Rz. 50

Eine Kreditgewährung ist auch in der Weise möglich, dass der Darlehensnehmer eine fällige Forderung erst später begleichen muss. Bei der Herstellung von Bauwerken oder Straßenbauwerken sind die zu berechnenden Bauzeitzinsen Entgeltsteil für die steuerpflichtige Bauleistung und kein Entgelt für eine selbstständige steuerfreie Kreditleistung.[1] Bauzeitzinsen sind die Zinsen, die der Bauherr dem Bauunternehmer dafür zahlt, dass der Werklohn erst nach Fertigstellung des Bauwerks fällig wird und nicht bereits nach Baufortschritt.

 

Rz. 51

Der im Wege öffentlicher Versteigerung vorgenommene Verkauf eines Pfands führt zu einer Lieferung des Pfandleihers an den Erwerber. Von daher kann die Verwertung von Pfandobjekten nicht Teil einer steuerfreien Kreditgewährung nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG sein.[2]

 

Rz. 52

Schreibt eine Winzergenossenschaft den in ihr zusammengeschlossenen Winzern für Lieferungen jeweils Teilbeträge gut, über die diese vom Zeitpunkt der Gutschrift an verfügen können, so handelt es sich um eine steuerfreie Kreditgewährung der Winzer an die Genossenschaft, wenn diese für nicht abgehobene Beträge Zinsen gutschreibt.[3]

 

Rz. 53

Die Unterhaltung von Giro-, Bauspar- und Sparkonten begründet für sich allein nicht die Unternehmereigenschaft einer natürlichen Person. In solchen Fällen liegen nach der Verkehrsauffassung Leistungen im wirtschaftlichen Sinne nicht vor. Von daher kann hierin auch keine steuerfreie (unternehmerische) Kreditgewährung gesehen werden.[4]

 

Rz. 54

Nicht zum Leistungsaustausch einer Kreditgewährung gehören Zinsen, die zwar als solche bezeichnet werden, jedoch als Schadensersatz zu behandeln sind. Dies gilt etwa für Mahngebühren oder Mahnkosten, die ein Unternehmer von säumigen Zahlern erhebt. Ebenso sind Verzugszinsen, Fälligkeitszinsen und Prozesszinsen[5] als Schadensersatz zu behandeln. Das Gleiche gilt für Nutzungszinsen, die z. B. nach § 641 Abs. 4 BGB von der Abnahme des Werks an erhoben werden. Als Schadensersatz sind auch die nach den Art. 48 und 49 Wechselgesetz sowie nach den Art. 45 und 46 Scheckgesetz im Falle des Rückgriffs zu zahlenden Zinsen, Kosten des Protestes und Vergütungen zu behandeln.[6]

 

Rz. 55

Ein rechtsfähiger Verein, der u. a. für die ihm als Mitglieder verbundenen Ärzte, soweit sie eine Privatpraxis betreiben, Rechnungen erstellt und ihnen Vorschüsse auf die zur Abrechnung eingereichten Honorarforderungen gewährt und von seinen Mitgliedern Kosten deckende Verwaltungsgebühren erhebt, tätigt mit den Vorschüssen keine steuerfreie Kreditgewährung, wenn dafür keine selbstständige Gegenleistung erbracht wird.[7]

Eine von der ärztlichen Verrechnungsstelle als zusätzliche Leistung angebotene "Vorfinanzierung" von Honorarforderungen, die von den Kunden optional in Anspruch genommen werden kann, nur für einen Teil der Kunden von wirtschaftlichem Interesse ist und die zwar pauschal, aber gesondert bepreist und abgerechnet wird, ist eine selbstständige Leistung, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfrei ist. Die Vorfinanzierung ist kein (steuerpflichtiger) Teil der Leistung "Forderungsmanagement".[8]

 

Rz. 56

Kreditleistungen im sog. Unfallhilfegeschäft sind im Regelfall gegenüber der Vermietungsleistung eigenständige Leistungen, die umsatzsteuerrechtlich nicht das Schicksal der Vermietungsleistung teilen. Die Angabe des Jahreseffektivzinses in Kreditverträgen ist keine Voraussetzung für die Steuerfreiheit der Kreditgewährung, sofern der Kreditvertrag zivilrechtlich wirksam ist.[9]

Rz. 57 einstweilen frei

 

Rz. 57a

Die deutschen Banken und Kreditinstitute sind gesetzlich verpflichtet, die Einlagen ihrer Kunden durch Einlagensicherungsmaßnahmen zu sichern. Hierzu schließen sich die Institute entsprechenden Sicherungseinrichtungen als Mitglied an und nehmen Einzahlungen in die Einlagensicherungsfonds vor. Nach der Verwaltungsauffassung erfolgen Zahlungen (z. B. Beiträge, Umlagen, Nachschüsse), die von Bank- und Kreditinstituten an Sicherungseinrichtungen zur Finanzierung der Sicherungsfonds geleistet werden, unabhängig von der Art der Rechtsform der Sicherungseinrichtung im Rahmen eines steuerbaren Leistungsaustausches zwischen den jeweiligen Sicherungseinrichtungen und den Mitgliedern. Der Leistungsaustausch liegt insbesondere darin begründet, dass die Sicherungseinrichtungen den Kreditinstituten eine indirekte Schutz- und Entschädigungszusage gegenüber deren Kunden gewähren. Die Zahlungen der Institute an die Sicherungseinrichtungen sind hierbei das Entgelt und folglich die Gegenleistung für die Schutz- und Entschädigungszusage der Sicherungseinrichtung. Die Schutz- und Entschädigungszusagen (z. B. Garantien, Bürgschaften und ggf. Darlehen) der jeweiligen Sicherungseinrichtungen an ihre Mitglieder sind unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 8 Buchst. a (Kreditvergabe) und Buchst. g (Bürgschaften, Garantiezusagen und -verpflichtungen) UStG aber steuerfrei.[10]

[1] FinMin Mecklenburg-Vorpommern v. 31.5.1995, IV 320 – S 7100 – 60/93, UR 1995, 492.

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