Rz. 300

Nach § 3 Abs. 1 UStG kann die Verfügungsmacht über den Gegenstand dem Abnehmer selbst oder in dessen Auftrag einem Dritten verschafft werden; sie kann von dem Unternehmer selbst oder in dessen Auftrag durch einen Dritten verschafft werden. Diese Regelung erlangt Bedeutung, wenn der Lieferungsgegenstand nicht unmittelbar vom Lieferer an den Abnehmer übergeben wird, sondern aufgrund der Einschaltung dritter Personen einen anderen Weg geht. Für diese Fälle stellt § 3 Abs. 1 UStG klar, dass der (abweichende) Warenweg keine Auswirkungen auf die umsatzsteuerrechtlichen Lieferungsbeziehungen zwischen dem Lieferer und dem Abnehmer hat.

 

Rz. 301

Der Lieferer kann sich deshalb zur Übertragung der Verfügungsmacht an den Abnehmer eines Dritten als seines Erfüllungsgehilfen bedienen, ohne dass hierdurch seine Lieferungsbeziehungen zum Abnehmer berührt werden. Ob der Dritte dabei selbstständig (z. B. als Handlungsagent oder Frachtführer) oder unselbstständig (z. B. als Handlungsgehilfe, Chauffeur, Bote, Austräger) für den Lieferer tätig wird, ist unerheblich.

 
Praxis-Beispiel
  • Die Ware wird dem Kunden im Ladenlokal des Lieferers vom Verkaufspersonal ausgehändigt oder sie wird durch einen angestellten Austräger ausgeliefert.
  • Der Unternehmer verkauft sein Fahrzeug und beauftragt eine Kfz-Werkstatt, bei der sich sein Pkw zur Reparatur befindet, den Wagen unmittelbar an den Käufer auszuhändigen.
  • Die vom Unternehmer verkaufte Ware wird im Lager einer Spedition verwahrt. Der Unternehmer überreicht seinem Kunden einen Abholschein, in dem er den Spediteur anweist, die eingelagerte Ware an den Kunden auszuhändigen.

In allen Beispielsfällen bestehen hinsichtlich der Ware unmittelbare Vertrags- und Lieferbeziehungen zwischen dem Unternehmer und dem Abnehmer. Der Umstand, dass die Ware nicht durch den Unternehmer selbst, sondern durch Dritte ausgehändigt wurde, ändert hieran nichts.

 

Rz. 302

Andererseits kann auch der Abnehmer einer Lieferung einen Dritten beauftragen, für ihn den Liefergegenstand entgegenzunehmen. Auch in diesem Fall erbringt der Lieferant seinen Lieferumsatz gem. § 3 Abs. 1 UStG grundsätzlich an den Abnehmer und nicht an den Dritten.

 
Praxis-Beispiel

Ein Unternehmer bestellt im eigenen Namen und für eigene Rechnung bei einem Tankstellenbetreiber Benzin, das unmittelbar an seine Arbeitnehmer ausgeliefert wird, damit diese ihre privaten Fahrzeuge zum Einsatz für Dienstfahrten betanken können. Gem. § 3 Abs. 1 UStG wird hier die Lieferung des Tankstellenunternehmers nicht an die Arbeitnehmer ausgeführt, sondern an ihren Arbeitgeber, der das Benzin bestellt hat und damit Vertragspartner des Tankstellenunternehmers geworden ist. Dem Arbeitgeber steht deshalb auch der Vorsteuerabzug aus den Tankrechnungen zu.[1] Eine Weiterlieferung des Benzins durch den Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer lag im geschilderten Fall nicht vor, weil das Benzin tatsächlich nur auf Dienstfahrten verbraucht wurde und somit das Unternehmen des Arbeitgebers nicht verlassen hatte.

Rz. 303–309 einstweilen frei

[1] EuGH v. 8.3.1988, Rs. 165/86, "Intiem" CV, UR 1989, 190. Zur Abgrenzung aber EuGH v. 6.2.2003, C-185/01, Auto Lease Holland BV, BStBl II 2004, 573, BFH/NV Beilage 2003, 108.

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