Rz. 18

Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass es sich um eine Beförderungsleistung handelt. Beförderungsleistungen erbringt, wer eine Tätigkeit ausübt, die auf die räumliche Fortbewegung von in seiner Obhut und Verantwortung befindlichen Personen (oder Gütern) zwischen einem Anfangspunkt (Beginn der Beförderung) und einem Endpunkt (Ende der Beförderung) gerichtet ist.[1] Befördern ist die räumliche Fortbewegung von Personen oder Gegenständen, wobei die Art des Beförderungsmittels nicht von Bedeutung ist.[2] Beförderer ist derjenige, der die Beförderung durchführt. Der Zweck der Raumüberwindung ist bedeutungslos. Deshalb stellen auch Vergnügungsfahrten Beförderungen dar. Der Beförderung liegt regelmäßig ein Beförderungsvertrag zugrunde, wonach der Beförderer eine Beförderung zu einer bestimmten Zeit auf einer bestimmten Strecke schuldet und für die vertragsgemäße, insbesondere rechtzeitige Beförderung verantwortlich ist.[3]

Die Beurteilung als Beförderungsleistung ist nach der Rechtsprechung weiter nicht deswegen ausgeschlossen, weil dem Kunden während der Beförderung zusätzliche Annehmlichkeiten geboten werden. So beeinflusst z. B. die Qualität der Verpflegung und Unterbringung auf einem Schiff grundsätzlich nicht die Art der Personenbeförderung, sondern nur die Umstände, unter denen sie durchgeführt wird.[4]

 

Rz. 19

Der entgeltlichen Personenbeförderung ist nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG die unentgeltliche Wertabgabe durch den Unternehmer in Form einer unentgeltlichen Personenbeförderung für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals gleichgestellt, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.[5] Der Ort dieser unentgeltlichen Wertabgabe liegt nach § 3f UStG abweichend von § 3b Abs. 1 und § 7 UStDV dort, wo der Unternehmer seinen Sitz oder eine Betriebsstätte hat, von der aus die Wertabgabe ausgeführt wird. Aus dieser Gleichstellung folgt, dass auch eine unentgeltliche Personenbeförderung i. S. d. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG zu den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen gehört[6] und damit nach § 4 Nr. 6 Buchst. d UStG steuerfrei sein kann, wenn sie steuerbar ist.

 
Praxis-Beispiel

Ein Unternehmer mit Sitz in Hamburg, der einen Fährdienst an der deutschen Nordseeküste betreibt, schenkt einem Angestellten einen Wochenendurlaub auf Helgoland, der eine Fahrt mit der Bahn von Hamburg nach Cuxhaven, eine Fahrt mit dem firmeneigenen Fährschiff von Cuxhaven nach Helgoland und eine Hotelunterkunft auf Helgoland umfasst.

Die unentgeltliche Wertabgabe in Form der Personenbeförderung von Cuxhaven nach Helgoland und zurück unterliegt nicht der Sonderregelung für Reiseleistungen[7], sondern der Regelbesteuerung, da es sich um eine Leistung mit eigenen Mitteln handelt. Sie ist nach § 4 Nr. 6 Buchst. d UStG steuerfrei. Hätte der Unternehmer seinen Sitz im Ausland, z. B. in Dänemark, wäre die unentgeltliche Wertabgabe nicht im Inland steuerbar.

 

Rz. 20

Diese Beurteilung wird m. E. auch durch das EuGH-Urteil v. 8.5.2003[8] nicht infrage gestellt. In dem Urteil hat der EuGH entschieden, dass die Privatnutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstücks durch Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie[9] zwar einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt und damit steuerbar ist, dadurch aber nicht eine nach Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie[10] steuerfreie Vermietung von Grundstücken fingiert wird. Die aus Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL herzuleitende Gleichstellung einer unentgeltlichen Personenbeförderung mit einer entgeltlichen – und damit steuerbaren – Personenbeförderung wird dadurch jedoch nicht berührt.

 

Rz. 21

§ 4 Nr. 6 Buchst. d UStG begünstigt nur die Beförderung von Personen. Güterbeförderungen (Beförderungen von Gegenständen) fallen nicht unter die Begünstigung, es sei denn, es handelt sich um (unselbstständige) Nebenleistungen zur Personenbeförderung. Leichen und Tiere sind keine Personen, sondern Gegenstände. Stellt sich die Beförderung von Gegenständen als unselbstständige Nebenleistung zu einer Personenbeförderung dar, fällt sie ebenfalls unter die Steuerbefreiung. Die Beförderung von Gegenständen zwischen einem inländischen Seehafen und der Insel Helgoland fällt zwar nicht unter § 4 Nr. 6 Buchst. d UStG, sie kann allerdings unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 3 Buchst. a UStG steuerfrei sein, da es sich hierbei um eine grenzüberschreitende Beförderung handelt.

 

Rz. 22

Da nur Personenbeförderungen begünstigt sind, kommt auch eine Steuerbefreiung für die Vermietung oder Vercharterung von Schiffen für Zwecke des Schiffsverkehrs von und nach Helgoland nach § 4 Nr. 6 Buchst. d UStG nicht in Betracht. Solche Leistungen können aber unter den Voraussetzungen von § 8 UStG steuerbefreit sein.

 

Rz. 23

Die Steuerbefreiung erstreckt sich auch auf (unselbstständige) Nebenleistungen, die der Beförderer zusammen mit einer steuerfreien Personenbeförderung erbringt. Das gilt auch dann, wenn für die Nebenleistung ein besonderes Entgelt verlangt und entrichtet wird.[11] ...

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