Rz. 4

§ 3e UStG trifft besondere Bestimmungen über den Ort bestimmter Lieferungen und Restaurationsleistungen. Sie geht als Sondervorschrift den allgemeinen Bestimmungen über den Ort der Lieferung[1] und den Ort von sonstigen Leistungen[2] vor. Unberührt bleiben die übrigen für Lieferungen geltenden Vorschriften, insbesondere die Befreiungsvorschriften für innergemeinschaftliche Lieferungen[3]; unberührt bleiben auch die für den Empfänger ggf. geltenden Bestimmungen über den innergemeinschaftlichen Erwerb.[4]

 

Rz. 5

Bis zum 31.12.1993 richtete sich der Ort der Lieferung bei Warenverkäufen an Bord von Schiffen, Flugzeugen oder in Eisenbahnen danach, wo sich der Gegenstand zum Zeitpunkt der Lieferung, d. h. zum Zeitpunkt der Warenabgabe an den Reisenden, befand. Für Bordverkäufe bei grenzüberschreitenden Beförderungen war deshalb eine Aufteilung der Bordverkäufe danach erforderlich, wo die Waren abgegeben wurden. Das Besteuerungsrecht für die gesamten Bordverkäufe während einer Beförderung war also auf verschiedene Mitgliedstaaten aufgeteilt; Bordverkäufe im Drittlandsgebiet blieben unbesteuert.

 

Rz. 6

Nach der Sonderregelung des § 3e UStG liegt der Lieferort für sämtliche Bordverkäufe bei Beförderungen innerhalb des Gemeinschaftsgebiets am Abgangsort des Beförderungsmittels. Damit entfallen die mit einer Aufteilung verbundenen Schwierigkeiten sowohl für die betroffenen Unternehmer als auch für die Finanzverwaltung. Außerdem ist die Besteuerung des Letztverbrauchs durch eine leichte Nachprüfbarkeit des Lieferortes besser gesichert. Der Zweck der Regelung ist in erster Linie die Vereinfachung der Besteuerung, weil die mit einer Aufteilung verbundenen Schwierigkeiten (Ermittlung und Aufzeichnung der jeweiligen Umsätze, Besteuerungspflichten in verschiedenen Mitgliedstaaten) damit entfallen.[5] Außerdem ist die Kontrolle in einem einzigen Mitgliedstaat leichter und damit die Besteuerung besser gesichert als bei der bisherigen Aufteilung der Besteuerungskompetenz auf mehrere Mitgliedstaaten.

 

Rz. 7

Bis zum 31.12.2009 bestimmte sich der Leistungsort bei Restaurantumsätzen an Bord der von § 3e UStG erfassten Beförderungsmittel nach dem Ort, an dem sich der Sitz oder die Betriebsstätte des leistenden Unternehmers befand. Ab 1.1.2010 gilt für diese Leistungen der gleiche Ort wie für die Lieferungen im Rahmen der Bordverkäufe.

 

Rz. 8

Die Sonderregelung des § 3e UStG stand zunächst auch im sachlichen Zusammenhang mit der Steuerbefreiung nach dem weggefallenen § 4 Nr. 6 Buchst. b UStG. Nach dieser Vorschrift waren Lieferungen von Gegenständen zur Mitführung im persönlichen Reisegepäck an Bord eines Schiffs im Seeverkehr oder in einem Luftfahrzeug an die Reisenden während einer innergemeinschaftlichen Beförderung steuerfrei. Die Regelung war bis zum 30.6.1999 befristet und galt nur, soweit bestimmte Freimengen und Freigrenzen nicht überschritten wurden. Durch § 3e UStG wurde die Besteuerung des über diese Freimengen und Freigrenzen hinausgehenden Verkaufs von Waren im Staat des Abgangsortes des Seeschiffs bzw. Flugzeugs sichergestellt. Nach dem Wegfall der Steuerbefreiung in § 4 Nr. 6 Buchst. b UStG mWv 30.6.1999[6] sowie der Übergangsregelung für Lieferungen von nicht zum Verzehr an Ort und Stelle bestimmten Gegenständen im Rahmen der Ausflugsschifffahrt auf der Nord- und Ostsee (sog. Butterfahrten) – ebenfalls mWv 30.6.1999[7] – kommt der Regelung in § 3e UStG eine entsprechend größere Bedeutung zu.

 

Rz. 9

In der Literatur wurde z. T. die schwierige praktische Handhabung der Vorschrift des § 3e UStG kritisiert. Die Anwendung dieser Vorschrift kann dazu führen, dass Beförderungsunternehmer – insbesondere Fluggesellschaften (auch mit Sitz in Drittstaaten) – sich in EU-Mitgliedstaaten für Umsatzsteuerzwecke erfassen lassen müssen, in denen sie nicht ansässig sind. Ferner müssen die Beförderungsunternehmen festhalten, wo die abgegebenen Waren zu besteuern sind. Dabei müssen u. U. verschiedene Besteuerungsvorschriften beachtet werden.[8] Derartige Unbequemlichkeiten müssen jedoch in Kauf genommen werden, solange sich bisher innerhalb der EU eine Besteuerung nach dem Ursprungslandprinzip nicht hat realisieren lassen.

[6] Art. 14 Nr. 3 StEuglG v. 19.12.2000, BGBl I 2000, 1790.
[7] FinMin Schleswig-Holstein v. 21.4.1994, UR 1994, 447.
[8] Langer, DB 1993, 602/604; Nieskens, BB 1993, 623/627; Schlienkamp, UR 1994, 93.

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