Rz. 37

Die Regelung des § 3a UStG wirft einerseits eine ganze Reihe von Konkurrenzfragen zu anderen Vorschriften des UStG auf, andererseits können aber auch innerhalb des § 3a UStG Abgrenzungsfragen auftreten, vor allem bei sog. komplexen sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit den Sondertatbeständen des § 3a Abs. 3 UStG (Rz. 150ff.), welche sich aus verschiedenen Leistungselementen zusammensetzen. Nach der Neufassung des § 3a UStG zum 1.1.2010 kommt diesen Abgrenzungsfragen aber bei Weitem nicht mehr die Bedeutung zu, wie sie es bei der "alten" Fassung des § 3a UStG der Fall war.

 

Rz. 38

Besonderer Beachtung bedürfen zunächst die unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 43ff. MwStSystRL. § 3a UStG steht schon deshalb im untrennbaren Zusammenhang zum Unionsrecht, weil diese Vorschrift die auch für Deutschland bindenden unionsrechtlichen Vorgaben aus der MwStSystRL der Bestimmung des Leistungsorts bei grenzüberschreitenden sonstigen Leistungen (Dienstleistungen) umsetzt. Der Inhalt des § 3a UStG beruht auf diesen Vorgaben, insbesondere auf den (systematischen) Grundregeln in Art. 44 und 45 MwStSystRL. Dabei ist aber zu beachten, dass die unionsrechtlichen Vorschriften nicht wörtlich übernommen wurden; schon ihr systematischer Aufbau unterscheidet sich deutlich von dem des § 3a UStG. Die den § 3a Abs. 1 und 2 UStG bestimmenden Vorschriften der MwStSystRL haben folgenden Wortlaut:

Art. 44 MwStSystRL

Als Ort einer Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, gilt der Ort, an dem dieser Steuerpflichtige den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat. Werden diese Dienstleistungen jedoch an eine feste Niederlassung des Steuerpflichtigen, die an einem anderen Ort als dem des Sitzes seiner wirtschaftlichen Tätigkeit gelegen ist, erbracht, so gilt als Ort dieser Dienstleistungen der Sitz der festen Niederlassung. In Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung gilt als Ort der Dienstleistung der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthaltsort des steuerpflichtigen Dienstleistungsempfängers.

Art. 45 MwStSystRL

Als Ort einer Dienstleistung an einen Nichtsteuerpflichtigen gilt der Ort, an dem der Dienstleistungserbringer den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat. Werden diese Dienstleistungen jedoch von der festen Niederlassung des Dienstleistungserbringers, die an einem anderen Ort als dem des Sitzes seiner wirtschaftlichen Tätigkeit gelegen ist, aus erbracht, so gilt als Ort dieser Dienstleistungen der Sitz der festen Niederlassung. In Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung gilt als Ort der Dienstleistung der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthaltsort des Dienstleistungserbringers.

 

Rz. 39

Wichtig zur Anwendung der unionsrechtlichen Grundlagen sind des Weiteren die "Begriffsbestimmungen" in Art. 43 MwStSystRL, die wie folgt lauten:

Für die Zwecke der Anwendung der Regeln für die Bestimmung des Ortes der Dienstleistung gilt

1. ein Steuerpflichtiger, der auch Tätigkeiten ausführt oder Umsätze bewirkt, die nicht als steuerbare Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 angesehen werden, in Bezug auf alle an ihn erbrachten Dienstleistungen als Steuerpflichtiger;

2. eine nicht steuerpflichtige juristische Person mit Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer als Steuerpflichtiger.

 

Rz. 40

Zudem sind nicht nur aus unionsrechtlicher Sicht die Durchführungsregelungen zur 6. EG-Richtlinie und zur MwStSystRL von erheblicher praktischer Bedeutung. Die bis zum 30.6.2011 geltende Verordnung DVO 1777/2005[1] galt für die MwStSystRL fort, weil nach Art. 411 Abs. 2 MwStSystRL Verweisungen auf die auf gehobene 6. EG-Richtlinie nach Maßgabe der Entsprechungstabelle[2] als Verweisungen auf die MwStSystRL fortgalten. MWv 1.7.2011 gilt allerdings eine neue und umfangreichere Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011[3], die mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1042/2013 v. 7.10.2013 deutlich geändert (erweitert) wurde[4]; als Bezeichnungen für sie werden i. d. R. die Begriffe Mehrwertsteuerverordnung (MwStVO) oder auch Mehrwertsteuer-Durchführungsverordnung (MwStDVO) sowie Verordnung 282/2011 verwendet. Zu beachten ist, dass diese Verordnung auch danach stetigen Veränderungen unterlag, sie ist zudem inhaltlich in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen, was schon unschwer aus den vielen Artikeln mit Buchstabennummerierung erkennbar ist. Insoweit ist auch die Bezeichnung Verordnung 282/2011 m. E. irreführend, denn sämtliche der vielen Neuregelungen sind in dieser ersten Fassung der Verordnung natürlich nicht enthalten.

 

Rz. 41

Allgemein ist im Hinblick auf Rechtsverordnungen der Europäischen Union zu beachten, dass diese verbindlich und in allen Mitgliedstaaten dem Grunde nach unmittelbar geltendes Recht sind[5]; sie bedürfen also keiner Umsetzung in die nationalen Steuergesetze und sind für alle Mitgliedstaaten, die europäische Kommission und den Europäischen Gerichtshof bindendes Unionsrecht. Die genannte Verordnung zum Umsatz...

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