Rz. 39

Durch das Betreuungsgesetz v. 12.9.1990[1] wurden mWv 1.1.1992 die Gebrechlichkeitspflegschaft und die Entmündigung abgeschafft. Seither kann das Amtsgericht auf Antrag oder von Amts wegen für Volljährige, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können, einen Betreuer bestellen. Einzelbetreuer, die Betreuungen nicht berufsmäßig durchführen, betreuen nur eine oder wenige Personen und üben regelmäßig neben der Betreuungstätigkeit noch einen Hauptberuf aus. Grundsätzlich erhalten derartige Einzelbetreuer lediglich Ersatz für die tatsächlich entstandenen Aufwendungen.[2] Zur Abgeltung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz erhalten diese Einzelbetreuer auf Verlangen als Aufwandsentschädigung für jede betreute Person einen Betrag, der für ein Jahr dem Vierundzwanzigfachen dessen entspricht, was einem Zeugen als Höchstbetrag der Entschädigung für eine Stunde versäumter Arbeitszeit gewährt werden kann.[3] In derartigen Fällen sind die Leistungen dieser Einzelbetreuer zwar eine unternehmerische Tätigkeit, aber als ehrenamtliche Tätigkeit nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG steuerfrei. In Ausnahmefällen kann der Einzelbetreuer, der Betreuungen nicht berufsmäßig durchführt, nach § 1908i Abs. 1 i. V. m. § 1836 BGB eine Vergütung erhalten, wenn der Umfang oder die Schwierigkeit der Betreuung dies rechtfertigt und der Betreute nicht mittellos ist. Erhält dieser Einzelbetreuer eine Vergütung, wird die Betreuungstätigkeit nicht mehr ehrenamtlich ausgeübt. Erhält ein Einzelbetreuer, der Betreuungen nicht berufsmäßig durchführt, für seine Betreuungsleistungen, die zu seinem Gewerbe oder seinem Beruf gehören, Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 3 BGB, fällt diese Leistung ebenfalls nicht unter die Befreiung nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG.

 

Rz. 39a

Seit dem 1.7.2013 sind nach § 4 Nr. 16 Buchst. k UStG Leistungen von Einrichtungen steuerfrei, die als Betreuer nach § 1896 Abs. 1 BGB bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1908i Abs. 1 i. V. m. § 1835 Abs. 3 BGB vergütet werden. Die Steuerbefreiung erfasst grundsätzlich die nach §§ 1896ff. BGB erbrachten Betreuungsleistungen und insbesondere solche, die von Vereinsbetreuern und Betreuungsvereinen, aber auch solche, die von Berufsbetreuern erbracht werden. Leistungen, die nach § 1908i Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 1835 Abs. 3 BGB vergütet werden (Dienste, die zum Gewerbe oder Beruf des Betreuers gehören), fallen nicht unter die Steuerbefreiung, da es sich hierbei nicht um Betreuungsleistungen im eigentlichen Sinne handelt, z. B. wenn der Betreuer als Rechtsanwalt den Betreuten in einem Prozess vertritt, oder als Steuerberater die Steuererklärung für den Betreuten anfertigt.[4] Nach § 4 Nr. 25 S. 3 Buchst. c UStG sind ab dem 1.7.2013 auch die Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 BGB oder als Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB bestellt worden sind, steuerfrei.

 

Rz. 40

Ein Berufsbetreuer führt im Gegensatz zum Einzelbetreuer regelmäßig eine Vielzahl von Betreuungsleistungen aus. Die Feststellung, dass die Betreuung berufsmäßig geführt wird, trifft im Einzelfall das zuständige Gericht. Die Voraussetzungen für eine berufsmäßige Führung von Betreuungen liegen im Regelfall vor, wenn der Betreuer mehr als zehn Betreuungen führt oder die zur Führung der Betreuungen erforderliche Zeit voraussichtlich 20 Wochenstunden nicht unterschreitet oder wenn zu erwarten ist, dass diese Voraussetzungen in absehbarer Zeit vorliegen werden. Der Berufsbetreuer hat Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Betroffenen. Weiterhin werden ihm vom Vormundschaftsgericht regelmäßig Vergütungen nach § 1908i Abs. 1 i. V. m. § 1836 Abs. 2 BGB bewilligt. Für die Bemessung der Vergütung spielen nicht nur der Auslagenersatz und die Zeitversäumnis eine Rolle, sondern auch der Schwierigkeitsgrad des Betreuungsfalls. Durch diese volle und leistungsgerechte Entschädigung geht ein entscheidendes Merkmal der ehrenamtlichen Tätigkeit verloren. Im Fall des Berufsbetreuers wird die Betreuungstätigkeit daher nicht ehrenamtlich ausgeübt.[5]

 

Rz. 41

Das Zivilrecht geht zwar vom Leitbild des ehrenamtlich tätig werdenden Betreuers aus. Darunter wird aber das unentgeltliche Tätigwerden bzw. das Tätigwerden gegen bloßen Aufwendungsersatz i. S. d. §§ 1835, 1836a BGB verstanden.[6] Ein Betreuer ist aber nur dann ehrenamtlich i. S. d. § 4 Nr. 26 UStG und damit umsatzsteuerfrei tätig, wenn und soweit er seine Leistungen unentgeltlich oder lediglich gegen Aufwendungsersatz, ohne dass dabei Arbeitszeit bzw. Zeitaufwand vergütet wird, erbringt. Die Betreuung wird entgeltlich geführt, wenn eine Vergütung gem. § 1836 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB gewährt wird.[7] Der Anspruch auf Aufwendungsersatz des (umsatzsteuerpflichtigen) Berufsbetreuers umfasst auch die Erstattung der von ihm auf die verauslagten Beträge zu entrichtende USt.[8]

 

Rz. 42

Die Betreuungsleistungen ei...

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