Rz. 8

§ 4 Nr. 6 Buchst. e UStG war durch Gesetz v. 23.6.1998[1] neu in das Gesetz aufgenommen worden, und zwar mWv 27.6.1998 (Art. 9 Abs. 1 des Änderungsgesetzes). Mit der Neuregelung sollte den (umsatzsteuerrechtlichen) Auswirkungen der EuGH-Rechtsprechung[2] insbesondere für den Bereich des Fährverkehrs an Bord von Seeschiffen, für den für inländische Unternehmer Wettbewerbsnachteile befürchtet wurden, entgegengewirkt werden. Andere Wirtschaftsbereiche, insbesondere der Bereich von Luftverkehrsunternehmen, klingen hinsichtlich der Zielstellungen der Neuregelung von § 4 Nr. 6 Buchst. e UStG demgegenüber nicht an. Neben dem mit dem Wort "insbesondere" herausgestellten Fährverkehr‚ sind keine anderen Unternehmensbereiche herausgestellt.[3]

 

Rz. 9

Durch Gesetz v. 20.12.2008[4] wurde in S. 1 der Vorschrift der Klammerzusatz "(§ 3 Abs. 9 S. 4)" gestrichen, und zwar mWv. 29.12.2007. Die Streichung war redaktionelle Folge dessen, dass durch Art. 8 Nr. 3 JStG 2008 die S. 4 und 5 in § 3 Abs. 9 UStG aufgehoben wurden. Aufgrund dieser Aufhebung richtet sich auch im Bereich der Restaurationsumsätze die Abgrenzung zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen nach den für alle einheitlichen Leistungen geltenden allgemeinen umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen: Überwiegen die Lieferelemente qualitativ, handelt es sich insgesamt um eine Lieferung. Bei einem qualitativen Überwiegen der Elemente einer sonstigen Leistung wird dagegen insgesamt eine sonstige Leistung angenommen. Der wirtschaftliche Gehalt der Leistung muss im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ermittelt werden. Diese Rechtsänderung diente nach der Gesetzesbegründung[5] nur der Klarstellung, da die Verwaltung in der Vergangenheit § 3 Abs. 9 S. 4 und 5 UStG bereits i. S. d. BFH-Rechtsprechung unionsrechtskonform ausgelegt und angewendet habe.

 

Rz. 10

Im Vorgriff auf die Einführung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 6 Buchst. e UStG hatten die obersten Finanzbehörden der Länder Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Abstimmung im Benehmen mit dem BMF eine Billigkeitsregelung für Restaurationsumsätze auf Seeschiffen getroffen.[6] Danach wurde im Verkehr zwischen einem inländischen und einem ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen die USt für Restaurationsumsätze an Bord von Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht erhoben. Als inländische Seehäfen sollten auch die Freihäfen und die Häfen der Insel Helgoland gelten. Die Regelung umfasste die entgeltliche und unentgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle an Passagiere und Arbeitnehmer sowie den Eigenverbrauch von Speisen und Getränken an Bord des Seeschiffes, sofern die Abgabe eine selbstständige Leistung ist.

 

Rz. 11

Eine ähnliche Regelung war 1994 für die sog. Butterschiffe (Ausflugsschifffahrt auf der Nord- und Ostsee) getroffen worden. Damals wurde im Verwaltungsweg durch einen mit dem BMF abgestimmten gemeinsamen Erlass der Küstenländer[7] die bis zum 31.12.1992 geltende Befreiung von EUSt ab 1993 durch eine Umsatzsteuerbefreiung für Lieferungen von nicht zum Verzehr an Ort und Stelle bestimmten Gegenständen auf den sog. Butterschiffen ersetzt. Die Befreiung galt bis zum Auslaufen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 6 Buchst. b UStG zum 30.6.1999 (sog. Tax-free-Regelung). Unter Berücksichtigung des Vertrauens der Unternehmer der Ausflugsschifffahrt auf den Fortbestand der bis zum 31.12.1993 geltenden Rechtslage und der daraufhin von diesen Unternehmern getätigten Investitionen wurden nach der Übergangsregelung der Küstenländer die Lieferungen an Bord von Schiffen mit der Maßgabe als umsatzsteuerfrei behandelt, dass der Umfang der Steuerbefreiung sich nach der am 31.12.1993 geltenden Fassung des § 3 Abs. 5 i. V. m. § 2 Abs. 1 oder i. V. m. § 3 Abs. 4 S. 1 Einreise-Freimengen-Verordnung v. 7.12.1974, BGBl I 1974, 3377 richtet. Voraussetzung war, dass es sich um eine innergemeinschaftliche Beförderung handelte, die im inländischen Abgangshafen oder in einem anderen inländischen Hafen endete.

[1] Art. 4 Nr. 3 Buchst. b des Gesetzes zur Datenermittlung für den Verteilungsschlüssel des Gemeindeanteils am Umsatzsteueraufkommen und zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 23.6.1998, BGBl I 1998, 1496, BStBl I 1998, 873; zur amtlichen Begründung vgl. BT-Drs. 13/1686, 59.
[2] EuGH v. 2.5.1996, C-231/94, Faaborg/Gelting Linien, BStBl II 1998, 282.
[3] FG Berlin-Brandenburg v. 14.2.2013, 7 K 7070/09, EFG 2013, 973; nachfolgend BFH v. 27.2.2014, V R 14/13, BFH/NV 2014, 1168.
[4] Art. 8 Nr. 4 Buchst. a des Jahressteuergesetzes 2008 (JStG 2008) v. 20.12.2007, BGBl I 2007, 3150.
[5] BR-Drs. 544/07, BT-Drs. 16/6290.
[6] FinMin Niedersachsen v. 1.12.1997, S 7100-279-32, UR 1998, 164.
[7] FinMin Schleswig-Holstein v. 21.4.1994, VI 360a-S 7056-211, UR 1994, 447.

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