Rz. 314

Die Unternehmereigenschaft kann grundsätzlich nicht durch Erbfall übergehen. Der oder die Erben müssen aus eigenem Recht die Unternehmereigenschaft erwerben. In aller Regel werden die Erben zu Unternehmern, wenn sie das Unternehmen des Verstorbenen in gleichem Umfang fortsetzen, selbst wenn das Unternehmen nicht langfristig fortgeführt wird, sondern nur abgewickelt wird. Der Erbe muss somit in seiner Person die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG erfüllen.

 

Rz. 315

Muss der Erbe aber bei der Veräußerung des Nachlasses auf die regelmäßig noch bestehende Betriebsorganisation des Rechtsvorgängers zurückgreifen, um eine Vielzahl von Verkäufen bewältigen zu können, kann eine nachhaltige Tätigkeit des Erben in jedem Fall angenommen werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn zum Unternehmen des Erblassers ein größerer Warenbestand an Handelsware gehört hat und dieser nicht an einen einzigen Erwerber, sondern an eine Vielzahl von Erwerbern veräußert wird.[1]

 

Rz. 316

Von der eigenen unternehmerischen Betätigung des Erben ist die Frage zu unterscheiden, ob und welche umsatzsteuerrechtlichen Rechtspositionen aus der unternehmerischen Tätigkeit des Erblassers, insbesondere auch dessen Zuordnung von Gegenständen zum Unternehmen beim Erben als Gesamtrechtsnachfolger nachwirken und bei diesem zu berücksichtigen sind. Nach § 1922 BGB und § 45 AO muss sich der Gesamtrechtsnachfolger steuerschuldbegründende Verhältnisse aus der Person des Rechtsvorgängers entgegenhalten lassen und kann sich auf steuerschuldausschließende oder -mindernde Umstände aus der Person des Rechtsvorgängers berufen. Der BFH[2] hat deshalb entschieden, dass der Gesamtrechtsnachfolger in die umsatzsteuerrechtlich noch nicht abgewickelten unternehmerischen Rechtsverhältnisse seines Rechtsvorgängers eintritt. Das FG Rheinland-Pfalz[3] hatte dagegen in diesem Fall entschieden, dass eine Erbengemeinschaft, die einen beim Erblasser unternehmerisch verwendeten Pkw nach dem Erbfall verkaufte, ohne durch weitere Umsätze selbst die Unternehmereigenschaft zu erlangen, eine steuerbare Entnahme (§ 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 UStG) realisierte. Der BFH folgte dem nicht und geht davon aus, dass der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger für die Abwicklung aller umsatzsteuerrechtlich relevanten Vorgänge zu sorgen hat. Die beim Erblasser vorliegenden objektbezogenen Tatumstände werden nach dem Übergang der betreffenden Gegenstände den Erben zugerechnet. Denn die Eigenschaft als Unternehmensvermögen geht nicht allein deshalb verloren, weil die Unternehmereigenschaft des Erblassers als solche nicht vererblich ist. Aufgrund dessen wird auch das Unternehmensvermögen nicht zwangsläufig mit dem Tod des Erblassers in das Privatvermögen der Erben überführt. Hat der Erblasser einen Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet, entscheidet die Verwendung des Gegenstands durch den Erben über die umsatzsteuerrechtlichen Folgen der Verwendung des ererbten Unternehmensvermögens. Wäre eine Lieferung durch den Erblasser steuerbar, gilt das auch für eine Lieferung durch den Erben. Veräußert deshalb der Gesamtrechtsnachfolger im Rahmen der Liquidation des ererbten Unternehmensvermögens einen Unternehmensgegenstand, handelt er mit dieser Lieferung insoweit als Unternehmer und die Lieferung unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der USt.

 

Rz. 317

Eine Veräußerung von Gegenständen kann aber auch dann zu einer unternehmerischen Betätigung bei dem Erben führen, wenn die Tätigkeit beim Erblasser selbst nicht zu einer unternehmerischen Betätigung geführt hat. So hat der BFH entschieden[4], dass der Erbe einer privaten Kunstsammlung eines Kunsthändlers bei deren entgeltlicher Veräußerung Unternehmer wird, wenn er durch seine Verkaufstätigkeit nachhaltig tätig wird und damit in seiner Person alle tatbestandlichen Voraussetzungen des Unternehmerbegriffs erfüllt. Die unternehmerische Tätigkeit muss nicht hauptberuflich sein. In diesem Urteil hat der BFH Kriterien aufgestellt, anhand derer die Tätigkeit zu prüfen ist. Dies sind insbesondere:

  • Zahl der Verkäufe und der verkauften Gegenstände,
  • Dauer der Verkaufstätigkeit,
  • Höhe der Erlöse,
  • Werbung,
  • Benutzung des elterlichen Ladenlokals,
  • Auftreten des Klägers nach außen,
  • Verwertung von Kenntnissen und Kontakten aus dem Kunst- und Antiquitätenhandel und
  • Ausbildung des Klägers.

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