Rz. 13

Die Haftung nach § 25e Abs. 1 UStG umfasst die nicht entrichteten Steuern aus der Lieferung. Eine Haftung für sonstige Leistungen von Unternehmern, die über die elektronische Schnittstelle (auf elektronischen Marktplätzen) angeboten werden, wird nicht erfasst. Die Vorschrift richtet sich damit vor allem an den Onlineversandhandel mit Waren.

 

Rz. 14

Aus der systematischen Einordnung der Vorschrift in das Umsatzsteuergesetz kann abgeleitet werden, dass sich die Haftung nur auf die Umsatzsteuer und nicht auf andere (Unternehmens-)Steuern des leistenden Unternehmers bezieht. Erfasst wird die Umsatzsteuer für Lieferungen, bei denen der Ort im Inland liegt[1] und sich nicht schon die Steuerschuld nach § 3 Abs. 3a UStG ergibt (Beispiele unter Rz. 62).

 

Rz. 15

Dieser Haftungsumfang ist hinsichtlich der aus der Lieferung des leistenden Unternehmers akzessorisch und insoweit durch den im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheids vom liefernden Unternehmer nicht entrichteten Umsatzsteuerbetrag begrenzt. Zahlt der leistende Unternehmer nachträglich die geschuldete Umsatzsteuer, kommt der Widerruf des Haftungsbescheids unter den Voraussetzungen von § 131 AO in Betracht.

 

Rz. 16

Aus dem Gesetz kann nicht unmittelbar abgeleitet werden, was unter der "nicht entrichteten Steuer" i. S. d. § 25e Abs. 1 UStG zu verstehen ist. In diesem Zusammenhang könnte die durch die Verwirklichung des Steuertatbestands entstandene oder auch die erst später fällige Umsatzsteuer in Betracht gezogen werden. Aufgrund des Normzwecks wird unter der nicht entrichteten Steuer bereits die bloße Nichtzahlung der Umsatzsteuer zu verstehen sein, weil die Fälligkeit in vielen von der Norm betroffenen Sachverhalten bereits an der steuerlichen Nichtregistrierung eines liefernden Unternehmers scheitern könnte und die Haftungsnorm dann leer liefe. Für die gesetzlich vorausgesetzte Nichtentrichtung der Umsatzsteuer wird es deshalb nur auf die Entstehung der vom leistenden Unternehmer nicht gezahlten Umsatzsteuer aufgrund seines Handels auf dem elektronischen Marktplatz ankommen.

 

Rz. 17

Steuerliche Nebenleistungen sind aufgrund des Wortlauts von § 25e UStG, anders als z. B. durch § 69 S. 2 AO angeordnet, nicht von der Haftung umfasst.

 

Rz. 18

Aus der Regelung in § 25e Abs. 1 UStG lässt sich nicht unmittelbar ableiten, wie sich die mit der Umsatzsteuer zusammenhängenden Vorsteueransprüche des liefernden Unternehmers auswirken, die verfahrensrechtlich mit den Umsatzsteuern saldiert werden. Nach der hier vertretenen Ansicht ist § 25e Abs. 1 UStG wegen des Gesetzeszwecks so auszulegen, dass die Haftung auf den Saldo von Umsatzsteuer und Vorsteuer begrenzt ist, sofern die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs erfüllt sind. Denn das Ziel der Haftungsnorm wird nicht in einer von der materiellen Rechtslage abweichenden, sondern diese absichernden Haftung des Betreibers zu sehen sein.

 

Rz. 19

Sind die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs beim leistenden Unternehmer nicht erfüllt, ist die Haftung nach dem Sinn der Vorschrift unter Vernachlässigung etwaiger Vorsteuerbeträge auf den Umsatzsteuerbetrag ausgerichtet. Das FA hat dies im Rahmen des Haftungsbescheids zu begründen (s. Rz. 10). Für den Fall steuerlich nicht registrierter oder registrierter, aber nicht im Inland ansässiger liefernder Unternehmer wird ohne Vorliegen konkreter Hinweise auf eine Vorsteuerabzugsberechtigung im Rahmen der Sachverhaltsprüfung und der Begründung durch das FA grundsätzlich vom Fehlen der Vorsteuerabzugsberechtigung auszugehen sein, da der liefernde Unternehmer hierfür beweisbelastet und die Finanzbehörde im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes nach § 88 Abs. 1 AO in diesen Fällen nicht zur eigenständigen Sachverhaltsermittlung verpflichtet ist.

 

Rz. 20

Regressansprüche des haftenden Betreibers gegenüber dem liefernden Dritten ergeben sich aus § 25e UStG nicht. Sie können aber Gegenstand zivilrechtlicher Ansprüche sein, etwa im Hinblick auf § 241 Abs. 2 BGB. Aus Sicht des Betreibers empfiehlt es sich, Regressansprüche zum Gegenstand des mit dem leistenden Unternehmer geschlossenen Vertrags zu machen.

 

Rz. 21

Insgesamt wird angesichts des sehr hohen Haftungsrisikos für Betreiber elektronischer Marktplätze neben der Datenspeicherung im Rahmen des § 22f UStG i. V. m. § 25e UStG auch eine angemessene Vertragsgestaltung hinsichtlich der (vertraglich sanktionierten) Auskunftspflichten des liefernden Unternehmers gegenüber dem Betreiber und der Regelung von Leistungsverweigerungsrechten des Betreibers (s. Rz. 33) angezeigt sein.

[1] Marchal, in Rau/Dürrwächter, UStG, 190. Lfg. 10.2020, § 25e UStG Rz. 11,

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