Rz. 129

Während unter der Geltung des § 25a UStG 1990 die Ermittlung der Marge für jedes einzelne Fahrzeug angesichts des Werts und der Größe von Fahrzeugen sicher ohne Weiteres möglich und zumutbar war, trägt § 25a Abs. 4 UStG seit 1995 dem Umstand Rechnung, dass bei einer Vielzahl von Gegenständen, die ein Wiederverkäufer, z. B. ein Trödler im Rahmen einer Haushaltsauflösung oder ein Briefmarkenhändler beim Ankauf von privaten Sammlungen, für den Zweck des Wiederverkaufs erwirbt, die Ermittlung der Differenz für jeden einzelnen Gegenstand kaum praktikabel sein dürfte. Entsprechend den Vorgaben von Art. 318 MwStSystRL ist es deshalb zulässig, die gesamten innerhalb eines Besteuerungszeitraums ausgeführten Umsätze nach dem Gesamtbetrag zu bemessen, um den die Summe der Verkaufspreise und der Werte nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG die Summe der Einkaufspreise dieses Besteuerungszeitraums übersteigt. Das Gesetz spricht hier von der "Gesamtdifferenz". Allerdings ist die Besteuerung nach der Gesamtdifferenz nur zulässig bei Gegenständen, deren Einkaufspreis jeweils 500 EUR nicht übersteigt.

 

Rz. 130

Die Bundesregierung hatte in ihrem Gesetzentwurf einen Betrag von 500 DM vorgeschlagen. Aus Gründen der größeren Praktikabilität hat der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags diesen Betrag dann auf 1.000 DM angehoben. Daraus sind bei der Euro-Umstellung 500 EUR geworden. Eine Inflationsanpassung hat bisher nicht stattgefunden. Wenn z. B. bei einer Haushaltsauflösung von einem Wiederverkäufer zumeist viele Einzelstücke mit völlig unterschiedlichem Wert nur zu einem einheitlichen Gesamtpreis angekauft wurden, muss der Wert der einzelnen Gegenstände im Wege der sachgerechten Schätzung vom Unternehmer ermittelt werden.[1]

 

Rz. 131

Wenn der Ankauf und der Verkauf der Gegenstände, für die die Gesamtdifferenz gebildet wird, nicht im gleichen Besteuerungszeitraum stattfindet – dies dürfte sehr häufig der Fall sein – können sich durch die Bildung der Gesamtdifferenz allerdings Fälle der Nichtbesteuerung oder der zu hohen Besteuerung ergeben, falls nicht ein "Übertrag" in das jeweils nächste Jahr gebildet wird. Abschn. 25a.1 Abs. 13 UStAE lässt dies ausdrücklich nicht zu. Das entspricht zwar der Vorgabe von Art. 318 Abs. 1 MwStSystRL, lässt aber möglicherweise den Spielraum unberücksichtigt, den Art. 318 Abs. 3 MwStSystRL den Mitgliedstaaten für "die erforderlichen Maßnahmen gibt, damit sich für die Steuerpflichtigen weder ungerechtfertigte Vorteile noch ungerechtfertigte Nachteile ergeben".

 

Rz. 132

Nur innerhalb desselben Besteuerungszeitraums können negative mit positiven Gesamtdifferenzen einzelner Voranmeldungszeiträume verrechnet werden; dies ist insofern sachgerecht, als die USt eine Jahressteuer ist (§ 18 UStG).

Die Folgen, welche sich ergeben können, wenn keine jahresübergreifende Gesamtdifferenz ermittelt wird, zeigen die folgenden Beispiele.

 
Praxis-Beispiel

Fehlende jahresübergreifende Gesamtdifferenz

Zu hohe Besteuerung:

Ein Briefmarkenhändler beginnt sein Unternehmen im Jahr 00 und kauft in diesem Jahr für insgesamt 20.000 EUR Briefmarken von Privatpersonen an. Der Wert jeder einzelnen Briefmarke liegt dabei unter 1.000 EUR. Er verkauft davon im Jahr 02 Briefmarken im Einkaufswert von 10.000 EUR für 40.000 EUR. Die Gesamtmarge beträgt somit im Jahr 02 20.000 EUR. Im Jahr 03 kauft er für 10.000 EUR Briefmarken an und verkauft für 5.000 EUR Briefmarken (aus den Einkäufen der Jahre 02 und 03). Seine Steuer beträgt für 03, da es eine Steuer für negative Margen nicht gibt (Rz. 107), somit 0 EUR.

Im Jahr 04 verkauft er den Rest der in den Jahren 02 und 03 eingekauften Briefmarken sowie alle im Jahr 04 eingekauften Marken mit einem Einkaufspreis von 5.000 EUR für insgesamt 15.000 EUR. Die Gesamtdifferenz für das Jahr 04 beträgt mithin 10.000 EUR.

Bezogen auf die 3 Einkaufs-Jahre ergibt sich also eine Einkaufssumme von 35.000 EUR und eine Verkaufspreissumme von 60.000 EUR. Die Marge, bezogen auf alle Verkäufe in diesen 3 Jahren beträgt somit 25.000 EUR. Der Unternehmer versteuert aber durch die Bildung der Gesamtdifferenzmargen insgesamt 30.000 EUR. Die Bildung der Gesamtmargen ist also zwar sicher eine Vereinfachung, sie birgt aber auch die Gefahr der zu hohen Besteuerung.

Die mögliche Abhilfe dadurch, dass der nichtverkaufte Restbestand jeweils dem Einkauf des nächsten Jahres zugeschlagen wird, ist nach Auffassung der Verwaltung nicht zulässig (Rz. 131).

 
Praxis-Beispiel

Nichtbesteuerung

Ein Antiquar kauft im Jahr 01 Büchernachlässe aus Privatbesitz für 30.000 EUR an. Er verkauft im Jahr 01 davon Bücher zum Preis von 10.000 EUR. Die negative Gesamtmarge von 20.000 EUR führt somit im Jahr 01 zu keiner Besteuerung. Im Jahr 02 liefert er den Rest der im Jahr 01 eingekauften Bücher für 50.000 EUR an einen Abnehmer in die Schweiz. Da die Ausfuhrsteuerbefreiung gem. § 4 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. § 6 UStG von der Anwendung des § 25a UStG gemäß dessen Abs. 5 unberührt bleibt, führt die Gesamtmargenbildung im Jahr 02 dazu, dass überhaupt keine St...

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