Zusammenfassung

 
Begriff

Die Selbstanzeige eröffnet reuigen Steuersündern die Chance, straf- oder bußgeldfrei auszugehen, sofern sie unrichtige Angaben gegenüber der Finanzbehörde korrigieren und die danach geschuldete Steuer (ggf. nebst einem Strafzuschlag und angefallenen Hinterziehungszinsen) nachentrichten.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Gesetzliche Regelungen zur Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung finden sich in §§ 371, 398a AO. Bei einer leichtfertigen Steuerhinterziehung kommt § 378 Abs. 3 AO zum Tragen.

1 Sinn, Zweck und Bedeutung der Selbstanzeigevorschriften

§ 371 AO gibt vor, wie man im Fall einer (vorsätzlich begangenen) Steuerhinterziehung[1]Straffreiheit erlangen kann. § 378 Abs. 3 AO zeigt Ähnliches – nämlich die Freistellung von bußgeldrechtlichen Sanktionen – für den Fall einer (leichtfertig begangenen) Steuerverkürzung[2] auf. Beide Möglichkeiten muss man vor dem Hintergrund unterschiedlicher Ausschließungsgründe[3] auseinanderhalten.

Die Selbstanzeigeregelungen besitzen Ausnahmecharakter. Gleichwohl halten sowohl das BVerfG[4] als auch der BGH[5] die Regelungen für verfassungsmäßig. Der Gesetzgeber hat jedoch bereits im Jahre 2011 mittels der Regelungen im sog. Schwarzgeldbekämpfungsgesetz[6] die Voraussetzungen für eine wirksame Selbstanzeige wesentlich verschärft. Das Vorhaben, die Möglichkeit der Selbstanzeige gänzlich zu beseitigen, ist nicht umgesetzt worden. Allerdings führte diese Diskussion Ende 2014 zu einer weiteren, wiederum erheblichen Verschärfung der Selbstanzeigeregelungen im Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 22. Dezember 2014.[7]

Zwischenzeitlich hat sich die Situation an der "Selbstanzeigefront" erwas beruhigt, wobei die Zahl der Selbstanzeigen bundesweit erheblich zurückgegangen ist, dies, obwohl seit Oktober 2017 ausländische Banken Steuerdaten an die deutschen Finanzbehörden übermitteln. Hierzu rechnen Informationen zu Konten, Kontoständen und auch Erträgen. Nach Luxemburg und Liechtenstein gilt dies seit dem 1.1.2018 auch für die einstige Steuerbastion Schweiz.

Teilweise sind die Zahlen um über 90 % zurückgegangen. Dies erstaunt nicht, nachdem die Voraussetzungen für eine wirksame Selbstanzeige drastisch verschärft worden sind, insbesondere, weil das sog. Vollständigkeitsgebot gesetzlich normiert wurde.

[5] BGH, Urteil v. 13.5.1983, 3 StR 82/83, wistra 1983 S. 197.
[6] BStBl 2011 I S. 495. Zum Anwendungszeitpunkt der Regelung vgl. Art. 4 des Gesetzes. Dazu aber Füllsack/Bürger, BB 2011 S. 1239, 1243.
[7] BGBl. I 2014 S. 2415.

2 Wirksame Selbstanzeige: Voraussetzungen

2.1 Selbstanzeige der Täter und Tatbeteiligten

Von der Selbstanzeige kann nicht nur der Täter einer Steuerhinterziehung Gebrauch machen, vielmehr können auch alle Teilnehmer an der Tat, also Anstifter oder Gehilfen, Selbstanzeige erstatten. Da die Selbstanzeige jedoch unlösbar mit der Person des Anzeigers verbunden ist, kommt ihre strafbefreiende Wirkung auch tatsächlich nur dem Anzeiger zugute. Das ist von wesentlicher Bedeutung, wenn die Tat von mehreren begangen worden ist. Erstattet z. B. der Anstifter Selbstanzeige, beschränkt sich deren strafbefreiende Wirkung nur auf den Anstifter selbst; dem Täter bringt sie lediglich den Nachteil, dass nunmehr auch dessen Tat dem Finanzamt nicht mehr verborgen ist und damit ein Ausschlussgrund[1] der Wirksamkeit einer jetzt auch von ihm erstatteten Selbstanzeige entgegensteht.[2] Insoweit verdient die Gesetzesänderung aus dem Jahr 2015 Erwähnung, mit der die Ausschlussgründe des § 371 Abs. 2 AO wesentlich erweitert worden sind.[3]

[2] Dazu Streck, Die Steuerfahndung, 3. Aufl., Köln 1996 Rz. 202.
[3] Gesetz vom 22.12.2014, BGBl 2014 I S. 2415; dazu ausführlich Hunsmann, NJW 2015 S. 113 ff.

2.2 Form der Selbstanzeige

§ 371 AO äußert sich nicht zur notwendigen Form einer Selbstanzeige. Demzufolge ist davon auszugehen, dass die Selbstanzeige an keine Form gebunden ist. Sie kann schriftlich, aber auch mündlich abgegeben werden. Allerdings empfiehlt sich, nicht zuletzt aus Beweisgründen, die schriftliche Abfassung der Selbstanzeige.

Die Selbstanzeige muss als solche nicht bezeichnet werden. Sie kann völlig neutral abgefasst sein und braucht keine Selbstbezichtigung zu enthalten.[1] Oftmals wird einfach die Form der Abgabe einer korrigierten Steuererklärung gewählt. Ist danach z. B. eine Einkommensteuer-Jahreserklärung richtig und vollständig, genügt dies für eine strafbefreiende Selbstanzeige, wenn zuvor im Wege unrichtiger oder unvollständiger Angaben im Verfahren der Vorauszahlung ein ungerechtfertigter Steuervorteil erlangt worden ist. Hier muss der Steuerpflichtige auf den so erlangten Steuervorteil nicht einmal mehr hinweisen.[2]

[1] BGH, Urteil v. 13.10.1992, 5 StR 253/92, wistra 1993 S. 66.
[2] OLG Stuttgart, Urteil v. 21.5.1987, 1 Sa 221/87, wistra 1987 S. 263 mit zust. Anm. Bilsdorfer, wistra 1997 S. 265.

2.3 Inhalt der Selbstanzeige

Eine wirksame Selbstanzeige verlangt grundsätzlich eine umfassende Korrektur fehlerhafter oder unterbliebener Angaben.[1]

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