der Bewerbung;[7] 3. Entschädigung wegen Diskriminierung aufgrund Religion und ethnischer Herkunft bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses;[8] 4. nicht behinderungsgerechte Beschäftigung eines Schwerbehinderten.[9]

Das AGG verbietet nicht grundsätzlich alle Diskriminierungen, sondern nur, wenn diese auf bestimmten, im Gesetz genannten Merkmalen beruhen oder wenn sie in bestimmten Situationen erfolgen.

Hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs regelt das AGG die Rechtsfolgen bei Benachteiligungen aus einem der personenbezogenen Merkmale wie Rasse und ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion[10] und Weltanschauung, Behinderung,[11] Alter und sexuelle Identität (§ 1 AGG).[12]

Sachlich bezieht sich das Gesetz auf die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen[13], für den Zugang zu Erwerbstätigkeit sowie für den beruflichen Aufstieg,[14] die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, den Zugang zu Berufsberatung, Berufsbildung, Berufsausbildung, beruflicher Weiterbildung sowie Umschulung und praktische Berufserfahrung, Mitgliedschaft und Mitwirkung in Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen und Vereinigungen, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, den Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste sowie die sozialen Vergün...

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