Rz. 24

Verbriefte Genussrechte sind als Wertpapiere anzusehen. Die Ausgabe verbriefter Genussrechte ist daher nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG von der USt befreit. Die Ausgabe nichtverbriefter Genussrechte (z. B. an Arbeitnehmer), die ein Recht am Gewinn eines Unternehmens begründen, kann entgegen OFD Saarbrücken[1] nicht mehr als steuerbare Leistung angesehen werden (vgl. § 4 Nr. 8 Buchst. c Rz. 34).

 

Rz. 25

Die Betreiber elektronischer Börsenhandelsplattformen unterscheiden bei der Höhe des von ihnen berechneten Entgelts üblicherweise zwischen sog. passiven und aggressiven Ordern. Eine passive Order ist ein in das Handelssystem eingestelltes Angebot, das ausgeführt wird, sobald ein Marktteilnehmer bereit ist, die Angebotsbedingungen zu akzeptieren (z. B. bestimmte Aktien zu einem bestimmten Kurs an den Auftraggeber der passiven Order zu verkaufen); mit einer aggressiven Order wird ein solches im Handelssystem vorhandenes Angebot angenommen. Daher ist die passive Order für einige Zeit im System sichtbar, während die aggressive Order ein im System vorhandenes Angebot verschwinden lässt. Das Entgelt für eine passive Order ist regelmäßig niedriger als das Entgelt für eine aggressive Order, weil die Plattformbetreiber daran interessiert sind, eine große Zahl von Angeboten auf ihrer Plattform präsentieren zu können, um den Umsatz zu steigern. Wegen des starken Wettbewerbs im Börsenhandel verzichten einige Plattformbetreiber nicht nur auf die Erhebung eines Entgelts für passive Ordern, sondern belohnen ihre Kunden dafür mit einer Gutschrift. Da die Gutschrift niedriger ist als das für eine aggressive Order zu zahlende Entgelt, verbleibt dem Plattformbetreiber bei einer derartigen Transaktion ein Gewinn in Höhe der Differenz zwischen dem Entgelt für die aggressive Order und der Gutschrift für die passive Order. Über die berechneten und gutgeschriebenen Beträge erteilt der Plattformbetreiber in festen Zeitabständen eine Abrechnung ohne Umsatzsteuer, da seine Leistungen gem. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG ustfrei sind.[2] Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Leistungen von Börsen und anderen Handelsplattformen für Finanzprodukte vgl. auch BMF v. 3.5.2021.[3]

 

Rz. 26

Zu den Meldungen von Wertpapiergeschäften über ein Zentralinstitut oder ein anderes Kreditinstitut nach § 9 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) gilt Folgendes: Seit dem 1.1.1996 haben Kreditinstitute bestimmte Wertpapierhandelsgeschäfte nach dem WpHG zu melden. Ziel der Meldepflicht ist die Insiderüberwachung.[4]

Fraglich ist, ob die Meldung durch andere als den Meldepflichtigen als Nebenleistung zu dem nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerfreien Wertpapierumsatz des meldepflichtigen Instituts oder als eigenständiger steuerfreier Umsatz im Geschäft mit Wertpapieren nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG behandelt werden kann. Die Verwaltung vertritt[5] dazu im Wesentlichen folgende Auffassung:[6] Eine Meldung durch andere als den Meldepflichtigen selbst könne bereits begrifflich nicht als Nebenleistung zum steuerfreien Wertpapierumsatz des meldepflichtigen Kreditinstituts gegenüber seinem Kunden angesehen werden. Es fehle am inneren Zusammenhang zwischen der entgeltlichen Übernahme der Meldepflicht und dem einzelnen Wertpapierumsatz. Empfänger des Wertpapierumsatzes sei der Kunde, während der Empfänger des Meldeumsatzes das meldepflichtige Kreditinstitut sei. Die Meldung sei auch nicht nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG umsatzsteuerfrei. Die zu beurteilenden Umsätze seien keine banktypischen Wertpapierumsätze im eigentlichen Sinne. Sie seien als sonstige Leistungen (Serviceleistungen) der Zentral- oder anderen Kreditinstitute lediglich eine Folge des Wertpapierhandels. Aus diesem Grund seien sie – ebenso wie z. B. die Auswertung und Weiterleitung von Meldungen über die Einberufung einer Hauptversammlung nach § 128 HGB, die Versendung von Aktionärsmitteilungen oder die Anforderung von ausländischen Geschäftsberichten – umsatzsteuerpflichtig. Die Haltung der Finanzverwaltung erscheint nicht unangreifbar.[7] § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG befreit nicht nur "banktypische" Umsätze. Nach der EuGH-Rechtsprechung[8] hängt die Steuerbefreiung der Durchführung von Zahlungsvorgängen und der Wertpapierumsätze nicht von einem bestimmten Unternehmenstyp ab. Dies bedeutet, für die streitige Meldepflicht müsste – um Steuerpflicht annehmen zu können – ein innerer Zusammenhang mit einem auf dem Wertpapiermarkt bewirkten Umsatz verneint werden. Die seit 1996 bestehende Pflicht, alle Geschäfte in börsenzugelassenen Wertpapieren oder Derivaten zu melden, dürfte aber in dem geforderten inneren Zusammenhang mit dem – steuerfreien – Wertpapierhandel stehen und damit die Voraussetzungen von § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG ebenfalls erfüllen.

 

Rz. 27

Beim Handel mit sog. historischen, nicht mehr gültigen Wertpapieren, die älter als 100 Jahre sind, kommt eine Zuweisung in die Zolltarifposition 97.05 mit der Folge eines ermäßigten Steuersatzes in Betracht, und zwar dann, wenn sie als Sammlungsstücke von geschichtlichem Wert...

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