Rz. 97

Die Steuerbefreiung der Lieferung von Gegenständen zur Versorgung von Seeschiffen ist neu in das UStG 1980 aufgenommen worden. Jedoch kam es auch unter der Geltung des UStG 1967/1973 nicht zu einer Besteuerung der Lieferung von Versorgungsgegenständen an Unternehmer der Seeschifffahrt, weil diese Gegenstände aufgrund einer Verwaltungsanweisung[1] als Ausrüstungsgegenstände i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 10 UStG 1967/1973 behandelt wurden. Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob der Begriff der Schiffsausrüstung auch bei extensiver Auslegung die Lieferung von Versorgungsgegenständen miteinschließt; denn das Ausrüsten eines Schiffes bedeutet nicht z. B. die Ausstattung mit Versorgungsgegenständen für die Mannschaftsverpflegung. Die Verwaltungspraxis hatte sich orientiert an dem Berufsbild des sog. Schiffsausrüsters, der die Schiffe auch mit Gegenständen der Versorgung beliefert.[2]

Eine Steuerbefreiung kommt nur in Betracht, wenn die Versorgungslieferungen unmittelbar an Betreiber von begünstigten Seeschiffen erbracht werden. Umsätze auf den vorhergehenden Stufen sind nicht steuerfrei.[3] Zwar lässt § 8 Abs. 1 Nr. 3 UStG auch die Auslegung zu, die die Finanzverwaltung vor der Entscheidung des EuGH[4] vertrat. Hier ist jedoch eine enge Auslegung geboten, weil es um Vorschriften geht, die eine Ausnahme von der Regel der Steuerpflichtigkeit im Inland getätigter Umsätze enthalten.[5]

 

Rz. 98

Von der Steuerbefreiung aufgrund von § 4 Nr. 2 i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 UStG ist die Lieferung folgender Gegenstände, die zum Verbrauch beim Betrieb des Schiffes oder zur Versorgung der Schiffsbesatzung benötigt werden, erfasst:

(1) technische Verbrauchsgegenstände, die durch den Betrieb des Schiffes veranlasst sind, z. B. Treibstoffe, Schmierstoffe, Farben, Putzmittel;
(2) Verbrauchsgegenstände, die für die Besatzung sowie für die Fahrgäste bestimmt sind, z. B. Proviant, Genussmittel, Toilettenartikel, Zeitungen und Zeitschriften, Arzneimittel sowie sonstige Gegenstände für Bordkantinen sowie Bordläden, wenn diese üblicherweise für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Besatzungsmitglieder oder die Fahrgäste an Bord bestimmt sind.
 

Rz. 99

Zur Versorgung von Seeschiffen dienen wie in Rz. 98 benannt auch Lebensmittel, Genussmittel und geringpreisige Non-Food-Artikel für den Grundbedarf der Besatzungsmitglieder und Fahrgäste, die in Bordläden verkauft werden sollen. Bis zum 31.3.2021 wurde es verwaltungsseitig auch toleriert, wenn diese Gegenstände von den Besatzungsmitgliedern oder Passagieren nicht zum sofortigen Verzehr oder Gebrauch an Bord, sondern für die Wiedereinfuhr in das Inland vorgesehen waren.[6] Inwieweit diese Gegenstände bei der Wiedereinfuhr von der Einfuhrumsatzsteuer befreit sind, richtet sich m. E. nach den entsprechenden Reisefreimengen. Die Verpachtung eines Bordladens ist steuerpflichtig (Rz. 85).

 

Rz. 100

Von der Steuerbefreiung ausgeschlossen sind die Lieferungen von

(1) Versorgungsgegenständen für andere als die in § 8 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 bezeichneten Schiffe, auch wenn es sich um ausländische Auftraggeber handelt, z. B. Privatyachten (vgl. § 8 UStG Rz. 60),
(2) Bordproviant zur Versorgung von Wasserfahrzeugen der Küstenfischerei.
 

Rz. 101

Bei der Seefischerei unterscheidet man die Hochseefischerei und die Küstenfischerei. Erstere befasst sich mit dem Fang von Meeresfischen (z. B. Schellfische, Kabeljau, Schollen, Butte, Heringe), Letztere in erster Linie mit dem Fang von Meereskleintieren (z. B. Krabben, Garnelen, Miesmuscheln und anderen Muscheln). Die Hochseefischerei i. e. S. wird das ganze Jahr hindurch mit Fischdampfern (hauptsächlich aus Bremerhaven und Cuxhaven) mittels Schleppnetzen, die Heringsfischerei als Saisongeschäft von Mai bis Dezember mit sog. Loggern (hauptsächlich aus Emden, Bremen-Vegesack, Glückstadt und Leer) mittels Schlepp- oder Treibnetzen betrieben. Im § 8 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1980 wurde die Lieferung von Bordproviant für die Küstenfischerei von der Steuerbefreiung ausgeschlossen. Zweck der neuen Regelung ist es, den Letztverbrauch innerhalb der deutschen Hoheitsgewässer mit USt zu belasten. Unter Bordproviant sind die ausschließlich zum Verbrauch an Bord durch die Besatzung und durch die Passagiere bestimmten Waren (Mundvorrat) zu verstehen.[7]

 

Rz. 102

Für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Küstenfischerei ist entscheidend, in welchen Gewässern die Fischerei betrieben wird. Danach ist Küstenfischerei die Fischerei, die in dem Gebiet des Küstenmeeres (Rz. 51) durchgeführt wird.[8] Diese Fischer fischen also überwiegend im umsatzsteuerlichen Inland, und zwar im Wattenmeer zwischen den nordfriesischen Inseln und Halligen. Der Beginn der Seefahrt wird nach § 1 Nr. 1 FlRV (Rz. 51) durch die Festland- und Inselküste bei mittlerem Hochwasser bestimmt.

 

Rz. 103

Die Steuerbefreiungsregelung des § 8 Abs. 1 Nr. 3 UStG entspricht Art. 148 Buchst. a MwStSystRL. Danach erstreckt sich die Steuerbefreiung bei Ausfuhrumsätzen und gleichgestellten Umsätzen auf Lieferungen von Gegenständen zur Versorg...

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