Rz. 17

Durch Art. 7 Nr. 4 Buchst. c des Jahressteuergesetzes 2009 (JStG 2009) wurde die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 16 UStG für Pflege- und Betreuungsleistungen neu gestaltet und § 4 Nr. 16 UStG neu gefasst, und zwar mWv 1.1.2009. Es wurden die Krankenhausleistungen in § 4 Nr. 14 UStG n. F. übernommen und die Anknüpfung an die Vorschriften des SGB aufgenommen. Hintergrund dieser Neufassung ist eine stärkere Anpassung an die zugrunde liegenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften. Gemeinschaftsrechtliche Grundlage der Neuregelung ist Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden". Durch die Neufassung des § 4 Nr. 16 UStG wurden – neben einer Fortführung der Steuerbefreiung des Buchst. a des alten § 4 Nr. 16 UStG für die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betriebenen Einrichtungen – Einrichtungen der alten Buchst. d und e des § 4 Nr. 16 UStG in den neuen Buchst. b bis j des Satzes 1 unter Verzicht auf eine ausdrückliche Benennung einzelner Einrichtungen aufgenommen und im neuen Buchst. k die Kriterien für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter für Einrichtungen, deren Leistungen nicht schon nach den Buchst. a bis j befreit sind, vereinheitlicht. Die Neufassung von § 4 Nr. 16 UStG ist auch vor dem Hintergrund der Entwicklung der Rechtsprechung zu sehen. So hatte z. B. der EuGH[1] in Bezug auf die Anwendung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL entschieden, dass es der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Neutralität erfordert, dass für alle dort genannten Kategorien privatrechtlicher Einrichtungen in Bezug auf die Erbringung vergleichbarer Leistungen die gleichen Bedingungen für ihre Anerkennung gelten.

 

Rz. 18

Die Steuerbefreiung erfasst neben den Pflegeleistungen ab 1.1.2009 auch Betreuungsleistungen für nunmehr nach neuer Terminologie als "hilfsbedürftig" bezeichnete Personen. Hilfsbedürftig sind alle Personen, die aufgrund ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands der Betreuung oder Pflege bedürfen. Der Betreuung oder Pflege bedürfen Personen, die krank, behindert oder von einer Behinderung bedroht sind. Dies schließt auch Personen mit ein, bei denen ein Grundpflegebedarf oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz besteht. Die Steuerbefreiung umfasst die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen Umsätze, unabhängig davon, ob diese Leistungen ambulant oder stationär erbracht werden. Werden die Leistungen stationär erbracht, kommt es zudem nicht darauf an, ob die Personen vorübergehend oder dauerhaft aufgenommen werden.

 

Rz. 19

Unter den Begriff der Betreuung oder Pflege fallen z. B. die in § 14 Abs. 2 SGB XI (Soziale Pflegeversicherung) bzw. § 61a Abs. 2 SGB XII (Sozialhilfe) aufgeführten Leistungen für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, bei teilstationärer oder stationärer Aufnahme auch die Unterbringung und Verpflegung. Auch in den Fällen, in denen eine Einrichtung i. S. v. § 4 Nr. 16 UStG für eine hilfsbedürftige Person ausschließlich Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung erbringt, handelt es sich um mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege eng verbundene und somit steuerfreie Leistungen. Zu den begünstigten Leistungen zählen insbesondere auch Leistungen zur Betreuung behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen, u. a. Leistungen der Rehabilitation wie z. B. heilpädagogische Leistungen, die der Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder dienen.

 

Rz. 20

Leistungen der Betreuung hilfsbedürftiger Personen sind zudem auch Leistungen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen, z. B. die Unterrichtung im Umgang mit dem Langstock als Orientierungshilfe für blinde Menschen, sowie Leistungen für behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen zur Teilhabe am Arbeitsleben, z. B. Leistungen der Integrationsfachdienste oder Betreuungsleistungen in Werkstätten für behinderte Menschen und deren angegliederten Einrichtungen. Ebenso können hierzu die Leistungen zählen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 90ff. SGB IX erbracht werden.

 

Rz. 21

Die Leistungen der Altenwohnheime fallen entgegen der alten Regelung des § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG ab 1.1.2009 nicht mehr generell unter die Steuerbefreiung des neuen § 4 Nr. 16 UStG. Anders als beim Betrieb von Altenheimen und Pflegeheimen, in denen regelmäßig gegenüber...

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