Rz. 62

Erwerb i. S. dieser Vorschrift bedeutet nicht, dass dieser einen umsatzsteuerlichen Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG darstellt; es genügt die Verschaffung der Verfügungsmacht, z. B. durch kostenlose Übereignung. Im letzteren Fall entfällt eine steuerfreie Ausfuhrlieferung des erworbenen Gegenstands.

 

Rz. 63

Für die Steuerbefreiung muss ebenso wie die Einfuhr auch der Erwerb zu Zwecken der Be- und Verarbeitung erfolgen (insoweit wird auf die Rz. 108 verwiesen). Die Absicht, den im Gemeinschaftsgebiet erworbenen Gegenstand in der Gemeinschaft be- oder verarbeiten zu lassen, muss im Zeitpunkt des Erwerbs vorliegen. Es ist nicht Voraussetzung, dass dieser Gegenstand zuvor aus dem Drittlandsgebiet eingeführt worden war. Die Absicht, den Gegenstand im Gemeinschaftsgebiet veredeln zu lassen, muss nicht der ausschließliche Zweck des Erwerbs gewesen sein, z. B. Umbauten an einem Kfz für eine spätere Benutzung im Linksverkehr im Drittland. Dagegen liegt i. d. R. kein Erwerb zum Zweck der Be- oder Verarbeitung vor, wenn ein Gegenstand, den ein ausländischer Abnehmer im Inland erworben hat, im Inland vor der Ausfuhr genutzt wurde und während dieser Zeit wider Erwarten repariert werden musste.[1]

 

Rz. 64

Die Verwendung des be- oder verarbeiteten Gegenstands im Gemeinschaftsgebiet ist nicht schädlich, wenn feststeht oder beabsichtigt ist, dass der Gegenstand ins Drittlandsgebiet ausgeführt werden soll und er auch tatsächlich im Gemeinschaftsgebiet nicht verbraucht wird. Da das UStG für die Steuerbefreiung eigene Voraussetzungen festlegt, ist eine Übereinstimmung mit der zollrechtlichen Behandlung, z. B. vorübergehende Verwendung, nicht zwangsläufig. Für den Erwerb von Gegenständen zur Be- oder Verarbeitung bestehen keine Zollvorschriften, weil der Erwerb und die Veredelung von Gemeinschaftswaren sowie deren Ausfuhr keine Zollbelange berühren.

 

Rz. 65

Das BMF[2] sieht die Voraussetzungen des Erwerbs im Gemeinschaftsgebiet zum Zweck der Be- oder Verarbeitung bei einem Gegenstand insbesondere als erfüllt an, wenn

  1. das Bestimmungsland für die Einfuhr des be- oder verarbeiteten Gegenstands Einfuhrabgaben, z. B. Zoll, Einfuhrumsatzsteuer, erhoben hat, die nach dem Wert des eingeführten Gegenstands, einschließlich der durch die Be- oder Verarbeitung eingetretenen Wertsteigerung, berechnet worden sind, oder
  2. der Gegenstand unmittelbar vom Lieferer an den beauftragten Unternehmer oder – im Fall der Be- oder Verarbeitung durch mehrere Beauftragte – vom vorangegangenen Beauftragten an den nachfolgenden Beauftragten gelangt ist.

Im ersteren Fall müssten bei der Einfuhr im Bestimmungsland sowohl die Erwerbs- als auch die Veredelungsrechnung der Besteuerung zugrunde gelegt werden. Die Veredelungsabsicht im Zeitpunkt des Erwerbs wird vom BMF unterstellt. Diese Absicht liegt dagegen im zweiten Fall vor, wenn die Beauftragung nicht durch den Lieferer, sondern durch den ausländischen Auftraggeber erfolgt ist. Ist der Lieferer selbst auch Auftraggeber für die Be- oder Verarbeitung, liegt eine steuerfreie Lieferung i. S. v. § 6 UStG vor.

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