Leitsatz

Öffentlich-rechtliche Versorgungseinrichtungen sind auch mit denjenigen gewerblichen Einkünften von der KSt und GewSt befreit, die sie aus den gesetzlich erlaubten Anlagen ihres Vermögens erzielen.

 

Normenkette

§ 4, § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG, § 3 Nr. 11 GewStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie unterhält ein Versorgungswerk, das satzungsgemäß der Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung ihrer Angehörigen dient. Das Versorgungswerk übernimmt zu diesem Zweck die "ertragbringende und sichere" Vermögensanlage der von den Mitgliedern zum Zweck der Altersvorsorge geleisteten Beträge. Im Rahmen dieser Vermögensanlage hat das Versorgungswerk auch in gewerbliche Personengesellschaften und in ein verpachtetes Pflegeheim investiert.

Das FA war der Auffassung, dass die gewerbliche Verpachtung sowie die mitunternehmerischen Beteiligungen an Personengesellschaften nicht unter die Steuerbefreiungen des § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG und des § 3 Nr. 11 GewStG fielen, sondern jeweils eigenständige Betriebe gewerblicher Art seien (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 KStG).

Die Klägerin wandte sich hiergegen erfolgreich mit der Begründung, sie sei umfassend von der KSt und GewSt befreit (FG Düsseldorf, Urteil vom 12.05.2009, 6 K 3127/06 K,G,F, Haufe-Index 2187045, EFG 2009, 1593).

 

Entscheidung

Letzteres sah der BFH genauso. Zwar könne die umfassende Befreiung u.U. eine Wettbewerbsverfälschung zu ggf. insoweit steuerpflichtigen Sozialversicherungsträgern nach sich ziehen. Doch sei eine solche Verfälschung eher geringfügig und deshalb nicht gleichheitswidrig. Die steuerliche Begünstigung sei andererseits nicht geeignet, den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts zu verfälschen, was es wiederum ausschließe, eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe i.S.d. Art. 87 EG = Art. 107 AEUV anzunehmen.

 

Hinweis

Nach den insoweit gleichlautenden § 5 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 KStG und § 3 Nr. 11 S. 1 GewStG sind steuerbefreit öffentlich-rechtliche Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen von Berufsgruppen, deren Angehörige aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder dieser Einrichtung sind, wenn die Satzung der Einrichtung die Zahlung keiner höheren jährlichen Beiträge zulässt als das Zwölffache der Beiträge, die sich bei einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe der doppelten monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung ergeben würden.

Die sonach angeordneten Steuerbefreiungen sind umfassend und einschränkungslos. Sie umschließen deswegen auch solche gewerblichen Aktivitäten, welche – wie beispielsweise (gewerbliche) Verpachtungen und mitunternehmerische Beteiligungen – im Rahmen des Satzungszwecks der Versorgungswerke (und zudem im Einklang mit der einschlägigen versicherungs- und versorgungsrechtlichen Regelungslage, also erlaubterweise) vorgenommen und eingegangen werden. Zwar mag das über das eigentliche Befreiungsziel hinausschießen, das wohl darauf gerichtet war, eine Gleichbehandlung mit Sozialversicherungsträgern herzustellen. Denn bei Letzteren stellen die entsprechenden Aktivitäten womöglich Betriebe gewerblicher Art dar. Doch ergibt sich aus einer solchen Motivlage eben noch kein Grund, den weiten Regelungswortlaut einschränkend zu verstehen. Eine etwaige Wettbewerbsverfälschung wäre jedenfalls minimal und ließe sich wohl auch rechtfertigend begründen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 09.02.2011 – I R 47/09

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