Rz. 310

Die unionsrechtlichen Grundlagen des § 3a Abs. 4 UStG finden sich in Art. 59 MwStSystRL. Der Wortlaut der unionsrechtlichen Vorgabe enthält – gleichfalls in einer Art Katalogregelung – die hiervon einzeln betroffenen "Dienstleistungen", er lautet wie folgt:

Als Ort der folgenden Dienstleistungen an einen Nichtsteuerpflichtigen, der außerhalb der Gemeinschaft ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort außerhalb der Gemeinschaft hat, gilt der Ort, an dem dieser Nichtsteuerpflichtige ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat:

a) Abtretung und Einräumung von Urheberrechten, Patentrechten, Lizenzrechten, Fabrik- und Warenzeichen sowie ähnlichen Rechten;

b) Dienstleistungen auf dem Gebiet der Werbung;

c) Dienstleistungen von Beratern, Ingenieuren, Studienbüros, Anwälten, Buchprüfern und sonstige ähnliche Dienstleistungen sowie die Datenverarbeitung und die Überlassung von Informationen;

d) Verpflichtungen, eine berufliche Tätigkeit ganz oder teilweise nicht auszuüben oder ein in diesem Artikel genanntes Recht nicht wahrzunehmen;

e) Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze, einschließlich Rückversicherungsumsätze, ausgenommen die Vermietung von Schließfächern;

f) Gestellung von Personal;

g) Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen jegliche Beförderungsmittel;

h) Gewährung des Zugangs zu einem Erdgasnetz im Gebiet der Gemeinschaft oder zu einem an ein solches Netz angeschlossenes Netz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen sowie Fernleitung, Übertragung oder Verteilung über diese Netze und Erbringung anderer unmittelbar damit verbundener Dienstleistungen.

Diese Regelung ist zwar vom Aufbau mit § 3a Abs. 4 UStG vergleichbar, sie besteht aber nur aus 8 Gliederungspunkten, dabei sind die einzelnen Katalogtatbestände unterschiedlich gefasst. So ist z. B. die in § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 4 UStG genannte "Datenverarbeitung" im Leistungskatalog des Art. 59 Abs. 1 MwStSystRL bei den Dienstleistungen der Berater, Ingenieuren, Studienbüros, Anwälten usw. (Buchst. c) enthalten.

 

Rz. 311

Die Aufzählung der einzelnen Leistungen dieses Sondertatbestands hat insbesondere durch die zunehmende Bedeutung der elektronisch erbrachten Dienstleistungen, der Telekommunikationsdienstleistungen und des Zugangs zu Erdgas- und Elektrizitätsnetzen in den letzten Jahren in der Europäischen Union erhebliche Veränderungen erfahren, deren Umsetzung in der Richtlinie immer zu nachfolgenden Änderungen des § 3a UStG geführt haben. Bereits durch die Telekommunikationsrichtlinie 1999/59/EG v. 17.6.1999[1] wurde für Telekommunikationsdienstleistungen der Empfangsort als Leistungsort bestimmt, auch dann, wenn der Empfänger kein Unternehmer ist. Das – durchaus nachvollziehbare – Ziel dieser Regelung bestand darin, den nicht im (damaligen) Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern keine Wettbewerbsvorteile dadurch einzuräumen, in dem sie ihre Leistungen steuerfrei erbringen können.

 

Rz. 312

Eine weitere wesentliche Ergänzung erfolgte durch die E-Commerce-Richtlinie v. 7.5.2002[2], deren Umsetzung in das UStG in § 3a Abs. 4 Nr. 13 und 14 sowie Abs. 3a UStG vorgenommen wurde. Der Grund dieser Regelung bestand darin sicherzustellen, dass auf elektronischem Weg erbrachte Leistungen sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen auch dann in der Union besteuert wurden, wenn sie von einem im Drittland ansässigen Unternehmer gegen Entgelt an Kunden mit einem Wohnsitz oder Sitz im Unionsgebiet erbracht werden, und zwar unabhängig davon, ob der Kunde die Leistung als Unternehmer für sein Unternehmen oder als Endverbraucher bezieht.[3]

 

Rz. 313

Die nächste Ergänzung erfolgte zum 1.1.2005 in § 3a Abs. 4 Nr. 15 UStG (jetzt § 3a Abs. 4 Nr. 11 UStG) durch das EURLUmG v. 9.12.2004[4] insbesondere für die Gewährung des Zugangs zu Erdgas- und Elektrizitätsnetzen, welche auf Art. 56 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL beruht (Rz. 456ff.).

 

Rz. 314

Den (derzeitigen) Abschluss der Entwicklung der Regelung bildete die zum 1.1.2015 erfolgte Streichung der Tatbestände für die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, der Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und der auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen in den Nrn. 11 bis Nr. 13 und deren Einfügung in einen neuen Abs. 5 des § 3a UStG.[5] Diese Änderung war bereits im Jahr 2008 durch den Unionsgesetzgeber mit dem Umsetzungszeitpunkt zum 1.1.2015 vorgegeben worden.[6] Die Neufassung des Leistungsorts bei diesen Dienstleistungen war die letzte durch die Dienstleistungsrichtlinie vorgesehene Änderung des Leistungsorts bei sonstigen Leistungen. Die entsprechende unionsrechtliche Grundlage findet sich in Art. 58 MwStSystRL. Auch die MwStVO wurde an verschiedenen Stellen entsprechend angepasst (Rz. 455ff.).

Rz. 315–317 einstweilen frei

[1] Abl. EG 1999, Nr. L 162, 63.
[2] Abl. EG Nr. L 128, 41; dazu ausführlich Vellen, UR 2003, 53.
[3] Vgl. zur geltenden Regelung in Rz. 455ff.
[4] BGBl I 2004, 3310.
[5] In Deutschland eingeführt d...

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