Rz. 38

Eine weitere Einschränkung der Gefährdungshaftung sieht § 25e Abs. 3 UStG vor, soweit die Registrierung beim Betreiber des elektronischen Marktplatzes nicht als Unternehmer (sondern als Privatperson) erfolgt und der Betreiber die nach § 22f Abs. 2 UStG vorgesehenen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten erfüllt. Grundsätzlich entfällt in diesem Fall die nach § 25e Abs. 1 UStG angeordnete Haftungsfolge.

 

Rz. 39

Soweit Art, Menge und Höhe der erzielten Umsätze allerdings den Schluss zulässt, dass die Umsätze im Rahmen eines Unternehmens erbracht wurden und der Betreiber nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns davon Kenntnis hätte haben müssen (s. Rz. 29ff.), haftet er in diesen Fällen auch für die nicht entrichtete Umsatzsteuer auf diese Umsätze.[1]

 

Rz. 40

Für die Rechtsanwendung stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen "nach Art, Menge und Höhe" von einem unternehmerischen Handeln des Verkäufers auszugehen ist.

 

Rz. 41

In Bezug auf die Art der Umsätze kommen jedenfalls solche Waren oder Warengruppen als Indikatoren unternehmerischer Tätigkeit in Betracht, bei denen der Handel durch Privatpersonen typischerweise nicht erfolgt (z. B. Produktionsmaschinen, Lkw).

 

Rz. 42

Hinsichtlich der Menge können handelsübliche (Groß-)Mengen ein Indikator unternehmerischer Tätigkeit sein.

 

Rz. 43

Bei der Höhe der erzielten Umsätze wäre jedenfalls ab dem erkennbaren Überschreiten der Kleinunternehmerregelung von einem Indikator für unternehmerische Tätigkeit auszugehen.[2] Die Finanzverwaltung geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass die Registrierung auf einer elektronischen Schnittstelle als Nichtunternehmer bereits dann zu Unrecht erfolgte, wenn der mittels der elektronischen Schnittstelle erzielte Umsatz eine Höhe von 22.000 EUR innerhalb eines Kalenderjahres erreicht.[3]  Dies entspricht der derzeitigen Umsatzschwelle für Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 S. 1 UStG.

 

Rz. 44

Die vom Betreiber als Indikatoren angewendeten Kennzahlen sind im Übrigen einzelfallbezogen zu definieren und ständig zu aktualisieren. Der Betreiber einer elektronischen Schnittstelle (eines elektronischen Marktplatzes) hat deshalb Aufzeichnungen zu den Arten, Mengen und Höhen der Umsätze sämtlicher Kunden vorzuhalten und mit den Risikoindikatoren abzugleichen.

 

Rz. 44a

Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist für die Abgrenzung, ob es sich um eine unternehmerische Tätigkeit handelt, grundsätzlich nur die Tätigkeit auf der eigenen Schnittstelle bzw. dem eigenen Marktplatz maßgebend.[4]  Dieser zutreffende Ansatz leitet sich aus dem Umstand ab, dass der Betreiber regelmäßig nicht auf weitere Erkenntnismittel für die Feststellung von Umsatzgrößen zugreifen kann. Außerdem gelte nach Auffassung der Finanzverwaltung die gesetzliche Definition des Unternehmers nach § 2 Abs. 1 UStG entsprechend[5], wodurch unabhängig von anderen Merkmalen (etwa Überschreiten einer bestimmten Umsatzhöhe, vgl. Rz. 43) jeder, der für den Betreiber erkennbar eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, als Unternehmer zu behandeln wäre. Diese Annahme der Finanzverwaltung ist zwar gesetzesdogmatisch nachvollziehbar, weil § 25e Abs. 3 UStG den Begriff des Unternehmers ausdrücklich verwendet und damit auf die Legaldefinition von § 2 Abs. 1 UStG Bezug nimmt. Gleichwohl dürfe die Erwartung einer an diese Definition geknüpften Ermittlungspflicht (Kenntnis oder Kennenmüssen) des Betreibers in der Praxis vielfach leerlaufen. Denn die Beurteilung dieser Tatbestandsmerkmale auf der Grundlage der Tätigkeit des Lieferers auf der eigenen elektronischen Schnittstelle wird dazu allenfalls Indikatoren liefern (Rz. 39ff.), für den Betreiber i. d. R. aber nicht abschließend prüfbar sein. Insofern verbleibt es unabhängig von der Definition des Unternehmers nach § 2 Abs. 1 UStG bei einer einzelfallbezogenen Prüfung des Betreibers hinsichtlich der in § 25e Abs. 3 S. 2 UStG genannten Indikatoren (Art, Menge oder Höhe der erzielten Umsätze).

Rz. 45 einstweilen frei

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