Rz. 7

Die Regelung in § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG beruht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL. Die Richtlinienkonformität von § 4 Nr. 21 UStG ist eher zweifelhaft.[1]

 

Rz. 8

Zweck von § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG ist die gesetzliche Normierung dessen, was zunächst nur als Verwaltungsanweisung in Abschn. 112a UStR 1996 geregelt war; nämlich auch die Erteilung von Unterricht durch selbstständige Lehrer an Schulen und Hochschulen von der USt zu befreien.[2] Eine vergleichbare Befreiung verlangt auch das Unionsrecht in Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL. Danach müssen die EU-Mitgliedstaaten den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht von der USt befreien. Bei der gebotenen engen Auslegung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL könnte § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG insoweit gegen diese Bestimmung verstoßen, als Unterricht auch dann steuerbefreit ist, wenn er nicht an Schulen, sondern an "anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen" erbracht wird. Der BFH ging von einem entsprechenden Richtlinienverstoß aus.[3] Dies war schon deshalb zweifelhaft, weil der Schul- und Hochschulbegriff in Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL ein unionsrechtlicher ist, der nicht (und schon gar nicht allein) mit den Definitionen deutschen Rechts abgegrenzt werden kann.[4]

Beachtlich ist, dass sich die deutsche Sprachfassung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL vom Wortlaut aller anderen Sprachfassungen insoweit unterscheidet, als in den anderen Sprachfassungen die in dieser Bestimmung genannte Befreiung nicht unmittelbar auf den "Schul- und Hochschulunterricht", sondern auf einen damit zusammenhängenden Begriff abstellt, der z. B. im Französischen mit den Worten "leçons ... portant sur" (Unterrichtseinheiten, die sich auf ... beziehen) ausgedrückt ist. Die Bestimmung ist daher unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass steuerfrei die Unterrichtseinheiten sind, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen. Die Steuerbefreiung umfasst Tätigkeiten, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studierenden zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben. Dass die einzelne Unterrichtseinheit des jeweiligen Privatlehrers der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommen müsste, scheint deshalb nicht erforderlich zu sein; es dürfte deshalb vielmehr ausreichen, dass sich seine Unterrichtseinheit auf einen Schul- oder Hochschulunterricht bezieht.[5]

Aufgrund von Unterschieden in den verschiedenen Sprachfassungen von Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL erfasst die Steuerfreiheit nach der EuGH-Rechtsprechung "Unterrichtseinheiten, die von Unterrichtenden ... erteilt werden und sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen", wobei diese Unterrichtseinheiten "die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler oder Studierende im Rahmen einer Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit einschließen". Unerheblich ist dabei, dass Buchst. j anders als Buchst. i des Art. 132 MwStSystRL neben dem Schul- und Hochschulunterricht nicht ausdrücklich die Aus- und Fortbildung erwähnt. Es besteht auch keine Beschränkung auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung oder zur Erlangung einer Qualifikation führt oder der eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt; vielmehr kann der Unterricht auch andere Tätigkeiten einschließen. Dementsprechend hat der BFH bereits ausdrücklich entschieden, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL auch Unterrichtseinheiten erfasst, die sich auf Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung beziehen, sodass danach z. B. auch Supervisionsleistungen steuerfrei sein können. Auf die Anforderungen, die der EuGH an die Steuerfreiheit des Schul- und Hochschulunterrichts i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL stellt, kommt es für den gesondert zu betrachtenden Bereich der Aus- und Fortbildung nicht an.[6]

 

Rz. 9

Im Fall eines Volkshochschullehrers, der – als Unternehmer – auf Honorarbasis für das Land Berlin tätig war und Volkshochschulkurse (Keramik- und Töpferkurse) abhielt, hat der EuGH entschieden, dass die Begriffe "Schule" und "Hochschule" nicht mit nationalen Auslegungskriterien beschrieben werden können, sondern es sich um unionsrechtliche Begriffe handele, die mit Mitteln des Unionsrechts auszulegen sind.[7] Danach ist "Schul- und Hochschulunterricht" nicht auf Unterricht beschränkt, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern er schließt (auch) andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Stud...

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