Rz. 6

§ 25e Abs. 1 UStG enthält die Voraussetzungen des materiellen Haftungstatbestands, der beim Eingreifen der nachfolgenden Absätze ggf. entfällt. Danach haftet für die nicht entrichtete Steuer aus einer Lieferung, wer mittels einer elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstandes unterstützt (Betreiber). Diese Haftung greift jedoch nicht in den Fällen des § 3 Abs. 3a UStG, bei denen der die elektronische Schnittstelle bereitstellende Unternehmer behandelt wird, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte und damit selbst Schuldner der Umsatzsteuer ist (vgl. dazu die Kommentierung zu § 3 Abs. 3a UStG). Unter diese Reglung von § 3 Abs. 3a UStG fallen:

  1. Unternehmer, die mittels ihrer elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Abs. 5 S. 1 UStG unterstützen,
  2. Unternehmer, die mittels ihrer elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR unterstützen (davon ausgenommen sind Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird).

Nach der bis zum 30.6.2021 anzuwendenden Gesetzesfassung haftet der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes für die nicht entrichtete Umsatzsteuer aus der Lieferung eines Unternehmers, die auf dem von ihm bereitgestellten Marktplatz rechtlich begründet worden ist. Die Änderung der Begrifflichkeit "elektronischer Marktplatz" in "elektronische Schnittstelle" erfolgt in Anlehnung an die in nationales Recht umzusetzenden Regelungen des Art. 242a der Richtlinie 2006/112/EG in der Fassung von Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates vom 5.12.2017 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG und der Richtlinie 2009/132/EG in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen (ABl. L 348 v. 29.12.2017) i. d. F. der Berichtigung vom 27.72018 (ABl. L 190 v. 27.7.2018, 21). Mit der Änderung ist insoweit keine Ausweitung der gesetzlichen Regelung verbunden, als in § 25e Abs. 6 UStG geregelt wird, unter welchen Voraussetzung der Betreiber einer elektronischen Schnittstelle i. S. v. § 25e Abs. 1 UStG die Lieferung einer Ware unterstützt.[1] Wenngleich die Gesetzesbegründung damit von einer im Wesentlichen redaktionellen Änderung des Wortlauts wegen der Vorgaben des Unionsrechts ausgeht, spricht die nicht unerheblich veränderte Wortwahl auch für eine inhaltliche Klarstellung des Anwendungsbereichs der Haftungsnorm. Unter einem elektronischen Marktplatz war in der bis zum 30.6.2021 geltenden Fassung eine Website oder jedes andere Instrument zu verstehen, mit dessen Hilfe Informationen über das Internet zur Verfügung gestellt werden, die es einem Dritten, der nicht Betreiber des Marktplatzes ist, ermöglicht, Umsätze auszuführen. In der ab dem 1.7.2021 geltenden Fassung von § 25e Abs. 5 UStG wird die elektronische Schnittstelle dagegen als ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches definiert. Vor dem Hintergrund der dadurch vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten inhaltlichen Erweiterung des Anwendungsbereichs liegt deshalb nur eine Klarstellung vor, dass die Haftungsnorm alle konkreten Arten der technischen Umsetzung einer elektronischen Schnittstelle umfasst und es nicht auf deren Bezeichnung oder die Art ihrer technischen Umsetzung ankommt.

 

Rz. 7

Durch § 25e UStG wird eine Gefährdungshaftung normiert, deren gesetzgeberisches Ziel es ist, Betreiber von elektronischen Schnittstellen (bis zum 30.6.2021: elektronischen Marktplätzen), über das Unternehmer, die im Inland, in der Europäischen Union oder im Drittland ansässig sind, Waren anbieten und Kaufverträge tätigen, neben ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen unter bestimmten Voraussetzungen auch für die aus diesen Aktivitäten entstandene und nicht an den Fiskus abgeführte Umsatzsteuer in Verantwortung zu nehmen. Dies sei erforderlich zur Sicherstellung der Umsatzbesteuerung und liege damit im Interesse der Allgemeinheit.[2]

 

Rz. 8

Durch die Ausgestaltung der Norm als Gefährdungshaftung kommt es auf ein Verschulden des Betreibers nicht an. Es entspricht dem gesetzgeberischen Ziel der Vorschrift[3], die Haftung durch die (legale) Eröffnung einer Gefahr für die Besteuerung durch das Betreiben eines elektronischen Marktplatzes auszulösen. Deshalb sind alle Gründe oder Erwägungen irrelevant, die sich auf objektive oder subjektive Sorgfaltsanforderungen oder besondere Umstände des Einzelfalls beziehen, wenn sie nicht als Haftungsausnahme in § 25e UStG geregelt sind.

 

Rz. 9

Deshalb lässt auch der verschuldete oder unverschuldete Datenverlust beim Betreib...

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