Rz. 145

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 UStG wird nur für Leistungen gewährt, die für Luftfahrtunternehmer bewirkt werden, die

  • überwiegend grenzüberschreitende Beförderungen oder
  • Beförderungen auf ausschließlich im Ausland gelegenen Strecken durchführen.

Diese Regelung entspricht dem Begriff des "entgeltlichen internationalen Verkehrs", wie er in Art. 148e MwStSystRL verwendet wird. Von der Steuerbefreiung sind nicht nur Leistungen an Luftfahrtunternehmer erfasst, die im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Beförderungen oder mit Beförderungen im Ausland stehen. Die Steuerbefreiung kann auch für Leistungen in Anspruch genommen werden, die für Luftfahrzeuge erbracht werden, die im Binnenluftverkehr vereinzelt, überwiegend oder sogar ausschließlich eingesetzt werden, sofern der Leistungsempfänger selbst überwiegend im grenzüberschreitenden Luftverkehr tätig ist.[1] In der EuGH-Rechtssache C-382/02[2] ging es um die Frage, ob für die Steuerbefreiung nach Art. 148 Buchst. e bis g MwStSystRL entscheidend ist, ob das jeweilige Luftfahrzeug, das an eine Luftfahrtgesellschaft geliefert wird oder für welches Versorgungs- und Ausrüstungsdienstleistungen erbracht werden, im internationalen Verkehr eingesetzt wird oder ob es ausreicht, dass die Luftfahrtgesellschaft, an welche Leistungen erbracht werden, hauptsächlich im internationalen Verkehr tätig ist. Die beklagte dänische Finanzbehörde war der Auffassung, dass die Versorgungsleistungen nur steuerfrei sein können, wenn das betreffende Flugzeug für internationale Flüge eingesetzt wird. Demnach käme eine Steuerbefreiung für Leistungen für Zwecke eines Flugzeugs, das nur für Inlandsflüge eingesetzt wird, selbst dann nicht in Betracht, wenn die Luftfahrtgesellschaft selbst hauptsächlich im internationalen Verkehr tätig ist. Nach dem EuGH-Urteil kann die Steuerbefreiung nicht davon abhängig gemacht werden, wie das einzelne Flugzeug eingesetzt wird. Entscheidend ist, ob die jeweilige Luftfahrtgesellschaft hauptsächlich im entgeltlichen internationalen Verkehr tätig ist. Zu der weiteren Frage, nach welchen Kriterien zu entscheiden ist, ob eine Luftfahrtgesellschaft hauptsächlich im internationalen Verkehr tätig ist, verweist der EuGH auf die unterschiedlichen Sprachfassungen in der MwStSystRL, wo zum einen davon die Rede ist, dass die Luftfahrtgesellschaft "wesentlich" im internationalen Verkehr tätig ist, während andere Sprachfassungen insoweit den Begriff "hauptsächlich" verwenden. Daraus leitet der EuGH ab, dass eine Luftfahrtgesellschaft jedenfalls dann hauptsächlich im internationalen Verkehr tätig ist, wenn die nationalen Tätigkeiten spürbar weniger bedeutsam sind als die internationalen. Bei der Abgrenzung der Tätigkeit kann das nationale Gericht alle Faktoren berücksichtigen, die auf die relative Bedeutung der betreffenden Verkehrsart hinweisen, insbesondere aber auch die Umsatztätigkeit berücksichtigen. Insoweit kann m. E. davon ausgegangen werden, dass § 8 Abs. 2 UStG den Vorgaben der MwStSystRL entspricht. Befördert der Luftfahrtunternehmer dagegen überwiegend im Inland, sind die Leistungen an ihn nicht steuerfrei, selbst wenn diese sich im Einzelfall auf eine grenzüberschreitende Beförderungsleistung beziehen.

Da das Gemeinschaftsgebiet umsatzsteuerrechtlich zum Ausland gehört, wird die Steuerbefreiung auch für Luftfahrtunternehmen gewährt, die Luftverkehr im Gemeinschaftsgebiet durchführen. Insoweit liegt keine Abweichung zu Art. 148 Buchst. e MwStSystRL vor, die Beförderungen im internationalen Verkehr von der Steuer befreit; denn auch der Flugverkehr innerhalb der EU ist internationaler Luftverkehr. Daran hat auch nichts die Einführung des Binnenmarktes seit 1.1. 1993 geändert.[3]

 

Rz. 146

Für die Steuerbefreiung der in § 8 Abs. 2 UStG bezeichneten Umsätze kommt es daher entscheidend darauf an, dass bei dem Luftverkehrsunternehmer, an den die Leistung erbracht wird, die grenzüberschreitenden Beförderungen und die Beförderungen im Ausland die Beförderungen im Binnenluftverkehr (d. h. auf Strecken im Inland) übersteigen. Ist diese Voraussetzung erfüllt, so kommt es auf den tatsächlichen Einsatz des einzelnen Luftfahrzeugs, für das die Leistung vorgesehen ist, im internationalen Luftverkehr oder im Binnenluftverkehr, nicht an. In diesem Fall können also auch die Lieferungen und sonstigen Leistungen steuerfrei sein, die ausschließlich zum Einsatz im Binnenluftverkehr bestimmte Luftfahrzeuge betreffen. Diese Regelung dient der Vereinfachung und entspricht Art. 148 Buchst. e MwStSystRL. Ein Abstellen auf den tatsächlichen Verwendungsumfang der einzelnen Luftfahrzeuge wäre nicht praktikabel.

 

Rz. 147

Für die Frage, welcher der beiden Verkehre (grenzüberschreitender Luftverkehr oder Binnenluftverkehr) überwiegt, stellt das BMF[4] darauf ab, ob die Entgelte für die Beförderungen im internationalen Luftverkehr die Entgelte für die Beförderungen im Binnenluftverkehr übersteigen. Das Kriterium der Entgeltbemessung ist nicht unproblematisch, weil sie v...

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