Rz. 105a

Die mWv 1.1.2018 neu in § 146b AO eingefügte Möglichkeit der Durchführung einer unangekündigten Kassen-Nachschau[1] ist im Verhältnis zu § 27b UStG eine für die Finanzbehörden interessante Möglichkeit der Erweiterung ihrer Prüfungsrechte, denn beide "Nachschauen" lassen sich m. E. miteinander kombinieren.[2] Damit kann sich die Finanzbehörde in der Tat unangekündigt einen sehr detaillierten Eindruck über die steuerlichen Verhältnisse eines Steuerpflichtigen verschaffen. Es lässt sich kaum bestreiten, dass mit diesen starken Kontrollmöglichkeiten auch beachtliche neue Eingriffe in Rechte der Steuerpflichtigen möglich geworden sind. Gemäß § 146b Abs. 1 S. 1 AO können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen von Kasseneinnahmen und Kassenausgaben ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung, während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten Geschäftsgrundstücke oder Geschäftsräume von Steuerpflichtigen betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für deren Besteuerung erheblich sein können (Kassen-Nachschau). Der Kassen-Nachschau unterliegt auch die Prüfung des ordnungsgemäßen Einsatzes des elektronischen Aufzeichnungssystems nach § 146a Abs. 1 AO (§ 146b Abs. 1 S. 2 AO). Wenn die bei der Kassen-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer Außenprüfung nach § 193 AO übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen (§ 146b Abs. 3 AO). Hinzuweisen ist darauf, dass es nach Auffassung des FG Hamburg mit einer (isolierten) Umsatzsteuer-Nachschau möglich ist festzustellen, welches Kassensystem ein Steuerpflichtiger benutzt[3]; hierzu bedarf es also nicht extra der Durchführung einer Kassen-Nachschau.

 

Rz. 105b

Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Regelung des § 146b AO jedenfalls weitgehend mit der des § 27b UStG identisch. Zu beachten ist nur, dass die Kassen-Nachschau auf sämtliche Steuerarten Einfluss haben kann. Das hat insbesondere auf die Reichweite der Sperrwirkung bei einer möglichen Selbstanzeige Auswirkungen, bei der Kassen-Nachschau ist sie – im Unterschied zur Umsatzsteuer-Nachschau (Rz. 115) – umfassend. Mit Abschluss der Kassen-Nachschau lebt die Möglichkeit der Selbstanzeigeerstattung aber wieder auf. Interessant ist auch, dass sich in § 146b Abs. 1 S. 4 AO ein ausdrücklicher Hinweis darauf findet, dass das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung damit eingeschränkt wird. Dem verfassungsrechtlich gebotenen "Zitiergebot" (Rz. 56ff.) ist hier also – im Unterschied zu § 27b UStG – ausdrücklich Rechnung getragen worden.

[1] Eingefügt durch das Gesetz zum Schutz von digitalen Grundaufzeichnungen v. 22.12.2016, BGBl I 2016, 3152.
[2] I.d.S. auch Zugmaier/Schwarz, in Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 27b UStG Rz. 99.

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