Rz. 110

Zu den nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG steuerfreien Vermietungs- bzw. Verpachtungsleistungen gehören auch die damit in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Nebenleistungen.[1] Die Nebenleistungen sind Leistungen, die im Vergleich zu Grundstücksvermietungen bzw. -verpachtungen nebensächlich sind, mit ihnen eng zusammenhängen und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommen.

 

Rz. 110a

Auf Vorabentscheidungsersuchen des BFH[2] muss der EuGH entscheiden, ob bei der Vermietung von Grundstücken eine damit einhergehende Vermietung/Verpachtung von Betriebsvorrichtungen auch Nebenleistung zu der Grundstücksvermietung sein kann, oder ob insofern grds. ein Aufteilungsgebot gilt. Der BFH fragt den EuGH: "Erfasst die Steuerpflicht der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen gemäß Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL - nur die isolierte (eigenständige) Vermietung derartiger Vorrichtungen und Maschinen oder auch - die Vermietung (Verpachtung) derartiger Vorrichtungen und Maschinen, die aufgrund einer zwischen denselben Parteien erfolgenden Gebäudeverpachtung (und als Nebenleistung zu dieser) nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL steuerfrei ist?"

Der Kläger verpachtete in den Jahren 2010 bis 2014 (Streitjahre) Stallgebäude zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Es handelte sich bei diesen um speziell abgestimmte Ausstattungselemente für die vertragsgemäße Nutzung als Putenaufzuchtstall. Die Vorrichtungen dienten der Fütterung in der Putenhaltung, um die Tiere mit einer Industrieförderspirale (vom Silo bis zur speziell entworfenen Futterschale) in der vorgegebenen Zeit zur Schlachtreife aufzuziehen. Heizungs- und Lüftungsanlagen dienten der Sicherung des jeweils erforderlichen Stallklimas. Spezielle Beleuchtungssysteme sorgten für eine gleichmäßige Ausleuchtung zur Vermeidung schädlicher Schattenplätze (entsprechend besonderer Rechtsvorschriften und Verbandsrichtlinien). Der Kläger ging davon aus, dass seine Leistung bei der Verpachtung der Stallgebäude zur Putenaufzucht mit den auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen insgesamt umsatzsteuerfrei sei. Es lag hierfür ein einheitliches Entgelt vor, das nach den vertraglichen Regelungen nicht auf die Überlassung des Stalls einerseits und Vorrichtungen und Maschinen andererseits aufgeteilt war. Demgegenüber vertrat das FA die Auffassung, dass das einheitlich vereinbarte Pachtentgelt nach Maßgabe der beim Kläger entstehenden Kosten zu 20 % auf die Vorrichtungen entfalle und insoweit umsatzsteuerpflichtig sei. Nach der vorinstanzlichen Entscheidung[3] liegt im Streitfall eine insgesamt und damit auch im Umfang der Verpachtung der eingebauten Vorrichtungen und Maschinen steuerfreie Leistung vor. Zwar sei die eigenständige Verpachtung derartiger Vorrichtungen und Maschinen steuerpflichtig. Handele es sich aber wie im vorliegenden Fall bei der Überlassung derartiger Vorrichtungen und Maschinen um eine Nebenleistung zur Überlassung eines Stallgebäudes, sei die Verpachtung auch insoweit steuerfrei, als sie auf die Überlassung dieser Vorrichtungen und Maschinen entfalle. Unter Bezugnahme auf die EuGH-Rechtsprechung ging das FG davon aus, dass eine einheitliche Leistung vorliege, wenn ein zur Miete angebotenes Gebäude mit begleitenden Leistungen in wirtschaftlicher Hinsicht objektiv eine Gesamtheit bilde.[4] Daher sei die Überlassung der Vorrichtungen und Maschinen eine Nebenleistung zur steuerfreien Verpachtung. Es lägen speziell abgestimmte Ausstattungselemente vor, die nur dazu gedient hätten, die vertragsgemäße Nutzung des Putenstalls unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Nach den Ausführungen des BFH in seinem Vorlagebeschluss liegt im Streitfall eine insgesamt nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL steuerfreie Verpachtung vor. In Bezug auf die Verpachtung des Stalls beruhe dies darauf, dass sich die Steuerfreiheit auch auf die Vermietung (oder Verpachtung) eines "Gebäudes allein" erstreckt. Nach Ansicht des BFH ist auch die Verpachtung der Industrieförderspirale, sowie von Heizungs- und Lüftungsanlagen und von Beleuchtungssystemen nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL steuerfrei. Dies folge aus dem EuGH-Urteil v. 19.12.2018. Danach ist Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL dahin auszulegen, "dass ein Pachtvertrag, der eine Immobilie, die einem Geschäftsbetrieb diente, sowie sämtliche für diesen Betrieb erforderlichen Sachanlagen und Inventargegenstände zum Gegenstand hat, eine einheitliche Leistung darstellt, bei der die Verpachtung der Immobilie die Hauptleistung ist".[5] Gleichwohl bestehen aus Sicht des BFH bei der Auslegung von Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL zwei Möglichkeiten, nämlich ein Vorrang der einheitlichen Leistung oder die Anwendung des Aufteilungsgebots.

Das FG Baden-Württemberg geht bei der Vermietung einer Mehrzweckhalle durch eine Gemeinde von einer Nebenleistung bei der Vermietung von Betriebsvorrichtungen aus, wenn die mitvermieteten Betriebsvorric...

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