Rz. 63

Der Zeitpunkt der Übergabe des Gegenstands und der Verschaffung der Verfügungsmacht können bei der Lagerung von Getreide durch Landwirte auseinanderfallen.

 
Praxis-Beispiel

Ein Landwirt verkauft im Dezember 01 das von ihm erzeugte Getreide ab Hof an einen Landhändler und schließt gleichzeitig mit dem Käufer einen Verwahrungsvertrag (§ 688 BGB) auf bestimmte Zeit ab. Darin verpflichtet sich der Landwirt, die Ware in eigenen Räumen zu lagern auf eine bestimmte Zeit gegen Entgelt aufzubewahren. Ein Rückkauf des Getreides kommt nicht in Betracht. Der Händler holt das Getreide im Frühjahr 02 vom Hof ab.

Verfügungsmacht i. S. v. § 3 Abs. 1 UStG kann auch durch ein Besitzkonstitut, z. B. einen Verwahrungsvertrag (§ 688 BGB) verschafft werden. Voraussetzung hierfür ist insbesondere, dass die Sache, die für den Käufer verwahrt wird, genau bestimmbar ist, z. B. wenn wie im vorliegenden Fall die beim Verkäufer lagernden Vorräte eines bestimmten Erzeugnisses nur an einen Käufer veräußert werden. Die Lieferung des Landwirts wird deshalb im Dezember 01 bei Vereinbarung des Verwahrungsvertrags ausgeführt. Der Lieferort bestimmt sich nach § 3 Abs. 7 S. 1 UStG: Hof des Landwirts.

 

Rz. 64

Veräußert der Verkäufer nur einen mengenmäßig bestimmten Teil seiner Vorräte an einen Käufer oder veräußert er seine Vorräte zu bestimmten Teilen an mehrere Käufer und findet die tatsächliche Aufteilung des Bestands erst bei der Abholung statt (sog. Sammeleinlagerung), geht die Verfügungsmacht erst im Zeitpunkt der Aufteilung auf den Käufer über. Etwas anderes gilt, wenn dem Käufer zuvor mittelbarer Besitz eingeräumt worden ist, z. B. wenn die ihm übereigneten Sachen durch geeignete Maßnahmen (räumliche Trennung, Kennzeichnung der Behältnisse) klar von den übrigen getrennt worden sind.[1]

 
Praxis-Beispiel

Mehrere Landwirte lagern die von Ihnen erzeugten landwirtschaftlichen Produkte, z. B. Getreide, nach der Ernte bei einem Landhändler ein. Aus räumlichen Gründen werden die von den einzelnen Landwirten übergebenen Mengen zusammengelagert. Nach den vertraglichen Vereinbarungen kann der Landhändler erst dann über das Getreide verfügen, wenn der jeweilige Landwirt ihn dazu ermächtigt.

Die Landwirte verschaffen dem Landhändler mit der Einlagerung noch keine Verfügungsmacht an dem Getreide. Dies geschieht erst zu dem Zeitpunkt, zu dem sie den Landhändler ermächtigen, über das Getreide zu verfügen. Erst dann werden die Lieferungen bewirkt, und zwar gem. § 3 Abs. 7 S. 1 UStG im Lager des Landhändlers.

Der Landhändler erbringt mit der Einlagerung sonstige Leistungen an die Landwirte.

 

Rz. 65

Der Transport zur Einlagerung findet nicht im Zusammenhang mit der Lieferung statt und ist deshalb als innerbetriebliches Verbringen für die Ortsbestimmung unbeachtlich. Der Umsatz wird dementsprechend als nicht bewegte Warenlieferung beurteilt, deren Ort im Zeitpunkt des späteren Verkaufs nach § 3 Abs. 7 S. 1 UStG bestimmt.

Rz. 66 einstweilen frei

[1] OFD Hannover v. 18.5.2001, S 7100 – 105 – StO 355 -/- S 7100 – 190 – StH 533, UR 2001, 554.

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