Rz. 23

§ 4 Nr. 7 UStG beruht auf Art. 151 MwStSystRL.[1] Diese Vorschrift geht zurück auf Art. 15 Nr. 10 der 6. EG-Richtlinie zur Harmonisierung der USt (77/388/EWG) v. 17.5.1977[2] in der ab 1.1.1993 geltenden Fassung. Diese Fassung ergibt sich aus den Änderungen durch

  • Art. 1 Nr. 15 und 16 der Richtlinie 91/680/EWG v. 16.12.1991[3],
  • Art. 1 Nr. 9 vierter und fünfter Spiegelstrich der Richtlinie 92/111/EWG v. 14.12.1992.[4]

Art. 151 MwStSystRL war wiederum durch Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 2009/162/EU des Rates v. 22.12.2009 zur Änderung verschiedener Bestimmungen der MwStSystRL[5] geändert worden. Die Steuerbefreiung wurde damit jeweils auf Europäische Institutionen einschl. der geschaffenen Einrichtungen der EG beschränkt, auf die das Protokoll v. 8.4.1965 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften anwendbar ist. Aus dem Protokoll ergibt sich bereits eine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten zur Entlastung der Einfuhren bzw. der Eingangsumsätze dieser Europäischen Institutionen, sodass den Neuregelungen folglich nur deklaratorische Bedeutung zukam und eine ausdrückliche Umsetzung in nationales Recht nicht erforderlich war.

Schließlich war Art. 151 MwStSystRL durch die Richtlinie 2019/2235[6] geändert worden, mit der eine der bisherigen Steuerbefreiung der Umsätze an Streitkräfte der NATO-Vertragspartner für Zwecke der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung (und deren Einfuhren) vergleichbare Steuerbefreiung geschaffen wurde für den Fall, dass die Streitkräfte eines EU-Mitgliedstaats an Maßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) gem. Titel V Kap. 2 Abschn. 2 des EU-Vertrags beteiligt sind. Art. 151 Abs. 1 MwStSystRL erhielt die neuen Buchst. ba und bb. Die EU-Mitgliedstaaten müssen die Regelungen zum 1.7.2022 in nationales Recht umsetzen. Unter Verteidigungsanstrengungen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der GSVP unternommen werden, fallen militärische Missionen und Operationen, Tätigkeiten von Gefechtsverbänden, der gegenseitige Beistand, Projekte im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (SSZ) sowie Tätigkeiten der Europäischen Verteidigungsagentur (European Defence Agency — EDA). Ausgenommen davon sind Tätigkeiten im Rahmen der Solidaritätsklausel nach Art. 222 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und andere bilaterale oder multilaterale Tätigkeiten der Mitgliedstaaten, die nicht mit Verteidigungsanstrengungen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der GSVP unternommen werden, in Zusammenhang stehen.

 

Rz. 24

Art. 151 MwStSystRL ist – im Gegensatz zu den verpflichtenden Befreiungsvorschriften, z. B. Art. 132 MwStSystRL – im Kern eine deklaratorische Befreiungsvorschrift. Sie sichert insoweit unionsrechtlich etwaige Rechtsnormen ab, die in den Mitgliedstaaten über die Steuerentlastung (in der Form einer Steuerbefreiung oder Steuererstattung) von Lieferungen und Dienstleistungen aufgrund völkerrechtlicher Verträge oder darüber hinausgehender innerstaatlicher Regelungen bestehen. I. d. S. erlaubt die Richtlinienvorschrift den Mitgliedstaaten, die in den geregelten Anwendungsbereichen gewährten Steuerentlastungen (in der Form einer Steuerbefreiung oder Steuererstattung) solange fortzuführen, bis in der EU eine einheitliche Steuerregelung getroffen ist.

 

Rz. 25

Nach Art. 151 MwStSystRL sind sowohl inländische als auch grenzüberschreitende Lieferungen und Dienstleistungen (sonstige Leistungen) von der USt entlastet. Die Regelung befreit also z. B. auch innergemeinschaftliche Lieferungen (mit Ausnahme neuer Fahrzeuge) an die begünstigten Einrichtungen. Dies hängt damit zusammen, dass es im Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten seit der Errichtung des EU-Binnenmarkts zum 1.1.1993 begrifflich keine Ausfuhren und Einfuhren mehr gibt.

 

Rz. 26

Bis zum 31.12.1992 war z. B. die Lieferung von Gegenständen an die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats stationierten Streitkräfte anderer NATO-Vertragsparteien im Ursprungsmitgliedstaat als Ausfuhrlieferung steuerfrei und bei der Einfuhr in den Bestimmungsmitgliedstaat gem. Art. 14 Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit gewesen. Durch die unmittelbare Steuerbefreiung in Anwendung von Art. 151 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL wurde der bis zum 31.12.1992 geltende Rechtszustand eines unbelasteten Endverbrauchs somit im Ergebnis beibehalten.

 

Rz. 27

Seit dem 1.1.1993 richtet sich die Steuerbefreiung nach den vom Aufnahmemitgliedstaat (Gastmitgliedstaat) festgelegten Voraussetzungen und nicht mehr nach den Bedingungen des Mitgliedstaats, in dem die Leistung erbracht wird. Gastmitgliedstaat ist der EU-Mitgliedstaat, in dem die von Art. 151 MwStSystRL begünstigte Einrichtung ansässig ist. Für die Steuerbefreiung im Ursprungsmitgliedstaat sind also allein die materiellen Voraussetzungen der Steuerbefreiung maßgeblich (d. h. ob überhaupt eine Steuerbefreiung zu gewähren ist) und die Beschränkungen der Steuerbefreiung (z. B....

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