Rz. 116

Bei den unentgeltlichen Wertabgaben gem. § 3 Abs. 1b UStG, die den entgeltlichen Lieferungen gleichgestellt werden und deren Ort gem. § 3f UStG im Inland liegt, also bei den Entnahmen von Gegenständen für private Zwecke[1], bei den Sachzuwendungen an das Personal[2] sowie bei den sonstigen unentgeltlichen Zuwendungen aus unternehmerischen Gründen (§ 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG), kann man auf den Verkaufspreis für den gelieferten Gegenstand nicht abstellen, denn es fehlt ja an einem Entgelt. Deshalb nimmt das Gesetz in diesen Fällen anstelle des Verkaufspreises die Bemessungsgrundlage gem. § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG für diese unentgeltlichen Wertabgaben. Dies ist der Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand zum Zeitpunkt des Umsatzes.

 

Rz. 117

Allerdings ist hierbei zu beachten, dass die Gleichstellung der unentgeltlichen Wertabgaben hinsichtlich von Gegenständen mit den entgeltlichen Lieferungen gem. § 3 Abs. 1b S. 2 UStG – in Übereinstimmung mit Art. 16 MwStSystRL – davon abhängt, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. § 25a UStG hat damit nur bei der unentgeltlichen Lieferung von Gegenständen i. S. v. § 3 Abs. 1b UStG praktische Bedeutung, bei denen diese Voraussetzung beim Wiederverkäufer erfüllt ist (Rz. 106). Weil § 3 Abs. 1b UStG den Begriff des Bestandteils nicht erläutert, sind die Streitfragen dazu auch von Bedeutung für die Anwendbarkeit des § 25a UStG.

 
Praxis-Beispiel

Bemessungsgrundlage für Entnahme

Gebrauchtwagenhändler G hat im April 2018 von einem Privatmann einen älteren Pkw für 10.000 EUR erworben. Im Mai 2018 baute G einen Austauschmotor in das Fahrzeug ein, den er für 2.000 EUR zzgl. 380 EUR USt gekauft hat. Außerdem führte er noch weitere Reparaturen aus; die Vorsteuern auf die dafür verwendeten Ersatzteile im Nettowert von 1.000 EUR betragen 190 EUR. Schließlich ließ er das Auto von einem anderen Unternehmer neu lackieren, auch dafür entstanden ihm Vorsteuern i. H. v. 380 EUR DM, die er wie die anderen Vorsteuern abzog. Im Juni 2018 schenkt er das Fahrzeug seiner Tochter; für ein vergleichbares Fahrzeug müsste man zu diesem Zeitpunkt auf dem freien Gebrauchtwagenmarkt 22.000 EUR bezahlen.

 

Rz. 118

Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für diese Entnahme gem. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG ist von diesem fiktiven aktuellen Einkaufspreis i. H. v. 22.000 EUR der historische Einkaufspreis von 10.000 EUR abzuziehen, sodass sich eine Steuer i. H. v. 19 % aus 12.000 EUR = 1.915,96 EUR ergibt.

 

Rz. 119

Diese Lösung beruht auf den Grundsätzen des Abschn. 3.3 Abs. 2 UStAE, wonach eine Entnahme auch dann trotz fehlenden Vorsteuerabzugs bei Erwerb des Gegenstands durch den Unternehmer steuerbar ist, wenn der Vorsteuerabzug für Bestandteile möglich war. Für die Fremdleistungen (Bezug des Austauschmotors und der Ersatzteile sowie für die Lackierarbeiten) hatte der Unternehmer in diesem Beispiel das Recht zum Vorsteuerabzug, sodass dann auch die Besteuerung der Entnahme möglich ist. Die Aufwendungen für die Lackierarbeiten als Bezug von Dienstleistungen führen aber nicht dazu, dass ein Bestandteil entsteht.

 

Rz. 120

Die von § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG auch erwähnten Selbstkosten kommen für die Ermittlung des Einkaufspreises gem. § 25a Abs. 3 UStG nicht in Betracht, weil die Selbstkosten nur bei selbst hergestellten Wirtschaftsgütern von Bedeutung sein können. § 25a UStG gilt aber nicht für selbst hergestellte Gegenstände, sondern nur für die aus der Hand dritter Personen erworbenen Gegenstände. Selbst wenn dieser Gegenstand vom Unternehmer irgendwann selbst hergestellt worden sein sollte, muss er, um unter das Regime des § 25a UStG zu gelangen, aus der Hand eines Lieferers, der unter § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG fällt, zurück in das Unternehmen kommen. Deshalb ist § 25a UStG z. B. auch nicht anwendbar, wenn ein Fahrzeughersteller ein selbst hergestelltes Fahrzeug verkauft, nachdem er es zunächst in seinem Unternehmen für eigene unternehmerische Zwecke eingesetzt hatte (Rz. 58).

 

Rz. 121

Bei Gegenständen, die ohne Möglichkeit zum Vorsteuerabzug in das Unternehmen des Wiederverkäufers gelangt sind und für deren Bestandteile auch später kein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen wurde, ist die Besteuerung gem. § 3 Abs. 1b UStG schon tatbestandsmäßig ausgeschlossen, sodass es auf eine Bemessungsgrundlage nicht mehr ankommt.

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