Rz. 458

Mit der Richtlinie 92/111/EWG[1] waren die mit der Binnenmarkt-Richtlinie vorgenommenen Änderungen der 6. EG-Richtlinie – noch vor deren Inkrafttreten zum 1.1.1993 – teilweise redaktionell überarbeitet und vereinfacht worden.

 

Rz. 459

Neu war insbesondere die Regelung für sog. innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte. Bei einer Lieferbeziehung von drei Beteiligten aus drei verschiedenen Mitgliedstaaten, die jeweils mit der MwSt-Identifikationsnummer ihres Staates auftreten, wird es vermieden, dass der mittlere Unternehmer im Land des Abnehmers umsatzsteuerlich erfasst werden muss. Dies wird dadurch verhindert, dass der mittlere Unternehmer die Steuerschuld aus seiner Lieferung im Land des Abnehmers auf den Abnehmer verlagert und damit auch sein innergemeinschaftlicher Erwerb im Bestimmungsland als besteuert gilt.[2]

Für den Fall, dass ein Erwerber in mehreren Mitgliedstaaten für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, ist nur die USt-IdNr., unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb tätigt, für die Beurteilung heranzuziehen, ob die Voraussetzung des Art. 141 Buchst. c MwStSystRL (Erfassung des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns der Beförderung oder Versendung des Liefergegenstands) erfüllt ist. Der Vorteil der innergemeinschaftlichen Dreiecksregelung kann dem Steuerpflichtigen nicht allein deshalb versagt werden, weil er auch im Mitgliedstaat des Beginns der innergemeinschaftlichen Beförderung oder Versendung für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist. Es kommt nur darauf an, welche USt-IdNr. der Erwerber im Einzelfall verwendet hat, worauf auch Art. 265 i. V. m. Art. 42 MwStSystRL hindeuten. Nach dieser Bestimmung ist in der ZM die USt-IdNr. anzugeben, unter der der Unternehmer die Gegenstände erworben und anschließend geliefert hat. Art. 141 Buchst. c MwStSystRL ist dahin zu verstehen, dass dann, wenn der Unternehmer in mehreren Mitgliedstaaten mehrwertsteuerlich registriert ist, entscheidend ist, welche USt-IdNr. er im konkreten Fall verwendet hat. Art. 41 Abs. 1 MwStSystRL (= § 3d S. 2 UStG) ist mit der alleinigen Begründung anwendbar, dass im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Erwerbs, der für die Zwecke einer anschließenden Lieferung getätigt wurde, die Abgabe der ZM verspätet erfolgte. Art. 42 Buchst. a MwStSystRL regelt die materielle Voraussetzung dafür, dass der innergemeinschaftliche Erwerb in dem Mitgliedstaat, dessen USt-IdNr. der mittlere Unternehmer in einem Dreiecksgeschäft verwendet, als besteuert gilt, während Art. 42 Buchst. b MwStSystRL in Bezug auf die Pflicht zur Abgabe der ZM lediglich formelle Voraussetzungen enthält. Nach dem Neutralitätsgrundsatz kann die Nichterfüllung der formellen Anforderungen des Art. 42 Buchst. b MwStSystRL durch den Unternehmer nicht dazu führen, dass die Anwendung des Art. 42 MwStSystRL infrage gestellt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen des Art. 42 Buchst. a MwStSystRL im Übrigen erfüllt sind. Der EuGH gestattet den Mitgliedstaaten aber, um die Nichtbefolgung formeller Anforderungen zu ahnden, andere Sanktionen als die Versagung der Anwendung von Art. 42 MwStSystRL, etwa die Auferlegung einer Geldbuße oder einer finanziellen Sanktion, die in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Verstoßes steht. Die Verletzung einer formellen Anforderung kann aber zur Versagung der Anwendung von Art. 42 MwStSystRL führen, wenn sich der Unternehmer vorsätzlich an einer Steuerhinterziehung beteiligt hat.[3]

 

Rz. 460

Es wurde klargestellt, dass die Kleinunternehmerregelung nur von den in dem jeweiligen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmern in Anspruch genommen werden kann. Ausländische Unternehmer sind damit von der Regelung ausgeschlossen.[4]

[1] ABl. EG 1992 Nr. L 384, 47.
[3] Vgl. EuGH v. 19.4.2018, C-580/16, Firma Hans Bühler KG, Haufe-Index 11672455, HFR 2018, 504.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge