Rz. 123

§ 9 Abs. 1 UStG erwähnt seit dem 1.1.1980 mit § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG nur noch die Umsätze, welche unter das GrEStG fallen. § 9 UStG 1967/73 hatte dagegen mit der Nennung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG 1967/73 nicht nur die Umsätze, welche unter das GrEStG fallen, sondern auch die unter das Versicherungsteuergesetz oder Teil I des Kapitalverkehrsteuergesetzes fallenden Umsätze erfasst. Wegen des Wegfalls der Steuerbefreiung zum 1.1.1980 für die der Gesellschaftsteuer unterliegenden Umsätze war in § 9 UStG 1980 eine Optionsmöglichkeit für diese Umsätze entbehrlich. Die der Versicherungsteuer unterliegenden Umsätze sind von der Optionsregelung in Art. 13 Teil C der 6. EG-Richtlinie ausgenommen, sodass § 9 UStG 1980 die Regelung nach früherem Recht nicht fortführen konnte.

 

Rz. 124

Die Verzichtsmöglichkeit auf die Steuerfreiheit für Umsätze, die unter das GrEStG fallen, ist angesichts der Höhe der Vorsteuern, welche bei der Herstellung und Instandhaltung von Gebäuden regelmäßig anfallen, wirtschaftlich von besonderer Bedeutung. Die zur Vermeidung einer doppelten Belastung mit GrEStG und USt geschaffene Vorschrift des § 4 Nr. 9 UStG würde ohne Verzichtsmöglichkeit gem. § 9 UStG in der vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmerkette ihren Sinn nahezu verlieren.

 

Rz. 125

Die von Bauhandwerksunternehmern im Zusammenhang mit einem sog. Bauherren-Modell an den Bauherrn oder die Bauherrengemeinschaft erbrachten Bauleistungen sind nicht gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei, auch wenn nach grunderwerbsteuerlichen Grundsätzen der sog. Gesamtaufwand des Bauherrn der GrEStG unterliegt. Die Bauleistungen sind nämlich nicht identisch mit dem der GrEStG unterliegenden Vorgang.[1] Auch der EuGH hat in dem Urteil v. 8.7.1986[2] entschieden, dass auf die Bauleistungen keine der in der 6. EG-Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen angewandt werden kann. Eine bei diesen Vertragsgestaltungen möglicherweise eintretende Belastung der nämlichen Leistung mit USt und GrEStG verstoße nicht gegen EG-Recht. Im Urteil v. 27.11.2009[3] hat der EuGH an dieser Auffassung festgehalten. Bereits in dem Beschluss v. 26.6.1992[4] hatte der BFH festgestellt, dass eine unzulässige Doppelbesteuerung nicht vorliege, wenn Bauleistungen von Bauhandwerkern mit USt besteuert werden, obwohl sie so bei dem Erwerb eines Bauwerks in die Bemessungsgrundlage für die GrEStG eingehen. Das BVerfG hat diese Rechtsprechung als von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden bestätigt.[5]

 

Rz. 126

Nachdem der BFH in dem Urteil v. 19.12.1985[6] entschieden hat, dass im Falle der Zwangsversteigerung eine Lieferung des versteigerten Grundstücks durch den Vollstreckungsschuldner (Eigentümer) an den Ersteigerer erfolgt (kein Zwischenerwerb durch das Land, dessen Vollstreckungsorgan das Zwangsversteigerungsverfahren durchführt), kann der unternehmerische Vollstreckungsschuldner diese Lieferung des Grundstücks durch Verzicht auf die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG der USt unterwerfen, wenn beim Erwerber die sonstigen Voraussetzungen des § 9 UStG, insbesondere dessen Abs. 2, gegeben sind. Von wirtschaftlichem Interesse kann dies vor allem dann sein, wenn durch diese Option zur Steuerpflicht die Anwendung des § 15a UStG beim Vollstreckungsschuldner vermieden werden kann. Seit dem 1.1.2002 ist dieser Verzicht gem. § 9 Abs. 3 UStG nur bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin zulässig (Rz. 187ff.). Gem. § 13b Abs. 1 Nr. 3 UStG geht die Steuerschuld auf den Ersteher des Grundstücks über (Rz. 190ff.), d. h. der optierende Unternehmer ist nicht Steuerschuldner. Die USt ist dann vom Erwerber aus dem Betrag herauszurechnen, zu dem der Zuschlag gem. § 90 ZVG erfolgt. Zum Zeitpunkt der Option bei anderen Grundstücksumsätzen vgl. Rz. 131.

 

Rz. 127

Durch die Anfügung des Abs. 2 an § 9 UStG 1980 durch das Steuerbereinigungsgesetz 1985 (Rz. 10) wurde die Verzichtsmöglichkeit auf die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG eingeschränkt: Im Rahmen der Übergangsbestimmung des § 27 Abs. 5 UStG (Näheres vgl. Rz. 152ff.) i. d. F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1985 kann die gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Bestellung eines Erbbaurechts (grunderwerbsteuerbar gem. § 2 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 GrEStG) nur noch als steuerpflichtig behandelt werden, soweit der Unternehmer nachweist, dass das Grundstück weder Wohnzwecken noch anderen nichtunternehmerischen Zwecken dient oder zu dienen bestimmt ist. Mit dieser Einschränkung verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, die Lücke zu schließen, welche man nach der Einschränkung der Verzichtsmöglichkeit auf die Steuerbefreiung bei Vermietungsumsätzen durch das 2. Haushaltsstrukturgesetz zu befürchten hatte. Es bestand nämlich Grund zur Annahme, dass der Vorsteuerabzug statt durch Zwischenvermietung (Rz. 138ff.) zukünftig durch Grundstücksüberlassungen anderer Art, insbesondere durch die Bestellung von Erbbaurechten und anderer dinglicher Nutzungsrechte an zwischengeschaltete Unternehmer doch wieder erreicht werde...

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