Rz. 260

Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1, 3 und 3a UStG sowie die Bearbeitung oder Verarbeitung i. S. v. § 6 Abs. 1 S. 2 UStG müssen vom Unternehmer nachgewiesen werden.[1] Wie der Unternehmer die Nachweise zu führen hat, kann der BMF mit Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnung bestimmen.[2] Von dieser Ermächtigung hat der BMF in §§ 8 bis 17 UStDV Gebrauch gemacht.

 

Rz. 261

Im Gegensatz zu § 6 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1967/1973 enthält § 6 UStG keine Regelung darüber, wie der Nachweis (belegmäßig und buchmäßig) zu erbringen ist. Die entsprechende Vorschrift ist in §§ 8ff. UStDV enthalten. Dass der Gesetzgeber diese Regelung dem Verordnungsgeber überlassen hat, ist nicht zu beanstanden; insbesondere kann darin kein Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG gesehen werden.[3]

 

Rz. 262

Soweit ein Unternehmer die Steuerbefreiung als Ausfuhrlieferung nach § 4 Nr. 1a UStG in seiner Steuererklärung geltend macht, trifft ihn für die Voraussetzungen der Steuerbefreiung die Nachweislast. Nach der Regelung der UStDV muss der Nachweis als Belegnachweis[4] und als Buchnachweis[5] geführt werden.

 

Rz. 263

Um die Steuerbefreiung zu erlangen, müssen beide Nachweise vom Unternehmer erbracht sein. Sie waren nach der früher von der Rechtsprechung und Finanzverwaltung vertretenen Auffassung materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung.[6]

 

Rz. 264

Aufgrund des Vorlagebeschlusses des BFH v. 10.2.2005[7] zu der Frage, ob die Steuerfreiheit, die zweifelsfrei vorliege, allein mit der Begründung versagt werden könne, der Steuerpflichtige habe den dafür vorgeschriebenen Buchnachweis nicht rechtzeitig geführt, führte das darauf ergangene Urteil des EuGH[8] zu einer grundsätzlichen Änderung der bisherigen Rechtsauffassung. Da sich – so der EuGH – aus dem Vorlagebeschluss ergebe, dass unbestreitbar eine innergemeinschaftliche Lieferung ausgeführt worden sei, erfordere der Grundsatz der steuerlichen Neutralität, dass die Mehrwertsteuerbefreiung gewährt werde, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt seien, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt habe. Anders verhielte es sich nur, wenn der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den sicheren Nachweis verhindern würde, dass die materiellen Anforderungen erfüllt würden. Es sei nämlich wichtig, zu ermöglichen, dass Änderungen bei der Einordnung einer innergemeinschaftlichen Lieferung, die nach der Durchführung dieses Umsatzes vorgenommen würden, in der Buchführung des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden könnten. Derartige Korrekturen könnten sich im Einzelfall aufgrund von Umständen, die der Steuerpflichtige nicht zu vertreten habe, als notwendig erweisen. Demnach sei der innergemeinschaftliche Charakter einer Lieferung im Fall einer nachträglichen Korrektur der Buchführung anzuerkennen, sofern die objektiven Kriterien erfüllt seien, die den Begriffen zugrunde lägen, die diesen Umsatz definierten.

Der EuGH unterscheidet zwischen den materiellen Anforderungen der Steuerbefreiung, wie sie in § 6 Abs. 1 bis 3 UStG bestimmt sind, und den formellen Nachweispflichten.[9]

 

Rz. 265

In der Folgeentscheidung hat der BFH nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung[10] festgehalten, dass es sich bei den Nachweispflichten um eine materiell-rechtliche Voraussetzung der Steuerbefreiung handelt.[11] Durch § 6 Abs. 4 UStG i. V. m. §§ 8ff. UStDV werde – so der BFH – lediglich bestimmt, wie der Unternehmer die Nachweise zu erbringen habe. Komme der Unternehmer seinen Nachweispflichten nicht nach, sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer Ausfuhrlieferung nicht erfüllt seien. Etwas anderes gelte ausnahmsweise nur dann, wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststehe, dass die Voraussetzungen des § 6 UStG vorlägen. Dann sei die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die nach § 6 Abs. 4 UStG erforderlichen Nachweise nicht erbracht habe.[12] Zwar hat der EuGH zum Nachweis von innergemeinschaftlichen Lieferungen entschieden, doch lassen sich die dort entwickelten Grundsätze auf die Ausfuhrlieferungen nach § 6 UStG übertragen. Damit kann ein zweifelsfreier Belegnachweis Mängel beim Buchnachweis heilen (Abschn. 6.10 Abs. 3a UStAE). Nationale Maßnahmen gehen über das hinaus, was erforderlich ist, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen, wenn sie das Recht auf Umsatzsteuerbefreiung im Wesentlichen von der Einhaltung formeller Pflichten abhängig machen, ohne dass materielle Anforderungen berücksichtigt wurden und insbesondere ohne in Betracht zu ziehen, ob diese erfüllt sind. Umsätze sind nämlich unter Berücksichtigung ihrer objektiven Merkmale zu besteuern.[13].

Eine Steuerbefreiung aufgrund Vertrauensschutzes kommt demgegenüber nicht in Betracht.[14] Damit hat der Unternehmer die Möglichkeit, den Nachweis, den er nicht nach §§ 8ff. 13 und 17 UStDV führen kann, auf andere Weise zu erbringen.[15]

 

Rz. 266

Ohne Nachweis ist nicht nachvollziehbar, wie nach der ...

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