Rz. 263

Die zentralen Bestimmungen über die Voraussetzungen und den Zeitpunkt des Vorsteuerabzugsrechts ergeben sich aus Art. 167ff. MwStSystRL. Das Vorsteuerabzugsrecht des Abnehmers entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Steuerschuld für die Leistung beim Leistenden entsteht. Das ist nach Art. 63 MwStSystRL grundsätzlich der Zeitpunkt, zu dem die Leistung bewirkt wird, aus der Sicht des Abnehmers also der Zeitpunkt ihrer Inanspruchnahme.

 

Rz. 264

Nach Art. 168 und 169 MwStSystRL ist der Vorsteuerabzug eines Leistungsempfängers an folgende materiell-rechtlichen Voraussetzungen geknüpft:

  • Der Empfänger muss Steuerpflichtiger i. S. v. Art. 9 MwStSystRL sein. Erwirbt eine Ehegattengemeinschaft, die keine Rechtspersönlichkeit besitzt und selbst keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, ein Wirtschaftsgut, sind die Gemeinschafter (jeweils einzeln) als Leistungsempfänger anzusehen.[1]
  • Die Leistung muss ihm – d. h. ihm in seiner Eigenschaft als Steuerpflichtiger – erbracht worden sein, folglich für die Ausübung seiner wirtschaftlichen (unternehmerischen) Tätigkeit bestimmt sein. Bei Erwerb eines Wirtschaftsguts durch zwei, eine Gemeinschaft bildende Ehegatten, von denen einer einen Teil des Gegenstands ausschließlich für unternehmerische Zwecke verwendet, steht diesem Ehegatten und Miteigentümer das Recht auf Vorsteuerabzug für die gesamte Mehrwertsteuerbelastung des von ihm für unternehmerische Zwecke verwendeten Teils des Gegenstands zu, sofern der Abzugsbetrag nicht über den Miteigentumsanteil des Steuerpflichtigen an dem Gegenstand (d. h. über den auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Mehrwertsteuerbetrag auf die Gesamtanschaffungskosten des Gebäudes) hinausgeht.[2]
  • Die Leistung muss ihm von einem anderen Steuerpflichtigen erbracht worden sein.
  • Der Abnehmer muss die Leistung für Zwecke seiner besteuerten Umsätze[3] verwenden.
 

Rz. 265

Diese materiell-rechtlichen Voraussetzungen müssen in dem für den Vorsteuerabzug maßgebenden Zeitpunkt[4] vorliegen. Der Wortlaut des Art. 168 MwStSystRL ("soweit die Gegenstände" … "für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden") könnte zunächst den Eindruck erwecken, ein Vorsteuerabzug könne nur anteilig in Anspruch genommen werden, wenn ein insgesamt dem Unternehmen zugeordneter Gegenstand sowohl für unternehmerische als auch für nicht unternehmerische (private) Zwecke verwendet wird. Dies ist jedoch nicht der Fall; eine Aufteilung der Vorsteuern, die auf die Anschaffung eines einheitlichen Gegenstands entfallen, kommt – wie sich aus der Aufteilungsvorschrift des Art. 173 MwStSystRL ergibt – nur in Betracht, wenn dieser Gegenstand sowohl für Umsätze verwendet wird, für die nach Art. 168 und 169 MwStSystRL ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht (bestimmte steuerfreie Umsätze). Umsätze werden nur im Bereich des Unternehmens eines Steuerpflichtigen, dagegen nicht in seinem privaten Bereich bewirkt. Die Vorsteueraufteilung gilt also grundsätzlich nur bei gemischter Verwendung im Unternehmerbereich.

Art. 168 MwStSystRL steht einer nationalen Praxis entgegen, nach der ein Unternehmer berechtigt ist, die auf gemischte Ausgaben angefallene Vorsteuer vollständig abzuziehen, weil in den nationalen Steuerrechtsvorschriften besondere Regeln über die Kriterien und die Methoden für die Aufteilung fehlen, die es ihm erlauben würden, den Teil der entrichteten Vorsteuer zu bestimmen, der als mit seinen wirtschaftlichen bzw. nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten verbunden anzusehen ist.[5]

 

Rz. 266

Eine unmittelbare Vorsteueraufteilung kann jedoch auch bei Dienstleistungen in Betracht kommen, bei denen Teile nicht in die unternehmerische Sphäre, sondern in den Privatbereich einfließen, sowie auch bei der Anschaffung einheitlicher Gegenstände, die teilweise nicht dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden.[6]

 

Rz. 267

Die Vorsteueraufteilung ist dagegen grundsätzlich nicht vorgesehen bei gemischter Verwendung eines Gegenstands innerhalb und außerhalb des Unternehmens, wenn also der Gegenstand sowohl für unternehmerische als auch nicht unternehmerische (z. B. private) Zwecke verwendet wird.[7] In diesen Fällen ist nach den Kriterien des Art. 168 MwStSystRL der volle Vorsteuerabzug zu gewähren, wenn der Abnehmer die Leistung als Steuerpflichtiger und für Zwecke seiner unternehmerischen Betätigung erworben hat. Soweit eine Leistung für nicht unternehmerische Zwecke verwendet wird, erfolgt eine Besteuerung dieses Letztverbrauchs grundsätzlich nicht durch einen teilweisen Ausschluss des Vorsteuerabzugs bereits bei der Anschaffung. Die MwStSystRL sieht hierfür eine Besteuerung der privaten Nutzung des Gegenstands oder einer Dienstleistung nach Art. 26 MwStSystRL vor, durch welche der bei der Anschaffung zunächst vorgenommene volle Vorsteuerabzug entsprechend der späteren tatsächlichen Privatnutzung im Ergebnis wieder rückgängig gemacht wird.[8] Der Rat hatte Deutschland ermächtigt[9], weiterhin abweichend von den Art. 168 und 168a MwStSystRL die anf...

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