Sachverhalt

Bei dem britischen Verfahren ging es um die Auslegung von Art. 151 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL. Nach dieser Vorschrift befreien die EU-Mitgliedstaaten Lieferungen und Dienstleistungen, die in den Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags sind, an die Streitkräfte anderer Vertragsparteien bewirkt werden, wenn diese Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch diese Streitkräfte oder ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und wenn diese Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen. Fraglich in dem Verfahren war, ob diese Steuerbefreiung voraussetzt, dass die NATO-Streitkräfte, die Leistungsempfänger einer befreiten Leistung sind, in dem Mitgliedstaat, in dem die Leistung erbracht wird, stationiert sein müssen oder nicht.

Die Kläger hatte nach einem Vertrag mit dem United States Department of Transportation, Maritime Administration (MARAD), die Abwrackung von mehreren Schiffen ab, die in der der US-Marine eingesetzt waren, zuletzt jedoch in die Reserveflotte der US-Marine überführt und in Virginia festgemacht worden waren. Nach dem Vertrag mussten die Schiffe vorbereitet und dann im Schlepptau aus den USA in das Vereinigte Königreich gezogen werden. Dort sollten sie abgewrackt werden.

Das Vorlagegericht war der Auffassung, die Steuerbefreiung setzte die Stationierung der NATO-Streitkraft im Mitgliedstaat der Leistung voraus. Ansonsten bestehe ein Widerspruch zu dem klaren Zweck von Art. 151 Abs. 1 Buchst. d. MwStSystRL. Dieser sieht eine Steuerbefreiung für Leistungen vor, deren Bestimmungsort in einem anderen Mitgliedstaat liegt und die für die Streitkräfte "anderer" Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags "als die des Bestimmungsmitgliedstaats selbst" bestimmt sind. Würde Art. 151 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL - so das Vorlagegericht - alle Leistungen an NATO-Streitkräfte im Allgemeinen entlasten, wäre der Zweck der Ausnahme von der Steuerbefreiung in Art. 151 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL für die Streitkräfte des Bestimmungsmitgliedstaats schwer zu verstehen.

 

Entscheidung

Der EuGH hat die Auffassung des Vorlagegerichts bestätigt. Nach seiner Entscheidung sind unter den Voraussetzungen von Art. 151 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL Lieferungen und Dienstleistungen steuerfrei, die in einem Mitgliedstaat, der Vertragspartei des Nordatlantikvertrags ist, an die Streitkräfte einer anderen Vertragspartei des Nordatlantikvertrags bewirkt werden, sofern diese Streitkräfte im betreffenden Mitgliedstaat stationiert sind oder sich dort als Gaststreitkräfte befinden.

Der EuGH begründet seine Entscheidung - zutreffend - mit dem Zusammenhang von Art. 151 Abs. 1 Buchst. c und Buchst. d MwStSystRL. Während Buchst. c eine Steuerbefreiung für die Leistungen enthält, die in den Mitgliedstaaten, die NATO-Vertragsparteien sind, an die Streitkräfte anderer NATO-Vertragsparteien bewirkt werden, befreit Buchst. d unter den gleichen Voraussetzungen Umsätze, deren Bestimmungsort in einem anderen Mitgliedstaat liegt und die für die Streitkräfte anderer NATO-Vertragsparteien als die des Bestimmungsmitgliedstaats selbst bestimmt sind. Aus diesem Zusammenhang ergibt sich für den EuGH, dass der Unionsgesetzgeber Umsätze von der Steuerbefreiung ausschließen wollte, die für die Streitkräfte des Empfängermitgliedstaats selbst bestimmt sind.

 

Hinweis

Durch die Entscheidung ist die Anwendung des § 4 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a UStG betroffen. Die Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift ist - abgesehen von der Bedingung, dass die Leistung steuerbar, also im Inland ausgeführt sein muss - von folgenden Voraussetzungen abhängig:

  • die Lieferung oder sonstige Leistung wird an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages bewirkt,
  • die Lieferung oder sonstige Leistung fällt nicht bereits unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen,
  • es handelt sich nicht um die Lieferung neuer Fahrzeuge i. S. d. § 1b Abs. 2 und 3,
  • die Lieferung oder sonstige Leistung ist für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte anderer NATO-Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt,
  • die Streitkräfte dienen der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung.

Nach der Gesetzesfassung sind Lieferungen und sonstige Leistungen an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages von der Umsatzsteuer befreit. Demnach erstreckt sich die Steuerbefreiung nur auf Leistungen, die an einen NATO-Staat, also an einen Staat, der zu den Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages gehört, als Vertragspartner (Leistungsempfänger) des leistenden Unternehmers erbracht werden. Da die Steuerbefreiung nur Umsätze an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages umfasst, sind Leistungen an die Bundesrepublik Deutschland nicht steuerbegünstigt, sondern steuerpflichtig. Im Gegensatz zu den Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 7 Satz 1 Buchst. b bis d muss der Gegenstand der Lieferung nicht in einen anderen Mitgliedstaat gelangen.

Bei den nach § 4 Nr....

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