Rz. 480

Die erste Ortsregelung der Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen wurde zum 1.7.2003 durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 1.7.2003[1] neu in § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 12 UStG a. F.[2] eingefügt. Die Änderungen dienten der Umsetzung der EU-Richtlinie 2002/38/EG.[3] Der Ort einer Rundfunk- und Fernsehdienstleistung bestimmte sich dann seit dem 1.1.2010 nur dann nach § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 12 UStG, wenn der Leistungsempfänger ein nicht im Drittlandsgebiet ansässiger "Nichtunternehmer" war. Lagen die vorgenannten Voraussetzungen nicht vor, so bestimmte sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 1 oder 2 UStG. Seit dem 1.1.2015 findet sich die Regelung für Leistungen an Nichtunternehmer in § 3a Abs. 5 UStG (Rz. 455); für Leistungen an Unternehmer gilt § 3a Abs. 2 UStG. Begrifflich spricht das Unionsrecht heute im Übrigen nur noch von "Rundfunkdienstleistungen", was z. B. aus Art. 6b MwStVO (Rz. 482) ersichtlich ist; zur Klarheit soll dieser kürzere Begriff auch hier im Folgenden verwendet werden.

 

Rz. 481

Der Grund für die Einführung einer besonderen Regelung für Rundfunkdienstleistungen war nach den Ausführungen zur Schaffung der E-Commerce-Richtlinie[4] in der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen zu sehen und auch darin, dass die zunehmende Annäherung von Telekommunikationsleistungen, von Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und sonstigen Leistungen des elektronischen Geschäftsverkehrs eine einheitliche Regelung des Leistungsorts erforderte.[5] Tatsächlich ist die Versteuerung der grenzüberschreitenden Rundfunkdienstleistungen – vor allem bei den Leistungen von Pay-TV-Sendern – ähnlich schwer zu überwachen wie bei den im letzten Kapitel genannten Telekommunikationsdienstleistungen. MWv 1.1.2015 ist die Leistungsortsbestimmung der Rundfunkdienstleistungen daher wie bei den anderen digitalen Dienstleistungen in § 3a Abs. 5 UStG vollständig neu gefasst worden.[6] § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 11 UStG wurde gestrichen (Rz. 455ff.).

 

Rz. 482

Eine Definition der Rundfunkdienstleistungen fand sich weder im Steuervergünstigungsabbaugesetz, in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e, 11. Gedankenstrich der 6. EG-Richtlinie, in Art. 59 MwStSystRL, in der bis zum 30.6.2011 geltenden DVO 1777/2005[7] noch in der seit dem 1.7.2011 geltenden MwStVO.[8] Seit dem 1.1.2015 besteht auch für die Rundfunkdienstleistungen eine eigenständige Begriffsdefinition in Art. 6b MwStVO.[9] Diese in allen Mitgliedstaaten geltende Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

(1) Rundfunkdienstleistungen umfassen Dienstleistungen in Form von Audio- und audiovisuellen Inhalten wie Rundfunk- oder Fernsehsendungen, die auf der Grundlage eines Sendeplans über Kommunikationsnetze durch einen Mediendiensteanbieter unter dessen redaktioneller Verantwortung der Öffentlichkeit zum zeitgleichen Anhören oder Ansehen zur Verfügung gestellt werden.

(2) Unter Abs. 1 fällt insbesondere Folgendes:

a) Rundfunk- oder Fernsehsendungen, die über einen Rundfunk- oder Fernsehsender verbreitet oder weiterverbreitet werden;
b) Rundfunk – oder Fernsehsendungen, die über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netzwerk (IP-Streaming) verbreitet werden, wenn sie zeitgleich zu ihrer Verbreitung oder Weiterverbreitung durch einen Rundfunk- oder Fernsehsender übertragen werden.

(3) Abs. 1 findet keine Anwendung auf

a) Telekommunikationsdienstleistungen;
b) elektronisch erbrachte Dienstleistungen;
c) die Bereitstellung von Informationen über bestimmte auf Abruf erhältliche Programme;
d) die Übertragung von Sende- oder Verbreitungsrechten;
e) das Leasing von Geräten und technischer Ausrüstung zum Empfang von Rundfunkdienstleistungen;
f) Rundfunk- oder Fernsehsendungen, die über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz (IP-Streaming) verbreitet werden, es sei denn, sie werden zeitgleich zu ihrer Verbreitung oder Weiterverbreitung durch herkömmliche Rundfunk- oder Fernsehsender übertragen.

Auch diese Begriffsdefinition hat den Vorteil, dass damit eine unionseinheitliche Festlegung des Inhalts solcher Dienstleistungen besteht. Der UStAE verweist seit dem 1.1.2015 in Abschn. 3a.11 Abs. 1 S. 1 ausdrücklich auf diese unionsrechtliche Vorgabe. Wie bereits ausgeführt (Rz. 480) ist in der vorgenannten unionsrechtlichen Definition nur noch von "Rundfunkdienstleistungen" die Rede. Der deutsche UStAE spricht dagegen in Abschn. 3a.11 immer noch von den Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen. Zu beachten ist, dass unter Rundfunkdienstleistungen nur die Darbietung der inhaltlichen Leistungen (der Sendungen) zu verstehen ist, das ergibt sich auch deutlich aus Art. 6b Abs. 1 MwStVO.[10]

 

Rz. 483

Nach der geltenden Verwaltungsauffassung im UStAE handelt es sich bei den Rundfunkdienstleistungen um Rundfunk- und Fernsehprogramme, die auf der Grundlage eines Sendeplans über Kommunikationsnetze, wie Kabel, Antenne oder Satellit, durch einen Mediendiensteanbieter unter dessen redaktioneller Verantwortung der Öffentlichkeit zum zeitgleichen Anhören oder Ansehen verbreitet werden. Dies soll auch dann gelten, wenn die Verb...

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