Rz. 90

Leistungsaustausch verlangt einen Leistenden und einen Leistungsempfänger. Leistungen innerhalb eines Unternehmens genügen nicht dem Leistungsbegriff von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Dies gilt insbesondere von Organschaften. Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Nur diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen i. S. d. Umsatzsteuerrechts zu behandeln.[1] Dagegen gelten Unternehmensteile einer Organschaft im Ausland im Verhältnis zu ihrem inländischen Organträger als selbstständiges Unternehmen. Lieferungen an die Organtochter im Drittlandsgebiet können als Ausfuhrlieferungen an einen ausländischen Abnehmer behandelt werden. Ist der Organträger im Ausland ansässig, wird die inländische Tochtergesellschaft ebenfalls als selbstständiges Unternehmen behandelt, die steuerfreie Lieferungen an ihren Organträger im Ausland bewirken kann. Umfasst die Organschaft eines ausländischen Organträgers mehrere im Inland ansässigen Unternehmensteile, bilden diese ein Unternehmen, wobei der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil als Unternehmer i. S. v. § 2 UStG anzusehen ist.[2] Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 11 Unterabs. 1 MwStSystRL; danach können die Mitgliedstaaten im Inland ansässige Personen, die zwar unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln.

 

Rz. 91

Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung grenzüberschreitender Organschaften wurde durch Art. 14 Nr. 2 Steuerbereinigungsgesetz 1986[3] mit Wirkung zum 1.1.1986 neu geregelt. Aufgrund der Neufassung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG sind die umsatzsteuerrechtlichen Wirkungen der Organschaft auf die im Inland gelegenen Unternehmensteile beschränkt worden. Durch Art. 14 Nr. 4 Steuerbereinigungsgesetz 1986 wurden in § 6 Abs. 2 Nr. 2 und S. 2 UStG 1980 die Worte "oder Organgesellschaft" gestrichen. Bis zum 31.12.1985 wurden die grenzüberschreitenden Organschaften wie die Zweigniederlassung behandelt. Bereits das FG Baden-Württemberg[4] vertrat den Standpunkt, dass die Organschaft keine Wirkung über die Grenze habe. Die sog. grenzüberschreitende Organschaft werde verfahrensrechtlich zu einer grenzübergreifenden Organschaft, greife in fremde Hoheitsrechte ein und widerspreche damit den Regeln des Völkerrechts und dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität.

 

Rz. 92

Betriebsstätten des Unternehmers im Drittlandsgebiet sind, wenn es sich nicht um Organgesellschaften handelt, als Teile des leistenden Unternehmers anzusehen, für die keine steuerbefreite Ausfuhrlieferungen in Betracht kommen. Betriebsstätten sind feste Geschäftseinrichtungen oder Anlagen, die der Tätigkeit des Unternehmers dienen und über einen ausreichenden Mindestbestand an Personal und Sachmitteln für die selbstständige Erbringungen von Leistungen verfügen.[5]

 

Rz. 93

Der Begriff "Zweigniederlassung" i. S. d. § 6 Abs. 2 UStG ist dem in § 12 S. 2 Nr. 2 AO und §§ 13ff. HGB verwendeten Begriff "Zweigniederlassung" gleichzusetzen. Danach ist die Zweigniederlassung keine selbstständige, von der Hauptniederlassung getrennte Rechtspersönlichkeit. Haupt- und Zweigniederlassung bilden eine rechtliche und wirtschaftliche Einheit, sind mithin ein Unternehmen.[6] Eine Zweigniederlassung muss für das Unternehmen wesentliche Geschäfte selbstständig erledigen, was sich darin äußert, dass sie eine selbstständige Leistung, ein gesondertes Geschäftsvermögen und auch eine eigene Buchführung besitzt und im Handelsregister als Zweigniederlassung eingetragen ist. Der Begriff setzt nicht voraus, dass der Unternehmer im Inland eine der Zweigniederlassung übergeordnete Hauptniederlassung unterhält.

 

Rz. 94

Da das inländische Unternehmen mit seiner Zweigniederlassung im Ausland eine Einheit bildet, trifft § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG eine Sonderregelung, nach der auch Zweigniederlassungen ausländische Abnehmer sein können. Die Umsatzsteuerbefreiung für Lieferungen an Zweigniederlassungen inländischer Unternehmer in das Drittlandsgebiet ist nicht deshalb zu versagen, weil die Zweigniederlassungen keiner Hauptniederlassung im Inland untergeordnet sind. Bestellt eine ausländische Zweigniederlassung im eigenen Namen bei einer inländischen Maschinenfabrik eine Maschine, die auch in das Drittlandsgebiet abgeholt wird, und wird die Maschine von dem inländischen Hauptbetrieb bezahlt, so bleibt die Lieferung der inländischen Maschinenfabrik trotzdem eine steuerfreie Ausfuhrlieferung, weil es unerheblich ist, wer die Rechnung bezahlt. Der inländischen Maschinenfabrik bleibt auch der Vorsteuerabzug erhalten. Für die Zweigniederlassung im Drittlandsgebiet kommt ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht. Hätte der inländische Hauptbetrieb die Maschine unmittelbar bei der inländischen Maschinenfabrik gekauft und an die ausländische Zweigniederlassung versenden lassen, so läge für die Maschinenfabrik eine steuerpflichtige Inlandslieferung vor. Der Ha...

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