Rz. 88

Ein nicht zu einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege i. S. v. § 23 UStDV gehörender Verein kann sich nach der BFH-Rechtsprechung für die Inanspruchnahme einer Steuerbefreiung für einen Haus-Notruf-Dienst unmittelbar auf die gegenüber § 4 Nr. 18 UStG günstigere Regelung in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL) berufen. Für die im Rahmen eines notärztlichen Transportdienstes und eines Menüservice erbrachten Leistungen gilt die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL) vorgesehene Steuerbefreiung nicht.[1]

 

Rz. 89

Zwischen den Leistungserbringern von Hausnotrufsystemen und den Spitzenverbänden der Pflegekassen ist bundesweit ein einheitlicher Höchstbetrag vereinbart worden. Bei den Preisvereinbarungen wurde nicht unterschieden zwischen privaten Trägern und Verbänden der freien Wohlfahrtspflege. Bieten daher Wohlfahrtsverbände vergleichbare Leistungen mit gleichen oder höheren monatlichen Entgelten an, fehlt es nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung regelmäßig am erforderlichen Tatbestandsmerkmal der Entgeltsbeschränkung nach § 4 Nr. 18 S. 1 Buchst. c UStG. In einem solchen Fall sollen die Leistungen der Wohlfahrtsverbände dem allgemeinen Steuersatz unterliegen. Der ermäßigte Steuersatz soll ebenfalls nicht zur Anwendung kommen, da Hausnotrufsysteme nicht zu den in Nrn. 51 und 52 der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG aufgeführten Gegenständen gehören.[2] Ob die Leistungen der Anbieter vergleichbar sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, die von den zuständigen Landesfinanzbehörden im Besteuerungsverfahren überprüft werden. Angesichts der sehr unterschiedlichen Sachverhalte kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Leistungsangebot der Wohlfahrtsverbände und der gewerblichen Unternehmer in jedem Fall gleichartig ist. Die Verwaltung hat aber bisher zur Herstellung einer einheitlichen umsatzsteuerlichen Behandlung keine Bedenken, wenn ein gewerblicher Anbieter hinsichtlich der Basisleistungen beim Hausnotruf, für die er ein bestimmtes Entgelt in Rechnung stellt, das von den Pflegekassen getragen wird, die Steuerbefreiung entsprechend § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG (bis 31.12.2008) bzw. § 4 Nr. 16 Buchst. k UStG unter den dort genannten Voraussetzungen (ab 1.1.2009) in Anspruch nimmt. Ein Vergleich der von den Wohlfahrtsverbänden bzw. diesen angeschlossenen Mitgliedern und den von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten ist nur möglich, sofern die Leistungen nach Art und Umfang übereinstimmen. Hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Leistungen soll auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen sein. Eine Überprüfung hat im jeweiligen Besteuerungsverfahren zu erfolgen. Die Wohlfahrtsverbände bzw. die diesen angeschlossenen Mitglieder haben, sofern die verlangten Entgelte für Leistungen nicht unter den Entgelten von Erwerbsunternehmen liegen, darzulegen, dass die von ihnen erbrachten Leistungen mit den Leistungen der Erwerbsunternehmen nicht vergleichbar sind. Ihnen obliegt insoweit die Beweislast.[3]

[2] OFD Erfurt v. 9.10.2000, S 7175 A – 04 – St 343, 14, DStR 2000, 2190; BMF v. 27.1.2000, IV D 2 – S 7175 – 3/00, UR 2000, 221.
[3] OFD Frankfurt v. 6.2.2012, S 7175 A – 8 – St 112, USt-Kartei HE § 4 UStG S 7175 Karte 7.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge