Rz. 36

Nach der Rechtsprechung des BFH ist bei der Frage, ob ein einheitlicher, sowohl aus Lieferungselementen als auch aus Elementen sonstiger Leistungen bestehender Umsatz als Lieferung von Gegenständen oder als Dienstleistung (sonstige Leistung) zu beurteilen ist, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers auf das Wesen des Vorgangs abzustellen (Rz. 11f.). Die Beurteilung der folgenden Beispiele entspricht diesen Grundsätzen:

 

Rz. 37

Druckereigewerbe:

  • Beim Druck eines Buchs oder einer Zeitschrift stellt die Beigabe von Papier durch den Drucker einen Hauptstoff dar.[1]
  • Stellt ein Unternehmer Bücher aus ihm überlassenen Rohdruckbogen her und verwendet er hierbei für den Einband selbst beschafftes Vorsatzpapier, Pappe, Leinen usw., erbringt er eine Werklieferung, weil das von ihm beschaffte Material nicht lediglich als Nebensache angesehen werden kann. Rohdruckbogen stellen nicht etwa schon fertige, ungebundene Bücher dar.[2]
  • Die von einer Gummifabrik für eine Druckerei vorgenommene Erneuerung des Gummibelags von Gummiwalzen ist eine Werklieferung. Da Eisenkern und Gummibezug zusammen erst die Gummiwalze bilden, stellt der Gummibezug keine bloße Nebensache dar.[3]
 

Rz. 38

Eisen- und Stahlindustrie:

  • Bei der Anfertigung und Anbringung von nicht rostenden Edelstahlüberzügen auf vom Auftraggeber beigestellten Eisen- und Stahlwalzen zum Bedrucken von Papier und Stoffen stellt der vom Werkunternehmer beschaffte Edelstahlüberzug einen Hauptstoff dar.[4]
  • Bei der sog. Feuerverzinkung beigestellter Eisen(blech)erzeugnisse (z. B. Wannen, Eimer, Gießkannen) ist die vom Werkunternehmer erzeugte äußerste Zinkauflage nicht bloßer Neben-, sondern Hauptstoff; der Werkunternehmer erbringt eine Werklieferung.[5]
 

Rz. 39

Elektroindustrie:

  • Bei der Herstellung von Dynamodraht durch ein Kabelwerk erbringt dieses Werklieferungen (von Hohlkabeln), weil die verwendeten Isolierstoffe Hauptstoffe sind.[6]
 

Rz. 40

Kraftfahrzeugwirtschaft:

  • Bei der sog. Totalrunderneuerung von Autoreifen, bei der nicht nur der Laufgummi (äußerste Reifenschicht, bestehend nur aus Gummi), sondern auch der Puffergummi (mittlere Reifenschicht, bestehend aus mit Gewebe durchsetztem Gummi) erneuert wird, liegt eine Werklieferung vor, weil Lauf- und Puffergummi als Hauptstoffe anzusehen sind.[7] Der Totalrunderneuerung wird die sog. Besohlung von gebrauchten Autoreifen (Erneuerung von Puffer- und Laufgummi ohne Seitenteile) gleichzustellen sein.
  • Der Einbau einer Kurbelwelle in ein Kfz ist als Werklieferung zu beurteilen.[8]
 

Rz. 41

Maler:

  • Übernimmt ein Maler bei Erstellung eines Wohngebäudes das Anstreichen und Tapezieren der Wände, gehören die dabei verwendeten Farben und Tapeten zu den Hauptstoffen. Nach Ansicht des BFH[9] bestimmen die Hauptstoffe die Eigenart des aus ihnen hergestellten Gegenstands (hier: bewohnbare Räume). Nebenstoffe mögen zur Herstellung des Gegenstands erforderlich sein; ihr Fehlen lässt jedoch das Wesen des Gegenstands unangetastet.
[1] RFH v. 22.2.1935, V A 157/34, RFH 37, 243, RStBl 35/665; RFH v. 12.2.1937, V A 592/36, RFHE 41, 98, RStBl 1937, 439.
[3] BFH v. 20.9.1962, V 306/59, HFR 1963, 185.
[4] FG Düsseldorf v. 15.11.1957, V 192/57 U, EFG 1958, 255.
[6] BFH v. 16.3.1966, V 13/63, BFHE 86, 59, BStBl III 1966, 445.
[7] BFH v. 7.5.1952, V 164/52, UR 1953, 137, sowie George, DStR 1954, 320.
[8] BFH v. 25.3.1963, V 253/63, BFHE 82, 258, BStBl III 1965, 338.

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