Rz. 435

Hinweis: In diesem Abschnitt 3 werden im Vergleich zu den Vorgängerversionen dieser Kommentierung nur noch die wichtigsten Rechtsakte erläutert.

Mit der Errichtung eines einheitlichen Binnenmarkts der EGen, das Gebiet der Mitgliedstaaten ist seit dem 1.1.1993 ein weitgehend vereinheitlichter Wirtschaftsraum, ergaben sich die bis dahin weitreichendsten Änderungen im Bereich der Umsatzsteuerharmonisierung. Die 6. EWG-Richtlinie[1] erfuhr insbesondere durch die sog. Binnenmarkt-Richtlinie[2], die erste Vereinfachungs-Richtlinie[3] und die zweite Vereinfachungs-Richtlinie[4] umfangreiche Modifikationen.

 

Rz. 436

Mit der Errichtung des Binnenmarkts entfielen die steuerlichen Grenzkontrollen und die Steuergrenzen an den Binnengrenzen der Europäischen Gemeinschaften bis zum 31.12.1992 wurden Lieferungen in einen anderen Mitgliedstaat bei der Ausfuhr durch die entsprechende Steuerbefreiung von der USt entlastet und bei der Einfuhr in den Bestimmungsmitgliedstaat durch die Einfuhrumsatzbesteuerung belastet.

 

Rz. 437

Mit der Binnenmarkt-Richtlinie war ein neues Besteuerungssystem eingeführt worden, wonach im innergemeinschaftlichen Warenverkehr EUSt nicht mehr erhoben wird. Im gewerblichen Warenverkehr trat an die Stelle der Einfuhrumsatzbesteuerung die Besteuerung des sog. innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsmitgliedstaat.

 

Rz. 438

Die Waren gelangen also grundsätzlich nach wie vor unbelastet über die innergemeinschaftlichen Grenzen und die Belastung mit USt erfolgt erst im Bestimmungsland. Dies gilt auch bei bestimmten innergemeinschaftlichen Lieferungen an nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Abnehmer, bei innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge sowie bei innergemeinschaftlichen Lieferungen verbrauchsteuerpflichtiger Waren an Letztverbraucher. Dieses Besteuerungssystem soll Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten und Steuerausfälle zulasten der Mitgliedstaaten mit höheren Steuersätzen vermeiden.

 

Rz. 439

Für den gewerblichen innergemeinschaftlichen Handel gilt das Bestimmungslandprinzip. Private Verbraucher können allerdings seit 1.1.1993 – ohne wert- und mengenmäßige Beschränkungen – Waren, die in einem Mitgliedstaat mit der dort geltenden MwSt erworben wurden, in den Heimatmitgliedstaat mitbringen (Ursprungslandprinzip).

 

Rz. 440

Das seit 1.1.1993 geltende Besteuerungssystem im innergemeinschaftlichen Warenverkehr stellt – da es auf das Bestimmungslandprinzip abhebt – nur eine Übergangsregelung dar.[5] Sie gilt, solange nicht eine endgültige Regelung beschlossen wird. Zum Vorschlag der EU-Kommission für ein solches endgültiges Mehrwertsteuersystem s. Abschn. 6.3.

 

Rz. 441

Die bis zum 31.12.1992 geltende Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen war im innergemeinschaftlichen Warenverkehr durch eine Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen ersetzt worden. Die USt auf den innergemeinschaftlichen Erwerb im Bestimmungsland ist als Vorsteuer abziehbar. Um eine ordnungsgemäße Besteuerung sicherzustellen und damit neben dem Steueraufkommen auch die Wettbewerbsneutralität für die beteiligten Unternehmer zu sichern, müssen die innergemeinschaftlichen Lieferungen in Zusammenfassenden Meldungen (ZM) angegeben werden. Diese Daten ersetzen die für die Besteuerung der Einfuhr bis zum 31.12.1992 erforderlichen Informationen, die bei den steuerlichen Grenzkontrollen gewonnen wurden.

 

Rz. 442

Die materiell-rechtlichen Änderungen wurden ergänzt durch die sog. Zusammenarbeitsverordnung,[6] die in allen Mitgliedstaaten unmittelbar gilt. Mit der Verordnung wurde die für das Funktionieren der Umsatzbesteuerung im Binnenmarkt unerlässliche Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten geregelt. Hierzu gehören insbesondere Regelungen über Auskunftsersuchen und Auskunftserteilungen, die für Kontroll- und Nachweiszwecke notwendig sind.

 

Rz. 443

Die mit der Binnenmarkt-Richtlinie eingeführten Vorschriften waren – teilweise noch vor ihrem Inkrafttreten – durch die 1. Vereinfachungs-Richtlinie (Abschn. 3.4) und später nochmals durch die 2. Vereinfachungs-Richtlinie (Abschn. 3.6) insbesondere mit dem Ziel der Erleichterungen für die beteiligten Unternehmer angepasst worden.

[1] Ab 1.1.1993 im Sprachgebrauch 6. EG-Richtlinie.
[2] Abschn. 3.1.
[3] Abschn. 3.4.
[4] Abschn. 3.6.
[6] Auch Amtshilfe-Verordnung genannt; Abschn. 4.4.

3.1 Richtlinie 91/680/EWG – Binnenmarkt-Richtlinie

3.1.1 Die Übergangsregelung für die Besteuerung des Handelsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten

 

Rz. 444

Mit der Richtlinie des Rates v. 16.12.1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen[1] waren die Art. 28a bis 28m der 6. EG-Richtlinie als Übergangsregelung für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Handels eingeführt und daneben zahlreiche andere Änderungen der 6. EG-Richtlinie[2] vorgenommen worden, die unbefristet sind (Abschn. 3.1.2).

[1] 91/680/EWG, ABl. EG 1991 Nr. L 376, 1.
[2] Jetzt MwStSystRL.

3.1.2 Änderungen bei den unbefristeten Regelungen der 6. EG-Richtlinie

 

Rz. 445

Die durch die Binnenmarkt-Richtlinie insoweit vorgenommenen Änderungen folgten im Wesentlichen aus der Errichtung des gemeinsamen Bi...

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