Rz. 95

Die privatrechtlich selbstständige Tätigkeit eines Sozialarbeiters für einen gemeinnützigen, umsatzsteuerbefreiten Verein, der Erziehungshilfen in Konfliktfällen in einem Projekt für Kinderhilfen, Jugendhilfen und Familienhilfen im Auftrag des Jugendamts nach den §§ 27 bis 41 SGB VIII durchführt, ist nicht aufgrund unmittelbarer Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g und h MwStSystRL steuerbefreit, wenn es an der Voraussetzung der Anerkennung als Einrichtung mit im Wesentlichen sozialem Charakter mangelt.[1]

 

Rz. 96

Im Zivildienst erfüllen anerkannte Kriegsdienstverweigerer Aufgaben, die dem Allgemeinwohl dienen, vorrangig im sozialen Bereich. Die Dienstpflichtigen leisten den Zivildienst hauptsächlich in einer dafür anerkannten Beschäftigungsstelle, in einer Zivildienstschule oder in einer Zivildienstgruppe (Dienststelle). Eine solche Beschäftigungsstelle kann auf Antrag anerkannt werden, wenn sie insbesondere Aufgaben im sozialen Bereich, im Bereich des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege durchführt; überwiegend sollen Beschäftigungsstellen des sozialen Bereichs anerkannt werden.[2] Gemäß § 6 ZDG sorgen die Beschäftigungsstellen auf ihre Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung der Dienstleistenden. Sie tragen auch die ihnen aus der Beschäftigung der Dienstleistenden entstehenden Verwaltungskosten. Ferner zahlen die Beschäftigungsstellen für den Bund den Dienstleistenden die diesen zustehenden Geldbezüge. Den Beschäftigungsstellen wird der Aufwand für den sog. Mobilitätszuschlag in voller Höhe und für die übrigen Geldbezüge i. H. v. 70 % vierteljährlich nachträglich erstattet. Ein steuerbarer Leistungsaustausch zwischen dem Bund und den Beschäftigungsstellen wurde bisher nicht angenommen.

 

Rz. 97

Etwas anderes gilt für Leistungen nach § 5a ZDG. Danach können Dienststellen mit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben beauftragt werden. Der BFH hat mit Urteil v. 23.7.2009[3] entschieden, dass die von einem Mitglied eines anerkannten Verbands der freien Wohlfahrtspflege gegenüber dem Bundesamt für Zivildienst erbrachten Verwaltungsaufgaben nach § 5a Abs. 2 ZDG eine entgeltliche Leistung darstellen. Diese Leistungen, auch soweit sie dazu dienen, dass Zivildienstleistende für amtliche Beschäftigungsstellen im sozialen Bereich tätig sind, sind zwar nicht nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei. Denn die Leistungen kommen den bedürftigen Personen, die durch die Zivildienstleistenden betreut wurden, nur mittelbar zugute. Leistungen, die ein Verein aufgrund eines nach § 5a Abs. 2 ZDG abgeschlossenen Vertrags erbringt und die dazu dienen, dass Zivildienstleistende für amtliche Beschäftigungsstellen im sozialen Bereich tätig sind, können jedoch nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL[4] als eng mit der Sozialfürsorge und sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen steuerfrei sein. Eine Steuerfreiheit auf der Grundlage von Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ist insoweit möglich, als die Beschäftigungsstellen mit den Zivildienstleistenden Aufgaben im sozialen Bereich durchführen, nicht aber auch bei einer Aufgabenerfüllung in den Bereichen Umwelt- oder Naturschutz oder Landschaftspflege, die nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 ZDG gleichfalls als Einsatzstellen für Zivildienstleistende in Betracht kommen. Derartige Leistungen können auch dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegen.[5]

Der BFH hat sich auch zu der Frage geäußert, unter welchen Voraussetzungen die Übernahme von Verwaltungsaufgaben für das Bundesamt für Zivildienst die Voraussetzungen des § 65 Nr. 2 AO erfüllen kann. Die gemeinnützigkeitsrechtliche Beurteilung dieser Tätigkeiten sei unter Einbeziehung der Tätigkeiten der vom Verein betreuten Beschäftigungsstellen zu prüfen. Es sei nicht erforderlich, dass die Zivildienstleistenden für den Verein selbst als Beschäftigungsstelle tätig werden. Die Verwaltung[6] hat diese Rechtsprechung nur teilweise übernommen. In Anwendung der Urteilsgrundsätze können auch Verwaltungsleistungen aufgrund von Verträgen nach § 5a Abs. 2 ZDG bzw. § 16 BFDG, die auf Einsatzstellen im Sport gerichtet sind, nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL steuerfrei sein. Die Verwaltungsleistungen sind insoweit umsatzsteuerfrei, als zum einen der Sportverein mit den Zivildienstleistenden tatsächlich Aufgaben im sozialen Bereich wahrnimmt, z. B. mit Leistungen im Rahmen der Betreuung und Begleitung von Menschen mit Behinderungen oder älteren Menschen. Zum anderen erfordert die Steuerbefreiung, dass die Einsatzstelle selbst als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt ist, d. h. die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung u. a. nach § 4 Nr. 18 UStG erfüllt. Soweit der BFH im Leitsatz 2 sowie in den Urteilsgründen zu § 65 AO Stellung nimmt, ist die Entscheidung über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. Die entgeltliche Übernahme von Verwaltungstätigkeiten für das Bundesamt für Zivildienst begründet nach der Verwaltungsauffassung einen steuerpflichtigen wirtschaftl...

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