Rz. 34

Bei einheitlichen Gegenständen, die sowohl zur Ausführung von Umsätzen im unternehmerischen Bereich als auch für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden (sog. gemischt-genutzte Gegenstände), hat der Unternehmer nach Ansicht des EuGH[1] das Wahlrecht, den nichtunternehmerisch genutzten Teil eines Gegenstands seinem Unternehmen zuzuordnen oder nicht. Dieses Wahlrecht ist nicht auf Grundstücke beschränkt, sondern gilt für alle gemischt-genutzten Gegenstände, also auch für Kfz, Computer, Segelyachten, Wohnmobile usw. Der Unternehmer kann diesen gemischt genutzten Gegenstand seinem Unternehmen vollständig, gar nicht oder auch nur teilweise zuordnen. Nach § 15 Abs. 1 S. 2 UStG setzt die vollständige oder teilweise Zuordnung des Gegenstands lediglich voraus, dass der Gegenstand zu mindestens 10 % für die unternehmerischen Zwecke verwendet wird; vgl. dazu auch § 2 UStG Rz. 339ff.

 

Rz. 35

Die dem Unternehmer vom EuGH eingeräumte Möglichkeit, den nichtunternehmerischen Teil eines gemischt-genutzten Gegenstands seinem Privatvermögen zuzuordnen, hat entscheidende Bedeutung für die Steuerbarkeit der Lieferung derartiger Gegenstände. Nach der Entscheidung des EuGH handelt ein Steuerpflichtiger beim Verkauf eines Gegenstands, von dem er einen Teil seiner privaten Nutzung vorbehalten hatte, hinsichtlich dieses Teils nicht als Steuerpflichtiger. Der EuGH begründet die Teilbarkeit der gemischt-genutzten Gegenstände damit, dass "ein Steuerpflichtiger, der einen Teil eines Gegenstands in seinem Privatvermögen belassen möchte, durch keine Bestimmung der Richtlinie daran gehindert sei, diesen dem Mehrwertsteuersystem zu entziehen".

 

Rz. 36

Da gemischt-genutzte Gegenstände aufgrund der zivilrechtlichen Gegebenheiten regelmäßig insgesamt veräußert werden, liegt aus umsatzsteuerlicher Sicht eine Lieferung vor, die sowohl den unternehmerisch als auch den nichtunternehmerisch genutzten Teil umfasst. Nach der Entscheidung des EuGH ergibt sich aus der Zuordnungsentscheidung des Unternehmers, dass der nichtunternehmerisch genutzte Teil vom Veräußerer "nicht als Steuerpflichtiger" i. S. d. Art. 2 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL geliefert wird. Aus nationaler Sicht ist davon auszugehen, dass der Unternehmer seine Lieferung insoweit nicht "im Rahmen seines Unternehmens" i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausführt, als dieser den nichtunternehmerisch genutzten Teil des Gegenstands betrifft. Die Lieferung ist deshalb insoweit nicht steuerbar; der USt unterliegt nur der unternehmerisch genutzte Teil des Gegenstands.

 

Rz. 37

 
Praxis-Beispiel

Ein Unternehmer veräußert ein gemischt-genutztes Gebäude mit Grundstück, das er zu 75 % unternehmerisch und zu 25 % zu privaten Wohnzwecken nutzt. Er hat das Gebäude auch nur zu 75 % seinem Unternehmen zugeordnet.

Die Grundstücksveräußerung ist nur insoweit steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, wie er als Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens tätig wird. Damit unterliegt die Veräußerung nur zu 75 % der USt. Es ist nur die Lieferung des unternehmerischen Grundstücksanteils (75 %) steuerbar.

Sie ist allerdings gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG grundsätzlich von der USt befreit. Hieraus kann sich u. U. eine Berichtigungspflicht nach § 15a UStG für den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung oder Herstellung des unternehmerischen Grundstücksteils ergeben. Auf die Steuerfreiheit der Lieferung des unternehmerischen Grundstücksteils kann der Unternehmer unter den Bedingungen des § 9 Abs. 1 und Abs. 3 UStG verzichten. In diesem Fall ist die Option (ebenfalls) auf den unternehmerischen Grundstücksteil beschränkt. Der Leistungsempfänger würde dann nach § 13b Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. Abs. 5 S. 1 UStG zum Steuerschuldner für diesen Teil der Grundstückslieferung.

 

Rz. 38

Dies bedeutet, dass der Unternehmer bei der Veräußerung des gemischt-genutzten Gegenstands USt nur für den unternehmerischen Anteil in Rechnung stellen darf; weist er dagegen in seiner Rechnung (auch) USt für den nichtunternehmerischen Anteil gesondert aus, schuldet er diesen Steuerbetrag nach § 14c Abs. 2 UStG, weil er insoweit nicht in seiner Eigenschaft als Unternehmer tätig geworden ist.

Rz. 39–59 einstweilen frei

[1] EuGH v. 4.10.1995, C-291/92, Dieter Armbrecht, BStBl II 1996, 392; vgl. auch Abschn. 15.2c Abs. 2 UStAE.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge