Rz. 612

Mit der am 13.7.2010 verabschiedeten Richtlinie 2010/45/EU[1] wurde die MwStSystRL hinsichtlich der Rechnungsstellungsvorschriften geändert. Die Änderungsrichtlinie war zum 1.1.2013 in nationales Recht umzusetzen.

[1] ABl. EU 2010 Nr. L 189/1.

4.18.1 Elektronische Rechnungsstellung

 

Rz. 613

Rechnungen auf Papier und elektronische Rechnungen wurden weitestgehend gleichgestellt. Die Verwendung elektronischer Rechnungen hängt aber nach wie vor von der Zustimmung des Rechnungsempfängers ab.[1]

 

Rz. 614

Die Grundregel zur Rechnungsstellung[2] schreibt vor, dass die Echtheit der Herkunft einer Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit unabhängig davon, ob sie auf Papier oder elektronisch vorliegt, vom Zeitpunkt der Ausstellung bis zum Ende der Dauer der Aufbewahrung der Rechnung gewährleistet werden. Ferner sieht die Regelung in Art. 233 MwStSystRL vor, dass jeder Unternehmer selbst entscheiden kann, in welcher Weise die abstrakten Kriterien gewährleistet werden. Damit wurden keine Verfahren mehr vorgegeben, die die Unternehmer verwenden müssen. Dies kann durch betriebsinterne Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen einer Rechnung und einer Lieferung oder Dienstleistung schaffen. Zur Erleichterung benennt Art. 233 MwStSystRL in Bezug auf die elektronische Rechnungsstellung beispielhaft ausdrücklich zwei Verfahren, wie die Unternehmer die Echtheit der Herkunft einer Rechnung und die Unversehrtheit ihres Inhalts sicherstellen können:

  • Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur (mit oder ohne Anbieterakkreditierung) oder
  • Verwendung des EDI-Verfahrens.

Bei Verwendung dieser Verfahren gelten die Echtheit der Herkunft einer elektronischen Rechnung und die Unversehrtheit ihres Inhalts als gewährleistet. Die Unternehmer können diese Verfahren verwenden, müssen es aber nicht. Es handelt sich hier um ein Angebot an die Unternehmer, die (auch grenzüberschreitend) Rechtssicherheit anstreben.

4.18.2 Rechnungsstellung und vereinfachte Rechnungsangaben

 

Rz. 615

Die Verpflichtung zur Rechnungsstellung betrifft grundsätzlich alle Umsätze an andere Unternehmer und nicht steuerpflichtige juristische Personen.[1] Allerdings dürfen die Mitgliedstaaten nicht mehr vorschreiben, dass Rechnungen für befreite Finanzdienstleistungen erstellt werden müssen.[2] Daneben enthält die MwStSystRL weiterhin die Möglichkeit, dass die Mitgliedstaaten in anderen Fällen die Rechnungsausstellung vorschreiben können.[3] Dies gilt auch für steuerbefreite Finanzdienstleistungen, die innerhalb eines Mitgliedstaats erbracht werden.[4]

 

Rz. 616

Hinsichtlich der Gutschrifterstellung[5] blieb es mit der Richtlinie 2010/45/EU dabei, dass die Abrechnung der Gutschrift eine vorhergehende Vereinbarung zwischen den an dem Umsatz beteiligten Parteien voraussetzt. Ferner blieb die besondere Regelung für im Drittland ansässige Gutschriftenersteller und die Rechnungsstellung durch Dritte, die im Drittland ansässig sind, die die EU-Kommission ersatzlos streichen wollte, in Art. 225 MwStSystRL inhaltlich unverändert bestehen.

 

Rz. 617

Die verpflichtende Einführung von vereinfachten Rechnungen[6] ist auf Änderungsrechnungen und auf Fälle beschränkt, in denen der Rechnungsbetrag höchstens 100 EUR beträgt. Die Rechnungsangaben in der vereinfachten Rechnung sind so ausgestaltet, dass bestimmte – der Kleinbetragsrechnung (§ 33 UStDV) entsprechende – Rechnungsinhalte enthalten sein müssen, die Mitgliedstaaten aber weitere Rechnungsinhalte verlangen dürfen.[7]

 

Rz. 618

Kleinbetragsrechnungen können von den Mitgliedstaaten weiterhin – nach Konsultation des MwSt-Ausschusses eingeführt werden.[8] Die Kleinbetragsregelung ist möglich bei Rechnungsbeträgen über 100 EUR bis maximal 400 EUR oder wenn es in der betreffenden Branche oder aufgrund der technischen Bedingungen besonders schwierig wäre, Rechnungen mit allen obligatorischen Angaben auszustellen.

4.18.3 Rechnungsinhalt der ausführlichen Rechnung

 

Rz. 619

Art. 226 MwStSystRL, der die obligatorischen Rechnungsangaben regelt, erhielt durch die Änderungsrichtlinie zusätzliche bzw. veränderte Rechnungsangaben. Nach Nr. 7a muss durch die Angabe "Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten" ein Hinweis auf die Ist-Versteuerung aufgenommen werden. Das gilt aber nur in den Fällen, in denen das Recht auf Vorsteuerabzug (bei dem Unternehmer, der eine Leistung von einem Ist-Versteuerer bezieht) entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht, d. h. wenn die Rechnung bezahlt ist. Solange Deutschland von der Möglichkeit Gebrauch macht, den Vorsteuerabzug aus Leistungen eines Ist-Versteuerers nach dem Sollprinzip zu gewähren, läuft diese Rechnungsangabepflicht für Deutschland ins Leere. Nach Nr. 10a muss bei Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger die Rechnung die Angabe "Gutschrift" enthalten. Nach Nr. 11a muss in Fällen der V...

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