Rz. 19

§ 4 Nr. 11 UStG begünstigt nicht bestimmte Berufsgruppen, sondern bestimmte Tätigkeiten von Angehörigen der genannten Berufsgruppen. Die Gesetzesfassung "aus der Tätigkeit als …" erfordert, dass die Umsätze des Berufsangehörigen für seinen Beruf charakteristisch, d. h. berufstypisch sind.[1] Berufstypisch sind grundsätzlich die Tätigkeiten, die das jeweilige Berufsbild prägen[2], also dem jeweiligen Beruf vorbehalten sind oder ihn in besonderer Weise charakterisieren.[3] Dazu gehören alle Leistungen gegen Entgelt, die üblicherweise von den in der Vorschrift bezeichneten Unternehmern ausgeführt werden. Eine steuerfreie Tätigkeit i. S. d. § 4 Nr. 11 UStG ist entscheidend dadurch gekennzeichnet, dass Versicherungskunden gesucht und mit dem Versicherer zusammengebracht werden. Diese Vermittlung, die in einer Nachweis-, Kontaktaufnahme- oder einer Verhandlungstätigkeit bestehen kann, muss sich auf ein einzelnes Geschäft beziehen. Leistungen hingegen, die keinen spezifischen und wesentlichen Bezug zu einzelnen Geschäften aufweisen, sind nicht steuerfrei.[4]

 

Rz. 20

Für den Beruf des Bausparkassenvertreters bzw. den Umfang der Steuerbefreiung ist insoweit nicht (mehr allein) die handelsrechtliche Begriffsbestimmung durch § 92 HGB maßgeblich.[5] Der Begriff ist unionsrechtskonform auszulegen.[6] Gleichwohl kann m. E. § 92 HGB zur Abgrenzung der beruflichen Tätigkeit des Bausparkassenvertreters mit herangezogen werden. Danach ist Bausparkassenvertreter, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Bausparkassenverträge zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen.[7] Berufstypisch für den Beruf eines Bausparkassenvertreters ist es mithin, für eine Bausparkasse Bausparkassenverträge zu vermitteln oder abzuschließen.[8] Mit diesem Tätigkeitsbild hat die Vermittlung von Kauf- bzw. Lieferverträgen über Bausatzhäuser nichts zu tun; sie kann (ohne Weiteres) auch von anderen Personen ausgeführt werden. Ob zwischen beiden Tätigkeiten eine enge tatsächliche und wirtschaftliche Verbundenheit vorliegt, ist insoweit ohne Belang.[9]

 

Rz. 21

Der (alleinige) Bezug auf die handelsrechtliche Begriffsbestimmung gilt auch nicht mehr für Umsätze aus der Tätigkeit als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler.[10] Auch dieser Begriff ist unionsrechtskonform auszulegen.[11] Gemäß Art. 2 der RL 2002/92/EG[12] gilt als eine "Versicherungsvermittlung" das Anbieten, Vorschlagen oder Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten zum Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Mitwirken bei deren Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall. Die Steuerbefreiung schließt nach der Rechtsprechung des BFH nur berufstypische Umsätze eines Versicherungsvertreters oder Versicherungsmaklers ein.[13] Eine Anerkennung der steuerfreien Tätigkeit als Versicherungsvertreter kommt bei solchen Leistungen nicht in Betracht, bei denen die wesentlichen Aspekte der Versicherungsvermittlungstätigkeit fehlen.[14] Es gehört zu den wesentlichen Aspekten einer steuerfreien Versicherungsvermittlungstätigkeit, Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzuführen. Das bloße Erheben von Kundendaten erfüllt nicht die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Versicherungsvermittlungstätigkeit. Allgemein sind Unterstützungsleistungen für die Ausübung der dem Versicherer selbst obliegenden Aufgaben steuerpflichtig. Auch Dienstleistungen wie z. B. die Festsetzung und Auszahlung von Provisionen der Versicherungsvertreter, das Halten der Kontakte mit diesen und die Weitergabe von Informationen an die Versicherungsvertreter gehören nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters.[15] Die Vermittlung von Versicherungen ist daher gem. § 4 Nr. 11 UStG von der USt befreit, sofern der Unternehmer dem Inhalt nach eine Vermittlungsleistung erbringt.[16] Dem steht nicht entgegen, dass der Unternehmer daneben noch andere Leistungen erbringt, sofern die Versicherungsvermittlung nicht (als Nebenleistung) in einer anderen, nicht befreiten Leistung aufgeht. Ob diese Voraussetzung bei produktakzessorischen Vermittlern erfüllt ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Für den Fall etwa, dass ein Kfz-Händler zusätzlich zum Kfz-Verkauf noch z. B. eine Haftpflichtversicherung vermittelt, die keine unselbstständige Nebenleistung darstellt, dürfte für die Vermittlung der Versicherung § 4 Nr. 11 UStG – auch aus Gründen der Neutralität der Mehrwertsteuer – regelmäßig erfüllt sein.[17] Der Leistende (Vermittler, Makler) muss sowohl mit dem Versicherer als auch mit dem Versicherten in Verbindung stehen.[18] Diese Verbindung kann auch nur mittelbarer Natur sein, wenn der Leistende ein Unterauftragnehmer des Versicherungsmaklers oder -vertreters ist.[19] Die Vermittlungs- bzw. Maklertätigkeit muss wesentliche Aspekte der Versicherungsvermittlungstätigkeit, wie Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen, umfassen.[20] Bei einem Unterauftragnehmer i...

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