3.2.2.1 Allgemeines

 

Rz. 175

Die Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand fällt zwar zumeist mit der Eigentumsübertragung zusammen; sie ist hiermit jedoch nicht zwangsläufig verbunden. Wendet also der Unternehmer dem Abnehmer wirtschaftlich Substanz, Wert und Ertrag des Gegenstands zu, liegt eine Lieferung auch dann vor, wenn das Eigentumsrecht (noch) nicht übertragen wird.

 

Rz. 175a

Werden bei Getränkelieferungen für das Leergut an dessen Wiederbeschaffungskosten orientierte "Sicherheitsleistungen" in Rechnung gestellt, wird das Leergut auch dann i. S. v. § 3 Abs. 1 UStG geliefert, wenn es nach den Lieferbedingungen im Eigentum des Lieferanten verbleibt. Da der Lieferant vom Zeitpunkt der Hergabe des Leerguts an keinerlei Einfluss mehr auf dessen weiteres Schicksal hat und es insbesondere nicht mehr in seiner Macht steht, auf die Rückgabe des Leerguts einzuwirken, ist er auf die bloße Rechtsstellung als Eigentümer beschränkt und von der uneingeschränkten Verfügungsbefugnis ausgeschlossen, während der Abnehmer tatsächlich in der Lage ist, über das Leergut frei und ohne Einwirkung des Eigentümers zu verfügen.[1]

 

Rz. 175b

Diebe und Hehler führen nach h. M. Lieferungen aus, wenn sie gestohlene Waren verkaufen. Dass sie nach bürgerlichem Recht weder selbst Eigentümer sind noch das Eigentum am Diebesgut übertragen können, ist unerheblich.

 

Rz. 175c

Beim Verkauf von Grundstücken wird Verfügungsmacht bereits vor der Eigentumsübertragung verschafft, wenn z. B. der Abnehmer unmittelbarer Besitzer des Grundstücks ist und seine Rechtsstellung durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch abgesichert ist (Rz. 171).

3.2.2.2 Eigentumsvorbehalt

 

Rz. 176

Der Verkäufer, der eine Ware an den Käufer unter Eigentumsvorbehalt abgibt, bewirkt ebenfalls eine Lieferung i. S. d. § 3 Abs. 1 UStG. Dies ist unabhängig davon, ob der Käufer berechtigt ist, die Ware weiter zu veräußern (Regelfall, wenn der Käufer Unternehmer ist) oder ob der Käufer verpflichtet ist, sich jeglicher Verfügung über die gekaufte Sache zu enthalten, denn in beiden Fällen erwirbt der Käufer das wirtschaftliche Eigentum an der gekauften Sache.[1]

Der Verkäufer beabsichtigt mit dem Eigentumsvorbehalt nicht, die wirtschaftliche Substanz der Ware zu behalten oder zu nutzen. Mit dem Eigentumsvorbehalt bezweckt er vielmehr, seine Ansprüche aus dem Kaufvertrag dem Käufer gegenüber abzusichern. Sobald dieser seine Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag, insbesondere die ihm nach § 433 Abs. 2 BGB obliegende Verpflichtung, dem Käufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen, erfüllt hat, erlischt in aller Regel der Eigentumsvorbehalt. Der Eigentumsvorbehalt dient somit nur dem Sicherungs-, nicht dem Nutzungszweck des rechtlichen Eigentümers.

 

Rz. 177

Kommt der Käufer seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach und macht der Verkäufer daraufhin von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch, ist in der Rückgabe der Vorbehaltsware keine steuerbare Rücklieferung, sondern eine bloße Rückgängigmachung des ursprünglichen Liefervorgangs zu sehen, die die Rechtsfolgen des § 17 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 3 UStG auslöst. Soweit der Verkäufer einen Teil des bereits gezahlten Kaufpreises entsprechend den Lieferbedingungen einbehält, handelt es sich hierbei um das Entgelt für die Gewährung des Gebrauchs am Kaufgegenstand.

Rz. 178–179 einstweilen frei

3.2.2.3 Leasing

 

Rz. 180

Das Auseinanderfallen von formaler und wirtschaftlicher Rechtsstellung hat besondere Bedeutung beim sog. Leasing-Vertrag. Zivilrechtlich wird der Leasingvertrag als atypischer Mietvertrag behandelt, bei dem das Eigentum am Leasinggegenstand beim Leasinggeber verbleibt. Man unterscheidet zwischen:

  • "Operating-Leasing" mit unbestimmter Grundmietzeit und jederzeitiger Kündigungsmöglichkeit (ggf. unter Einhaltung kurzer Kündigungsfristen), das wie ein Mietverhältnis ausgestaltet ist. Die Instandhaltung obliegt häufig dem Leasinggeber, der auch die Gefahr des zufälligen Untergangs trägt.
  • "Finanzierungs-Leasing", bei dem für den Leasingnehmer die Finanzierung von im Betrieb benötigten Wirtschaftsgütern im Vordergrund steht. Hier wird der Leasingvertrag für einen Zeitraum abgeschlossen, der kürzer als die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist, und kann grundsätzlich erst danach gekündigt werden (sog. Grundmietzeit). Die Gefahr des zufälligen Untergangs sowie der Verschlechterung (z. B. durch Abnutzung oder Beschädigung) trifft im Allgemeinen den Leasingnehmer, welcher auch die Gewährleistungsansprüche übernimmt.
  • "Spezialleasing", als Unterform des Finanzierungs-Leasings, bei dem der Leasinggegenstand speziell auf die Bedürfnisse des Betriebs des Leasingnehmers zugeschnitten ist und nach Ablauf der Grundmietzeit nur noch bei diesem wirtschaftlich sinnvoll verwandt werden kann. Es findet häufig Anwendung bei Immobilien-Leasingverhältnissen der Städte und Gemeinden (s...

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