Rz. 211

In der Praxis kommt insbesondere den Fällen Bedeutung zu, in denen ein Bauunternehmer mit eigenem Baumaterial auf dem Grund und Boden des Bauherrn ein Gebäude errichtet. Hier geht das Eigentum am Baumaterial gem. § 946 i. V. m. § 94 BGB bereits mit dem Einbau auf den Bauherrn über. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist der Umstand, dass der Grundeigentümer aufgrund seiner Eigentümerstellung kraft Gesetzes Eigentümer der bei dem Umbau mit dem Grundstück verbundenen Gegenstände geworden ist, für die Frage der Verschaffung der Verfügungsmacht ohne Bedeutung, denn Gegenstand der Werklieferung sind nicht die einzelnen Gegenstände, aus denen im Ergebnis das gelieferte Werk besteht, sondern das (fertige) Werk selbst.[1]

Der Eigentümer erwirbt zwar kraft Gesetzes das Eigentum und damit rechtliche Verfügungsgewalt an den in sein Grundstück eingebauten Teilen; die tatsächliche Verfügungsmacht soll aber nach dem Willen der Beteiligten erst mit der Fertigstellung des Bauwerks (des Um- und Ausbaus) endgültig auf den Grundstückseigentümer übergehen. Dies folgt bereits daraus, dass der Bauunternehmer die Einbauteile erforderlichenfalls verändern oder wieder beseitigen wird, wenn bei der Ausführung des Baus Fehler unterlaufen sind, weil z. B. eine mit dem Auftraggeber vereinbarte Änderung des Bauplans nicht berücksichtigt wurde. Es kommt hinzu, dass die typischen Bauleistungen auf einem Werkvertrag i. S. d. §§ 631ff. BGB beruhen, bei dem der Wille der Vertragspartner darauf gerichtet ist, ein fertiges Werk im Ganzen zu übergeben bzw. zu übernehmen. Damit ist es systemgerecht, dass die (Werk-)Lieferung von Bauwerken i. d. R. erst mit der Übergabe des fertigen Werks erfolgt.[2]

Die Finanzverwaltung[3] hat dies entsprechend umgesetzt. Diese Beurteilung gilt entsprechend für die Übertragung von teilfertigen Arbeiten im Rahmen der Veräußerung eines Baubetriebs, soweit diese nicht gem. § 1 Abs. 1a UStG von der Umsatzbesteuerung ausgenommen werden.

 

Rz. 212

Das von einem Bauunternehmer auf fremdem Boden begonnene, noch nicht fertiggestellte Bauvorhaben kann vor Verschaffung der Verfügungsmacht an den Bauherrn Gegenstand einer Lieferung des Bauunternehmers an einen Dritten sein. Das ist z. B. der Fall, wenn der Bauunternehmer die teilfertigen Arbeiten im Rahmen der Verpachtung seines Betriebs auf einen Betriebspächter überträgt, der dann das Bauvorhaben zu Ende führt und anschließend an den Grundstückseigentümer liefert. Die Begründung des bürgerlich-rechtlichen Eigentums der Grundstückseigentümer kraft Gesetzes hindert nicht die Annahme, dass dem Pächter die Verfügungsmacht i. S. d. § 3 Abs. 1 UStG verschafft worden ist, denn hierfür maßgebend ist allein die Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag.[4]

 

Rz. 213

Anders ist es jedoch im umgekehrten Fall, wenn der Grundstückseigentümer sein Grundstück im Zustand der Bebauung veräußert und der Erwerber die bestehenden Bauverträge mit den Bauhandwerkern fortführt. Hier dürften die Bauhandwerker mit dem Grundstückserwerber eine Zwischenabrechnung vornehmen und sich die bis zum Verkaufszeitpunkt erbrachten Arbeiten bezahlen lassen. Folglich liefern sie das teilfertige Gebäude an den Grundstückserwerber; dieser verschafft dem Erwerber dementsprechend nicht nur Eigentum und Verfügungsmacht am Grund und Boden, sondern auch am teilfertigen Bauwerk mit der Folge, dass die Bauhandwerker die bis zur Grundstücksveräußerung erbrachten Arbeiten an den Veräußerer und die Restarbeiten an den Erwerber ausführen.

Rz. 214–219 einstweilen frei

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